Transkript
UPDATE
Erläuterungen zur Hepatitis-BImpfung bei Frauen
Umsetzung der Präventionsempfehlungen in der Praxis
Bei der Erstkonsultation in der gynäkologischen Praxis findet sich (noch) häufig ein fehlender HepatitisB-Impf-Nachweis trotz genereller Impfempfehlung seit 1998 (1). Zu beachten ist insbesondere die unterschiedliche Impfdosierung bei Jugendlichen und erwachsenen Frauen. Alle zukünftigen Mütter sollten eine vollständige Hepatitis-B-Impfung aufweisen.
DANIEL BRÜGGER
Die erste gynäkologische Untersuchung stellt eine gute Gelegenheit dar, den Impfstatus der jungen Patientin zu überprüfen und gegebenenfalls eine Impfung zu veranlassen. Im Auge zu behalten ist das hohe Vorkommen der Mutter-Kind-Übertragung bei infizierten Müttern sowie die Häufigkeit chronischer Infektionen bei Neugeborenen. Zur Prävention gehören ein systematischer HBs-Antigen-Test bei Schwangeren und, bei positivem Ergebnis, die Frühprophylaxe beim Neugeborenen durch gleichzeitige Verabreichung von Impfstoff und Immunglobulinen, die vollständige Impfung (gegebenenfalls Anpassung des Impfschemas bei Frühgeborenen) sowie die serologische Nachkontrolle nach der Impfung. Angehörige und Bezugspersonen von Hepatitis-B-Infizierten müssen ebenfalls untersucht und nötigenfalls geimpft werden. Falls die Mutter oder die Bezugspersonen einer Risikogruppe angehören, ist auch dann eine Impfung des Neugeborenen (und der Mutter) ab den ersten Lebensmonaten erforderlich, wenn die Mutter HBsAntigen-negativ ist.
Korrekte Hepatitis-B-Impfung: ab 17. Lebensjahr drei Dosen
Von den Erwachsenenimpfstoffen Engerix®-B 20 oder HBvaxPRO® 10 sowie vom Kombinationsimpfstoff (HA und HB) Twinrix® 720/20 sind vom 16. Geburtstag an gesamthaft drei Dosen (0-1-6 Monate) zu injizieren. Im Adoleszentenalter (11 bis 15 Jahre) sind dagegen nur zwei Impfdosen des monovalenten (HB-)Erwachsenenimpfstoffs (Engerix®-B 20/HBvax PRO® 10) nötig. Beim kombinierten bivalenten (HA- und HB-)Impfstoff (Twinrix® 720/20) ist dieses Jugendschema-Fenster mit zwei statt drei Impfdosen sogar ab dem Alter von 1 bis 15 Jahren gültig. Die korrekte Grundimmunisierung erfordert keine weiteren Auffrischimpfungen (Booster/Rappel), da die Schutzwirkung sehr lange, wahrscheinlich lebens-
länglich, erhalten bleibt. Die Impfabstände sind als Minimalabstand zu verstehen; der Maximalabstand ist weniger relevant. Konkret heisst dies: Zwischen erster und zweiter Dosis sollten mindestens vier Wochen liegen und zwischen zweiter und dritter Dosis mindestens fünf Monate. Im Normalfall gilt es, allein die Minimalzahl der Impfdosen zu verabreichen (2). Eine Ausnahme von dieser Regelung bilden Personen mit hohem Expositionsrisiko (z.B. ÄrztInnen, Krankenschwestern, MPA, Angehörige von chronischen Hepatitis-B-Trägern etc.), bei denen weitere Impfstoffdosen je nach Höhe des erreichten Hepatitis-B-Titers appliziert werden. Der Impftiter sollte ein bis zwei Monate nach der dritten Impfdosis einen Wert ≥ 100 IE/l erreichen. Wird dieser Zielwert nicht erreicht, sprechen wir von Non- oder Hyporespondern. In diesen Fällen ist der Hepatitis-B-Infektions-Status abzuklären. Non- oder Hyporespondern wird bis zur dokumentierten, genügenden Impfantwort alle sechs bis zwölf Monate eine Auffrischimpfung injiziert; ein Monat später wird jeweils der Impftiter bestimmt. Das Maximum von sechs Impfdosen sollte nur in Ausnahmefällen überschritten werden (2).
Schwangere: Empfehlungen zur HBsAg-Bestimmung
Der Hepatitis-B-Impf-Titer wird im Serum durch die HBs-Antikörper (HBsAK bzw. Anti-HBs) bestimmt. Das Screening der Schwangeren auf eine HepatitisB-Infektion erfolgt durch die HBsAg-Bestimmung. Die Bestimmung des HBsAg in graviditate erfolgt: ■ bei allen Nichtgeimpften in jeder Schwanger-
schaft, vorzugsweise im dritten Trimenon ■ bei allen Geimpften ohne Risikoverhalten in der
ersten Schwangerschaft. Die Bestimmung des HBsAg in graviditate ist dagegen nicht nötig: ■ bei Geimpften mit positivem Impftiter (HBsAK ≥
100 IE/l nach der letzten Impfdosis) respektive
18 GYNÄKOLOGIE 4/2008
UPDATE
Foto: Therese Wiedmer-Sommer
Korrekte Hepatitis-B-Impfung: bei Frauen drei Dosen, bei Jugendlichen zwei Dosen
nach durchgemachter Hepatitis B (HBcAK- und HBsAK-positiv) ■ bei korrekt Geimpften (ohne Risikoverhalten) in weiteren Schwangerschaften, wenn der Zeitpunkt der abgeschlossenen Hepatitis-B-Impfung vor der ersten Schwangerschaft lag und das HBsAg in der ersten Schwangerschaft negativ war. Die Bestimmung des HBsAK (Impftiter) soll nur in speziellen Fällen (Expositionsrisiko, Risikoverhalten) erfolgen, nicht aber nach einer Routineimpfung.
Hepatitis-A/B-Impfung: Indikationen für Kassenleistung
Der kombinierte Hepatitis-A-/B-Impfstoff ist seit Mai 2008 neu in der Spezialitätenliste (SL) aufgenommen. Eine Limitatio verlangt aber die vorgängige Kostengutsprache durch den Vertrauensarzt des Krankenversicherers. Fehlende Hepatitis-B-Impfungen sind eindeutig eine KVG-kostenpflichtige Leistung und sollten durch die Gynäkologin/den Gynäkologen bei jeder sich bietenden Gelegenheit vervollständigt werden. Die Hepatitis-A-Impfung ist dagegen eine empfohlene Reiseimpfung für Destinationen ausserhalb Europas, der USA, Kanadas und Australiens. Das Reisen in osteuropäische Staaten (Osterweiterung der EU) bedeutet weiterhin ein Infektionsrisiko: Zu Recht ist eine Hepatitis-A-Impfung empfehlenswert, wie im Mai dieses Jahres die Infekthäufung in Lettland gezeigt hat. Als Reiseindikation besteht aber keine KVG-Pflicht. Bei Frauen besteht nur Kassenpflicht für die
Hepatitis-A-Impfung bei chronischen Le-
bererkrankungen und wenn es sich um
Personen handelt, die Drogen injizieren.
Für diese Indikationen sind Epaxal® und
Havrix® auf der SL aufgeführt.
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Dr. med. Daniel Brügger FMH Gynäkologie und Geburtshilfe Bahnweg 55 3177 Laupen E-Mail: daniel.bruegger@hin.ch
Quellen/Hinweise:
1. Informationsbulletin gynécologie suisse 03/ 2007 und BAG-Ersatz für den Anhang 2 des ehemaligen Supplementum II Mai 2007: Virginie Masserey Spicher: Empfehlungen zur Prävention der Mutter-Kind-Übertragung von Hepatitis B. http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/00682/ 00684/01077/index.html?lang=de&download= M3wBPgDB/8ull6Du36WenojQ1NTTjaXZnqWfVpz Lhmfhnapmmc7Zi6rZnqCkkIV5gHt7bKbXrZ6lhuDZ z8mMps2gpKfo
2. Informationsbulletin gynécologie suisse 03/ 2007 und BAG Anhang 2: Tabelle 3.