Transkript
SCHWERPUNKT
Die Gewichtsproblematik in der Peri- und Postmenopause
Einflussfaktoren, Prävention und Therapie
Gewichtszunahme, Übergewicht bis zu Adipositas sind häufige Probleme bei peri- und postmenopausalen Frauen. Dazu tragen einerseits hormonelle Veränderungen, andererseits psychosoziale Faktoren bei. Hinzu kommen ein deutlicher Bewegungsmangel sowie überholte Essgewohnheiten in dieser Altersgruppe. Im Folgenden werden Entstehungsursachen, Risiken und das Management zur Gewichtsreduktion aufgezeigt.
KURT LAEDERACH-HOFMANN
Adipositas wird von der WHO als «Epidemie des 21. Jahrhunderts» bezeichnet. Dabei sind steigende Tendenzen zu beobachten: Noch 1994 wurde in der Schweiz von einem Bevölkerungsanteil von 35% Übergewichtigen, darin 12% adipösen und 4% morbid adipösen Menschen, ausgegangen. Heute liegen diese Zahlen bei 40 bis 45%, eingeschlossen 10 bis 12% Adipöse und morbid Adipöse. Nach österreichischen Daten findet man den höchsten Anteil an Adipösen bei Frauen zwischen 55 und 64 Jahren (bei Männern zwischen 45 und 65 Jahren). Mangelnde Bewegung, Fehlernährung und psychosoziale Faktoren werden als Hauptgründe angegeben. Adipositas ist ein unabhängiger Risikofaktor für koronare Herzkrankheiten und trägt zur Entwicklung von Typ-2-Diabetes, arterieller Hypertonie und Krebserkrankungen bei (10). Übergewichtige Frauen haben zudem ein erhöhtes Risiko für Brust- und Endometriumkarzinome (vgl. hierzu Kasten 1). Die Folgen chronischen Übergewichts führen zu vermehrter Morbidität, Mortalität und gehäuften Hospitalisationen und damit hohen Gesundheitskosten.
Klimakterium: Risikophase für eine Gewichtszunahme
Als kritische Lebensphase für die Entwicklung von Übergewicht und Adipositas wird (neben der frühen Kindheit, Pubertät, Schwangerschaft) gerade die Menopause angesehen. Die Verminderung von Östradiol, Progesteron und Testosteron scheint verschiedene Einflüsse auf die Nahrungsaufnahme, aber auch auf die Wirkung der körperlichen Aktivität zu haben. Die verminderte Hormonwirkung erhöht das Risiko für eine Gewichtszunahme. Die Gewichtsveränderungen im Klimakterium variieren zwischen +2,25 kg während drei Jahren und +5,4 kg während der ersten acht Jahre nach der Menopause (11). Die regionale Fettverteilung gilt
Über 50 – und das Leben weit gehend selbstbestimmt gestalten. Doch Achtung! Essen wie bisher bei überwiegend sitzendem Lebensstil bedeutet bei vielen Frauen Gewichtszunahme. Mediterrane Küche bietet viele Vorteile – neben Ausgleichssport und eventuell indizierten medikamentösen Optionen.
als starker Prädiktor für Adipositas-assozierte Gesundheitsrisiken. Die Körperfettverteilung wird dabei teilweise hormonell kontrolliert, sodass besonders bei zentral-adipösen (mit vermehrtem viszeral-adipösen) Frauen ein androgenes Profil häufiger ist. Das NIH-Experten-Panel empfiehlt für die Identifizierung von individuellen Gesundheitsrisiken die Bestimmung der geschlechtsspezifischen
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Bauchumfangmessung (Waist-Circumference). Bei Frauen wird dabei mit einem erhöhten Risiko ab > 88 cm gerechnet (12). In einer Untersuchung zu Körperfettanteilen und Knochendichte bei gesunden prämenopausalen Frauen im Alter von 20 bis 40 Jahren mittels BIA (body impedance analysis) und DEXA (dual-energy x-ray absorptiometry) fanden Sowers et al., dass bereits bei jungen Frauen ein niedrigerer Muskelanteil einen Risikofaktor für tiefe Knochendichte darstellt. Ein hoher Fettanteil wirkt nur dann protektiv, wenn gleichzeitig ein hoher Anteil an Muskelsubstanz nachweisbar ist (13). Frauen in der Menopause weisen oft eine verminderte Muskelmasse (Sarkopenie) und gleichzeitig eine erhöhte abdominale und periphere Fettmenge auf, welche beide auf die veränderte Hormonsituation zurückzuführen sind (14). Kurzzeitige Interventionen mit einer Hormonersatztherapie (mit oder ohne gleichzeitige Androgengabe) können helfen, die Muskelmasse zu erhalten und die Fettansammlung geringer ausfallen zu lassen. Dabei sind andere wirksame Interventionen (gesunde Ernährung, erhöhte Bewegungsaktivität) nicht zu vernachlässigen.
Tabelle:
Die wichtigsten Hormone und Neuropeptide und ihre Funktion in der Gewichtsregulation
(adaptiert und erweitert von KLH nach Schwartz et al. (26))
Molekül
Orexigen (d.h. zu positiver Energiebilanz führend) Neuropeptid Y (NPY) Agouti-related Peptide (AgRP) Melanocortin-stimulierendes Hormon (MCH) Hypocretin 1 und 2/ Orexin A und B Ghrelin Galanin Noradrenalin Endocannabinoide (am CB-1 Rezeptor)
Regulation durch AdipositasSignale (Insulin und Leptin)
gesenkt gesenkt gesenkt gesenkt gesenkt ? ? gesenkt
Anorexigen (d.h. vermindert die Energieaufnahme und erhöht den Energieumsatz)
Alpha-Melanocyten-stimulierendes Hormon (␣-MSH)
Erhöht
Corticotropin-releasing Hormone (CRH)
Erhöht
Thyreotropin-releasing Hormon (TRH)
Erhöht
Cocain-Amphetamin-regulated Transcript (CART)
Erhöht
Interleukin-1-beta (IL-1)
Erhöht
Urocortin
?
Glucagon-like Peptide 1
?
Oxytocin
?
Neurotensin
?
Serotonin
?
Hormonelle Einflüsse auf das Essverhalten
Veränderungen der relativen Konzentrationen von Östrogenen und Progesteron während des Menstruationszyklus der Frau beeinflussen sowohl das Essverhalten als auch den Energieumsatz (15). Tierstudien zeigen bei Affenweibchen einen erhöhten Nahrungsmittelkonsum während der Lutealphase (16). Hohe Östradiolspiegel gehen mit einer verminderten Nahrungsaufnahme während der periovulatorischen Phase (verglichen mit den anderen Zyklusphasen) einher (17). Bei Frauen scheint sich diese Beobachtung teilweise zu bestätigen: Während der Lutealphase ändert sich die Nahrungsaufnahme den meisten Studien zufolge im Vergleich zur Follikelphase signifikant (18, 19, 20). Mittels psychometrischer Fragebögen fanden Geiselman et al. während der Lutealphase erhöhte Kontrollverluste bezüglich Essverhalten sowie Präferenzen für Süsses und fettreiche Nahrung (22).
Aufgrund dieser Beobachtungen würde man erwarten, dass während der Menopause sich das Essverhalten und damit der Gewichtszustand verändern. Eine longitudinale Studie von Poehlman et al. (24) vergleicht das Essverhalten von Frauen post- und prämenopausal während einer Beobachtungszeit von sechs Jahren. Es zeigte sich ein steigender «energy intake» im Vergleich zur Eintrittsbefragung in der Prämenopause, welcher um zirka 100 kcal pro Tag erhöht war. Gleichzeitig fiel auf, dass sich postmenopausale Frauen weniger körperlich betätigten und eine niedrigere «resting metabolic rate» aufwiesen, sodass eine positive Energiebilanz von zirka 300 kcal/ pro Tag resultierte. Andere Autoren spekulieren, dass die verminderte Stoffwechselrate bei postmenopausalen Frauen durch die fehlende Lutealphase mit ihrem erhöhten Energieverbrauch zustande kommt (25). Die geringere Stoffwechselrate könnte ebenso aufgrund verminderter fettarmer/fettfreier Masse (weniger körperlicher Aktivität) bedingt sein.
Gewichtsregulierende Hormone
Einen Überblick über die in der Gewichtsregulation involvierten wichtigen Hormone und hormonähnlichen Substanzen gibt die Tabelle 1.
Adiponectin und Leptin In Untersuchungen zeigten Frauen in der Postmenopause tendenziell tiefere Serum-Adiponectin-Werte als in der Prämenopause. Eine dreimonatige Östrogen-Behandlung änderte diese Serumspiegel aber nicht (27). Negative Korrelationen fanden Milewicz et al. (28) zwischen Adiponectin und Leptin sowie der Insulinresistenz. Andererseits zeigte sich eine positive Korrelation zwischen Leptin und TNF-alpha. Tiefe Adiponectin-Spiegel beschreiben Milewicz et al. als potenziellen Risikomarker für die Entwicklung eines postmenopausalen metabolischen Syndroms. Gleichzeitig fanden Isidori et al. (29) unabhängig von der Gewichtssituation und der altersentsprechenden endokrinolo-
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gischen Veränderung eine graduelle Abnahme von Serumleptin mit höherem Alter, welche sich ausgeprägter bei Frauen als bei Männern darstellte. Im Gegensatz dazu fanden dies Martinez-Carpio et al. (30) nur bei postmenopausalen Frauen. Einen Zusammenhang von Gewichtszunahme und Leptinkonzentration stellten sie hingegen nur bei bereits postmenopausalen Probandinnen fest.
Insulin, Glukose, Fettstoffwechsel Die Höhe der Triglyzeridkonzentration im Abdomen hängt einerseits vom Gleichgewicht zwischen Insulin und den Kortikosteroiden ab, die beide lipotrophe Aktivitäten aufweisen, und andererseits von den Sexual- und Wachstumshormonen, die lipolytisch wirken. Mit zunehmendem Alter verschieben sich diese Gleichgewichte, besonders durch die Verminderung der lipolytischen Aktivität. Dies führt zur Akkumulation von Fettgewebe omental und retroperitoneal (also viszeral). Die durch die Fettspeicherung erfolgte Grössenzunahme der intraabdominalen Adipozyten erfolgt bei Männern eher graduell und verändert sich bei Frauen, bedingt durch die Menopause, oft abrupt (31). Die Beziehung zwischen Körperzusammensetzung, Alter und Menopausenstatus wurde bisher nur in einer Studie von Purnell et al. (32) untersucht. Ihre Resultate zeigten einen engen negativen Zusammenhang von Ghrelin und Insulin, Insulinresistenz, HDL-C – ohne Unterschied zwischen Frauen und Männern. Die Autoren folgern, dass weder Menopause noch Alter die Ghrelin-Intensität (welche eine Rolle in der Energiehomöostase spielt) beeinflusst. Der Nahrungsstatus scheint jedoch dabei eine wichtige Rolle in der Regulation des Plasma GH-binding-Proteins (GHBP) zu sein. Bondanelli (31) konnte in einer Vergleichsuntersuchung zeigen, dass die GHBP-Levels bei prämenopausalen Frauen deutlich höher waren. GHBP hängt mit der Entwicklung von Körperfett bei prämenopausalen, jedoch nicht bei postmenopausalen Frauen zusammen.
Unterschiede zu gleichaltrigen Männern
Die verringerte Hormonwirkung bei Frauen nach dem Klimakterium schlägt
sich deutlich im Körperbild nieder: Postmenopausale Frauen weisen einen durchschnittlich höheren BMI als gleichaltrige Männer auf. Zudem wird die Fettund Kohlenhydrateinnahme weniger stark reduziert als bei Männern. Die Stoffwechselaktivität verringert sich aber durchschnittlich lediglich um 13%. Alle diese Faktoren können zu einer erheblichen Gewichtszunahme in der Peri- bis Postmenopause führen. Im Weiteren werden bei Frauen nach der Menopause höhere Cholesterinwerte
gefunden als bei gleichaltrigen Männern. Die Prävalenz des Typ-2-Diabetes bei diesen Frauen liegt höher (33). Dass dabei das Östrogen bzw. der Östrogenrezeptorenstatus eine zentrale Rolle spielen, belegen Arbeiten aus Epidemiologie- (8) und Interventionsstudien (34, 35). Diese Zusammenhänge scheinen abhängig von der Ethnie zu sein. So gibt es Hinweise, dass der Effekt der Menopause bei Mittel- und Südamerikanerinnen (sog. Hispanics) weniger stark zu sein scheint als bei Europäerinnen (36).
Kasten 1:
Adipositas und Risiko für Brustkrebs: Kofaktoren
1. Gewichtsverteilung und Zeitpunkt der Gewichtszunahme Ergebnisse einer Metaanalyse von fünf Kohortenstudien mit insgesamt knapp 722 000 prä- und postmenopausalen Frauen, welche das Taille-Hüft-Verhältnis und Brustkrebsrisiko untersuchten (2): Prämenopausale Frauen haben: ■ mit zentralem Übergewicht: erhöhtes Brustkrebsrisiko ■ mit am Körper verteiltem Übergewicht: kein erhöhtes Brustkrebsrisiko ■ Bei kontinuierlicher Gewichtszunahme grösste Gefährdung, bei Gewichtsverlust zwischen 30. Lebens-
jahr und der Menopause geringste Gefährdung ■ Bei Gewichtszunahme bis zur Menopause und anschliessender Gewichtsabnahme bzw. -stabilisie-
rung: verringerte Gefährdung
2. Rolle der Ernährung ab Jugendalter Adipositas und eine «western diet» (eine Ernährungsweise mit Übermass an raffinierten Kohlehydraten und gesättigten Fetten) können unabhängig voneinander bereits im Jugendalter zu einer hyperinsulinämischen Insulinresistenz führen. Bei Frauen kann diese zu einer gestörten ovariellen Steroidproduktion und einer Anovulation führen, welche mit erhöhter Brustkrebsmorbidität einhergeht (3).
3. Grosse Brust als Risikofaktor? Eine ältere Studie (4) an etwa 3900 Patientinnen mit Brustkrebs und 11700 Kontrollen fand, dass die Brustgrösse zu einer erhöhten Brustkrebswahrscheinlichkeit führt (p= 0,026). Ob dieser Befund unabhängig von der Ausprägung der Adipositas bei diesen Frauen ist, bleibt vorderhand ungeklärt.
Kasten 2:
Adipositas und Risiko für Herz-Gefässkrankheiten: Kofaktoren
Übergewicht und vor allem Adipositas sind neben Rauchen, arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus und Dyslipidämie die zentralen kardiovaskulären Risikofaktoren. ■ Eine 50-jährige Frau hat allgemein ein Risiko von 46%, an einer koronaren Herzkrankheit zu er-
kranken, und ein Risiko von 31%, daran zu sterben (5). ■ Die erhöhte Kalorienaufnahme und die Östrogendefizienz sind Schlüsselveränderungen, die über
die Aktivierung des autonomen Nervensystems zu einer Vermehrung des viszeralen Fettgewebes und damit zur Zunahme des BMI in der Postmenopause beitragen. Zusammen mit der erhöhten Kortikosteroidproduktion und erhöhten Katecholaminspiegeln führen diese Faktoren zur gesteigerten Entzündungsaktivität und anderen proatherosklerotischen Mechanismen. Dazu kommt die Veränderung des Lipidprofils in der Menopause. Eine Studie konnte belegen, dass unter Einbezug aller klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren in der frühen Menopause der Östrogenmangel wesentlich zur Progression der Versteifung der Arterien beiträgt (8). ■ Kommt noch die Adipositas hinzu, mitunter zusammen mit Insulinresistenz, Prädiabetes oder Typ-2Diabetes, ist das kardiovaskuläre Risiko erheblich erhöht, insbesondere bei Bewegungsmangel (9).
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Soziale Veränderungen
Durch die Veränderung der Lebenssituationen in der Menopause können Stresssituationen mit erhöhten psychischen Belastungen auftreten. Im Besonderen gehört dazu der Wegzug der eigenen Kinder, eine veränderte Berufssituation sowie hohe berufliche und persönliche Belastungen der männlichen Partner zwischen 50. und 60. Lebensjahr. Mit diesen Veränderungen gehen Umstrukturierungen des Sozialnetzes vor sich. Stimmungsveränderungen und -störungen mit depressiven oder depressiv-ängstlichen Zustandsbildern können eine Folge sein.
Hormonersatz: Wirkung auf Gewicht und Psyche?
Hormonersatztherapie zur Intervention bei klimakterischen Symptomen oder zur Prävention der postmenopausalen Osteoporose wird nicht selten mit einer möglichen Gewichtszunahme in Verbindung gebracht. In einer systematischen Arbeit von Norman et al. (39), publiziert in der Cochrane Database, wurde nachgewiesen, dass keine Evidenz für eine Gewichtszunahme unter Östrogenen besteht. Somit erscheint die Vermutung, dass die Gewichtszunahme mit der allgemeinen Gewichtssteigerung in der Menopause zusammenhängen muss, sehr nahe liegend. Immer wieder werden Östrogene auch im Zusammenhang mit Ursachen und Behandlung von postmenopausaler Depression oder ängstlich gefärbter Depression diskutiert. Hie und da werden sie sogar in der Behandlung von Angststörungen eingesetzt. Obwohl dazu positive Untersuchungsergebnisse bei Primaten vorliegen, gibt es derzeit keine gesicherten Daten, dass beim Menschen eine Verbesserung der oben genannten Symptome erfolgt. Ebenso wenig ist die Hormonsubstitution in der Lage, kognitive Verbesserungen (bei postmenopausalen Frauen ohne klimakterische Beschwerden) zu erwirken (45).
Prävention
Medizinisches Ziel muss es sein, Therapieprogramme anzubieten, welche die Prävalenz des Übergewichts im Alter senken. Die WHO räumt bereits heute der Adipositastherapie höchste Priorität
ein. Grundsätzlich werden ein gesunder, aktiver Lebensstil mit regelmässiger körperlicher Bewegung und eine fettmoderate, nahrungsfaserreiche Ernährung propagiert. Perimenopausale Frauen müssen auch darauf hingewiesen werden, dass die tägliche notwendige Kalorienzufuhr mit jedem Altersjahr abnimmt und somit bei gleich bleibenden Ernährungsgewohnheiten eine Gewichtszunahme resultiert. In einer Fünf-Jahres-Untersuchung mit 535 Frauen zeigte eine Forschungsgruppe (44), dass eine Gewichtszunahme und Erhöhung des Bauchumfanges während der peri- oder postmenopausalen Phase bei gesunden Frauen erfolgreich verhindert werden kann, wenn eine Langzeitveränderung des Lebensstils mit Intensivierung der körperlichen Aktivität und Ernährungsumstellung (fettmodifiziert) angestrebt wird. Durch die erhöhte Bewegungsaktivität wird die Muskelmasse (lean-body mass) erhalten, die im Wesentlichen für die Kalorienverbrennung sorgt.
Therapie
Wenn die Möglichkeiten der Prävention ausgeschöpft sind oder wegen der erfolgten Gewichtszunahme eine Behandlung nötig ist, werden vorerst sogenannte konservative Therapieformen empfohlen. Diese können durchaus zu beachtlichen und nachhaltigen Gewichtsverminderungen führen.* Das allgemeine Behandlungsziel besteht in der Verhinderung des Gewichtsanstieges im Alter. Bei Übergewicht und Adipositas wird eine mässige und langfristige Gewichtsabnahme von 5 bis 10% angestrebt. Dies kann therapeutisch durch Umstellung der Ernährungsgewohnheiten, des Essverhaltens, die Steigerung körperlicher Aktivität erreicht werden. Hinzu (bzw. resultierend) kommt die Verbesserung der psychischen Befindlichkeit, eventuell mit begleitendem Medikamenteneinsatz. In einigen Fällen kann die Chirurgie sinnvoll sein. Die Wirklichkeit sieht allerdings oft etwas nüchterner aus: Eine über 54 Monate geführte grosse Untersuchung (Women’s Healthy Lifestyle Project) mit 535 44- bis 50-jährigen prämenopausalen Frauen belegt, dass mit Lebensstilveränderungen (mehr Bewegung, gesundes Essen)
über die 4,5 Jahre im Vergleich mit einer
Kontrollgruppe ein gerade moderater
Gewichtsverlust von 2, 3 bis 6,8 kg
(Durchschnitt -0,1 ± 5,8 kg [SD]) erreicht
und – was entscheidend ist – über diese
Zeit gehalten werden kann. In dieser Zeit
haben die Kontrollen 2,4 bis 4,9 kg zuge-
nommen. Die Interventionsgruppe be-
richtete über verbesserte körperliche
Leistungsfähigkeit und bessere Lebens-
qualität (44). Besonders entscheidend ist
hierbei jedoch, dass die Risikokonstella-
tionen sich parallel dazu ebenfalls signifi-
kant positiv verändert haben (Choleste-
rin, Nüchternglukose, Blutdruckwerte),
was auch andere Interventionsstudien
belegen (46). In unserem Berner Adiposi-
tasprogramm (47) behandeln wir eben-
falls postmenopausale Frauen (ein Vier-
tel aller Patientinnen). Dabei ist der
erreichte Gewichtsverlust über das erste
Jahr (bei 3-jähriger Therapiedauer) mit
-5,6% des Ausgangsgewichts durchaus
erfreulich und entspricht anderen inter-
nationalen Zahlen (48).
Die Behandlung von schwer adipösen
Patientinnen mittels bariatrischer Chirur-
gie (Magenband, Magenbypass, Roux-Y-
Bypass u.a.) ist für spezielle Fälle und in
speziellen Zentren vorgesehen. Üblicher-
weise werden über 60-jährige Frauen
nicht mehr operiert, weil die Krankenkas-
sen in der Schweiz den Eingriff nicht
(mehr) bezahlen.
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PD Dr. med. Kurt LaederachHofmann Leiter Adipositasprogramm Inselspital Kompetenzbereich Adipositas, Ernährungspsychologie, Prävention von Essstörungen Poliklinik für Endokrinologie, Diabetologie & Klinische Ernährung Universität Bern/Inselspital 3010 Bern E-Mail: laederach@insel.ch
* Laederach-Hofmann K., Messerli-Bürgy N., Meyer K.: Long-Term effects of Non-surgical Therapy for Obesity on Cardiovascular Risk Management: A Weighted Empirical Review. J Publ Health 2007; http://dx.doi.org/10.1007/s10389007-0161-x
Weitere Literatur beim Verfasser
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