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KIND UND ERNÄHRUNG
Abgrenzung zu Nahrungsmittel-Intoleranzen
Funktionelle gastroenterologische Störungen bei Kindern und Jugendlichen
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Nathalie Metzger, Susanna Dieterle, Carsten Posovszky
Funktionelle gastrointestinale Erkrankungen (FGID) wie das Reizdarmsyndrom, funktionelle Dyspepsie oder funktionelle Obstipation gehören zu den häufigsten, nicht infektiösen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter und beeinträchtigen die Lebensqualität zum Teil erheblich. Bedarfsgerechte Ernährung spielt für die Entwicklung, das Wachstum und die Vorbeugung von Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen eine grosse Rolle. Darüber hinaus werden zunehmend spezifische Diäten als Behandlungsoption bei Magen-Darm-Erkrankungen eingesetzt. In diesem Artikel wollen wir die Bedeutung von Ernährungsumstellungen zur Behandlung von FGID anhand der Evidenz darstellen und auf nachteilige Effekte diätetischer Massnahmen im Kindes- und Jugendalter hinweisen.
Susanna Dieterle
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Was sind funktionelle gastrointestinale Erkrankungen?
Funktionelle gastrointestinale Erkrankungen (FGID) sind gekennzeichnet durch chronische gastrointestinale Beschwerden (z. B. Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall oder Obstipation), die nach einer angemessenen medizinischen Untersuchung nicht auf eine andere Krankheit zurückgeführt werden können (1). Sie werden entsprechend den Rome-IV-Kriterien definiert und in 3 Hauptgruppen eingeteilt: 1) funktionelle Störungen mit Übelkeit oder Erbrechen, 2) funktionelle Störungen mit Bauchschmerzen (FAP), 3) funktionelle Stuhlentleerungsstörungen (1). Die Prävalenz der FGID im Kindes- und Jugendalter liegt nach dieser Definition bei 21 bis 25% (2). Einzelne Krankheitsbilder treten in bestimmten Altersgruppen gehäuft auf (Abbildung) (3). Die Pathophysiologie funktioneller gastrointestinaler Störungen ist komplex und umfasst eine bidirektionale Dysregulation der Interaktion zwischen Darm und Gehirn (über die Darm-HirnAchse) sowie eine mikrobielle Dysbiose im Darm, eine veränderte Immunfunktion der Schleimhaut, eine viszerale Überempfindlichkeit und eine abnorme gastrointestinale Motilität (4, 5). Chronische Bauchschmerzen, unabhängig von deren Ursache, gehen mit einer deutlich verminderten Lebensqualität einher (5, 6). Die Behandlungsmöglichkeiten sind beschränkt und bestehen aus einer Kombination von Aufklärung und Beruhigung, bei Stuhlretention auch aus medikamentöser Stuhlregulation sowie aus einer Ernährungsberatung nach Bedarf und aus psychologischer Unterstützung (5). Der Plazeboeffekt ist bei
schmerzbedingten FGID sehr hoch und liegt laut einer Metaanalyse mit 21 pädiatrischen Studien bei 41% (7). Dieser Placebo Effekt konnte sogar in einer unverblindeten Studie nachgewiesen werden (8).
Nahrungsmittelunverträglichkeiten bei gastrointestinalen Beschwerden
Bei der Abklärung von chronischen gastrointestinalen Beschwerden sollten Nahrungsmittelunverträglichkeiten als Symptomauslöser identifiziert werden (5). Bauchschmerzen, Durchfall, Blähungen und Übelkeit sind häufige Symptome, die nach dem Verzehr von Säften und Milchprodukten aufgrund von osmotischen Effekten und Fermentationsprozessen der Mikrobiota des Dickdarms bei kohlenhydratintoleranten Kindern und Jugendlichen auftreten (9). Kohlenhydrate bestehen aus Monosacchariden und Disacchariden, Zuckeralkoholen (Polyolen) und Oligosacchariden. Sofern sich ein konkreter Anhaltspunkt auf spezifische Unverträglichkeiten wie z. B. auf milchzucker-, fruchtzucker- und getreidehaltige Lebensmittel ergibt, sollten diese mit geeigneten Methoden weiter abgeklärt werden (5). Denn selbst wahrgenommene Nahrungsmittelunverträglichkeiten mit gastrointestinalen Beschwerden werden im Kindes- und Jugendalter häufig berichtet (10). Nahrungsmittelunverträglichkeiten werden häufiger bei Patientinnen und Patienten mit Reizdarmsyndrom (RDS) (92,9%) als bei gesunden Kindern (62,5%) beschrieben, insbesondere Milchprodukte, Getreide und Getränke (wie z. B. [Diät-]Limonade, Sportgetränke, Kaffee oder Tee) werden signifikant häufiger bei RDS mit Beschwerden assoziiert (11).
Nathalie Metzger Carsten Posovsky
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gendlichen mit FAP liegt häufig keine klinisch relevante LI als Ursache der Beschwerden vor (16, 17). Eine laktosefreie Diät sollte deshalb nicht allein auf Basis der Selbst- bzw. Fremdwahrnehmung, eines auffälligen Atemtestergebnisses oder bei Nachweis einer genetischen Veranlagung für eine LI erfolgen (12), denn nicht nur eine gesicherte LI sondern auch die Selbstwahrnehmung hat einen negativen Einfluss auf die Lebensqualität (18). Aus ernährungsphysiologischer Sicht ist zu bedenken, dass Kuhmilch bzw. Milchprodukte wichtige Quellen für Kalzium, Phosphor, Cholin, Riboflavin, Vitamin B12 und Vitamin A sind, weshalb der Ausschluss von Milchprodukten zur Entwicklung eines Mikronährstoffmangels führen kann und deshalb laktosefreie Milchprodukte bei nachgewiesener LI vorteilhaft sind (19). Alternativ gibt es Laktasetabletten, die mithilfe des Enzyms Laktase im Darm die Hydrolyse von Laktose in Glukose und Galaktose bewirken, wenn sie kurz vor der Nahrungszufuhr eingenommen werden.
Abbildung: Alter beim Auftreten von funktionellen gastrointestinalen Erkrankungen (FGID) im Vergleich zu Kuhmilchproteinintoleranz (KMPI), Zöliakie und Nahrungsmittelintoleranzen bei Kindern und Jugendlichen. Die Balken zeigen das zeitliche Auftreten einzelner Erkrankungen, je dunkler der Grauton, desto häufiger treten Nahrungsmittelintoleranzen in dieser Alterspanne auf. Abkürzungen: RDS: Reizdarmsyndrom; FAP: funktionelle Bauchschmerzen, nicht andernorts klassifiziert (basierend auf [3]).
Welche Rolle spielen einzelne Nahrungsmittel bei gastrointestinalen Beschwerden?
Milchprodukte Milch wird von Eltern häufig verdächtigt, Auslöser von gastrointestinalen Beschwerden zu sein, worauf eine Auslassdiät begonnen wird. Viele Eltern sind dabei selbst von einer Laktoseintoleranz (LI) betroffen (12). Eine Laktosemalabsorption entsteht bei unzureichender enzymatischer Spaltung des Disaccharids in Glukose und Galaktose durch die Laktase im Dünndarm. Das ist meist durch die graduelle Abnahme der Enzymaktivität mit zunehmendem Alter (Hypolaktasie) bedingt oder kann sekundär durch Schädigung des Bürstensaums bei Entzündungen des Dünndarms, z. B. im Rahmen einer Kuhmilchproteinintoleranz (KMPI), einer schweren Gastroenteritis, einer Zöliakie oder bei Morbus Crohn mit Dünndarmbefall, auftreten (12). Die KMPI ist die häufigste Nahrungsmittelallergie im Säuglings- und Kleinkindesalter und die Hypolaktasie die häufigste Nahrungsmittelunverträglichkeit in der Adoleszenz und im Erwachsenenalter. Dennoch liegt bei 2 Dritteln der Kinder und Jugendlichen weder eine KMPI noch eine LI vor, und es findet sich keine Häufung der LI bei RDS oder FAP (10, 13). Eine Kuhmilchallergie kann insbesondere bei Säuglingen zu Obstipation führen, jedoch leiden Kinder mit funktioneller Obstipation nicht häufiger an einer KMPI (14). Es gibt nur wenig Evidenz, dass sich eine laktosereduzierte Milch positiv auf die Stuhlfrequenz und -konsistenz bei Säuglingen auswirken könnte (15). Trotz Nachweis einer Laktosemalabsorption im H2-Laktoseatemtest bei Kindern und Ju-
Fruchtzucker Fruktose ist ein Monosaccharid, das in der Natur vor allem in Obst vorkommt, aber hauptsächlich als Saccharose (Haushaltszucker) verzehrt wird. In Industrieländern nimmt der Konsum von Fruktose aus Softdrinks, Süssgetränken, Fruchtsäften und Schorlen sowie Obst (Smoothie) zu. In der niederländischen Allgemeinbevölkerung im Alter von 7 bis 69 Jahren machte Fruktose 9% der durchschnittlichen täglichen Energiezufuhr aus (20). Bei Fruktosemalabsorption kommt es wie bei anderen Zuckermalabsorptionen zu kolikartigen Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall. Diese Symptome werden durch die bakterielle Fermentation von nicht absorbierter Fruktose im Dickdarm verursacht, wobei Wasserstoff, Kohlendioxid, Methan und kurzkettige Fettsäuren entstehen (21). Ausserdem kann die erhöhte Zuckerbelastung im Dickdarm osmotische Diarrhö verursachen. Durchfälle nach dem Verzehr von grösseren Mengen Fruktose (z. B. Apfelsaft) wird bei Kleinkindern häufig beobachtet. Die Absorptionskapazität für Fruktose steigt bis zum 10. Lebensjahr an und kann durch den gleichzeitigen Verzehr von Glukose verbessert werden (21, 22). Lebensmittel mit einem Fruktose-zu-Glukose-Verhältnis über 1 werden deshalb schlechter vertragen (Tabelle; https:// fructoseintoleranz.com/fructosewerte/). Die Fruktosemalabsorption ist bei Kindern mit schmerzbedingten, funktionellen gastrointestinalen Störungen nicht häufiger als bei asymptomatischen Kindern (23). Die Verbesserung der Symptome durch eine fruktosearme Diät bei Patienten mit schmerzbedingten, funktionellen gastrointestinalen Störungen könnte darauf hindeuten, dass diese nicht häufiger an einer Malabsorption leiden, aber stärker bzw. sensibler darauf reagieren (viszerale Hypersensibilität) (24, 25). Deshalb schliesst ein negativer H2-Fruktoseatemtest einen positiven Effekt einer Fruktosereduktion bei diesen Patienten nicht aus und ist damit nicht geeignet, um ein Ansprechen zu prognostizieren (25).
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Gluten Gluten ist ein wichtiges Speicherprotein, das von einigen Blütenpflanzen verwendet wird, um die Samen während der Entwicklung und der Keimung zu nähren. Dieses hoch molekulare Protein kommt im Endosperm von grasähnlichen Getreidesorten wie Weizen, Dinkel, Gerste und Roggen usw. vor (26). Die Zöliakie ist eine T-Zell-vermittelte, chronisch entzündliche Darmerkrankung auf Gluten, die bei genetisch prädisponierten Menschen auftreten kann (26). Bei Zöliakie ist eine lebenslange glutenfreie Diät (GFD) erforderlich. In zunehmendem Mass (ca. 5%) wird in der Allgemeinbevölkerung eine GFD durchgeführt, obwohl keine Zöliakie diagnostiziert wurde (26). Der Verzicht auf glutenhaltige Lebensmittel wird zum Teil als gesündere Lebensweise und nicht als tatsächliche Behandlung betrachtet oder ist die Folge von Berichten über negative Auswirkungen nach dem Verzehr von glutenhaltigen Produkten (26). Ausserdem wird häufiger eine Nicht-Zöliakie-nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität (NZNWWS) auch bei Kindern und Jugendlichen vermutet und deshalb auf eine GFD umgestellt (27). Der Schwellenwert für die Glutentoleranz bei Patienten mit NZNWWS ist jedoch unbekannt und variiert von Person zu Person (27). Immunologische Reaktionen können nicht nur durch Gluten, sondern auch durch andere Bestandteile von Weizen wie α-Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI), Weizenlektine oder Weizenkeimagglutinin ausgelöst werden (27). Ihre Bedeutung für das RDS ist noch unklar (27). Bei Kindern äussert sich eine NZNWWS hauptsächlich durch Symptome wie Bauchschmerzen und chronischen Durchfall ohne Gewichtsverlust wie bei einem RDS und erfordert den Ausschluss einer Zöliakie und Weizenallergie (27). Eine Zöliakie wird bei vielen Patienten aufgrund von gastrointestinalen Symptomen wie Übelkeit, Erbre-
chen, Durchfall, Bauchschmerzen oder Obstipation diagnostiziert. Die Prävalenz von Zöliakie ist bei Kindern mit RDS, aber nicht mit FAP oder funktioneller Dyspepsie erhöht (28, 29). Dennoch bleiben bis zu einem Viertel der 4- bis 16-jährigen Kinder mit nachgewiesener Zöliakie auch nach einem Jahr glutenfreier Ernährung symptomatisch und erfüllen die Kriterien für RDS oder funktionelle Obstipation (30). Das kann darauf hindeuten, dass eine Zöliakie ein Risikofaktor für FGID (insbesondere RDS) ist oder die Symptome bereits bei Diagnose eher durch eine komorbide funktionelle Störung als durch die Glutenunverträglichkeit verursacht wurden. Eine GFD bei Kindern mit FAP wird nach aktueller Datenlage nicht empfohlen (14). Eine GFD bei Kindern mit Zöliakie verändert die Zufuhr von Folat, Magnesium, Zink und von Lebensmitteln mit einem hohen glykämischen Index deutlich. Deshalb sollten Kinder mit Zöliakie, die eine GFD einhalten, dazu ermutigt werden, glutenfreie kommerzielle Produkte zu verwenden, die angereichert wurden, und regionale Lebensmittel zu konsumieren, die von Natur aus glutenfrei sind (31). FODMAP Fermentierbare Oligo-, Di-, Monosaccharide und Polyole (FODMAP) können bei unzureichender Absorption im Kolon zu Fermentation mit Bildung von Gas und Erhöhung des Flüssigkeitsgehalts führen. Die Studienlage zur sogenannten Low-FODMAP-Diät bei Kindern ist im Gegensatz zu derjenigen bei Erwachsenen unzureichend und kontrovers, da es nur 2 randomisierte Studien gibt, die entweder einen Effekt oder keine effektive Reduktion der Bauchschmerzen bei Kindern mit FAP oder RDS nachweisen (32, 33). Deshalb wird derzeit keine Empfehlung für diese Diätform bei Kindern und Jugendlichen ausgesprochen (5).
Tabelle:
Merkmale häufiger Kostformen
Kostform Zu vermeidende Nahrungsbestandteile
Glutenfrei Gluten
Lebensmittel, die den Bestandteil enthalten (beispielhafte Auswahl)
Weizen Dinkel Grünkern Gerste Roggen Emmer Einkorn Triticale
Wichtige Nährstoffe, die durch einen Folat Verzicht wegfallen und durch eine ge- Magnesium eignete Ernährung ersetzt werden sollen Zink
Laktosefrei Laktose
Milch Buttermilch Molke Sauerrahm Joghurt Kefir Quark Blanc battu Frischkäse Fertigprodukte mit Laktose
Fruktosearm
Fruktose und Sorbit (entscheidend ist das Verhältnis von Fruktose zu Glukose)
Apfel, Birne, Pfirsich Mango, Wassermelone usw. Dörrobst Fruchtsäfte, Fruchtschorle Süssgetränke Mit Fruktose, Sorbit, Isomalt, Zucker und Honig gesüsste Nahrungsmittel
Kalzium, Phosphor, Cholin, Riboflavin, Vitamin A, Vitamin B1, B2, B3, B5 Vitamin B12, Vitamin A
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Darüber hinaus ist eine FODMAP-arme Diät sehr restriktiv und für Kinder und Jugendliche schwer zu befolgen und einzuhalten (Tabelle). Fruktane sind Oligosaccharide, die hauptsächlich aus Fruktosyl-Fruktose-Bindungen bestehen, welche von menschlichen Enzymen nicht gespalten werden können. Sie kommen deshalb im Dickdarm im Wesentlichen unversehrt an und haben nachgewiesene präbiotische Eigenschaften. Fruktanhaltige Nahrungsmittel sind Weizen, Roggen, Zwiebel, Knoblauch, Artischocke, Chicorée und Schwarzwurzel, aber auch Nektarine, Pfirsich, Wassermelone und Weintrauben. In einer Cross-over-Studie konnte eine Beschwerdezunahme bei Kindern und Jugendlichen mit RDS unter fruktanhaltiger Ernährung beobachtet werden (34). Nahrungsfasern (Ballaststoffe) Nahrungsfasern sind eine Gruppe von Kohlenhydratpolymeren, Oligomeren und Lignin, die der Verdauung im Dünndarm entgehen und unversehrt in den Dickdarm gelangen, wo sie teilweise oder vollständig von der Darmmikrobiota fermentiert werden. Sie stimulieren auch das mikrobielle Wachstum, was zu einer Zunahme der mikrobiellen Masse führt (35). Sie werden in wasserlösliche (z. B. Johannisbrotkernmehl, Guar, Pektin und Dextrine) und wasserunlösliche (z. B. Zellulose) Nahrungsfasern eingeteilt. Eine Metaanalyse mit 5 Doppelblindstudien (4 davon rein pädiatrisch) ergab, dass eine zusätzliche Gabe von Nahrungsfasern die Stuhlfrequenz bei funktioneller Verstopfung erhöhen kann (36). Es hatte jedoch keinen nennenswerten Effekt auf den Behandlungserfolg oder den Defäkationsschmerz und verbesserte die Stuhlkonsistenz nicht (36). Ausserdem gibt es keine Evidenz dafür, dass die Supplementation von Ballaststoffen zu einer Reduktion von Bauchschmerzen führt (33). So hatte Glukomannan (GNN), ein Polysaccharid aus 1,4-D-Glucose und D-Mannose, ein löslicher Ballaststoff aus der japanischen Konjac-Pflanze, in einer randomisierten Studie bei Kindern mit FAP gegenüber Plazebo keinen besseren Effekt auf die Schmerzreduktion (37). Deshalb wird eine nahrungsfaserreiche altersgemässe Mischkost empfohlen (5).
Ernährungsberatung bei FGID
Zur Therapie von FGID sollte die Ernährung bei ausgewogen und altersgemäss ernährten Kindern und Jugendlichen nicht umgestellt werden (5). Die Empfehlung, auf eine gute Flüssigkeitszufuhr zu achten, regelmässig und langsam zu essen, eine übermässige Fettzufuhr zu vermeiden und auf eine Verschlimmerung der Symptome bei scharfen Speisen oder bestimmten Lebensmitteln zu achten, scheint angesichts der aktuellen Literaturlage sinnvoll (38). Wenn bestimmte Lebensmittel die Symptome scheinbar verschlimmern, sollte nicht davon ausgegangen werden, dass der Grund dafür bekannt ist (z. B. jeweilige Allergie oder Intoleranz), insbesondere wenn das zu weiteren übermässigen Einschränkungen führt, da Lebensmittel viele Bestandteile haben, die die Beschwerden potenziell verstärken können. Längerfristige Eliminationsdiäten sollten nur bei gesichertem Nachweis individueller Nahrungsmittelunverträglichkeiten und unter ernährungsmedizinischer/ernährungstherapeutischer Beratung und Kontrolle durchgeführt werden, um die Angemessenheit der Diät sicherzustellen (5). Zusätzliche Gaben von Nahrungsfasern sind bei ausgewogener Mischkost nicht erforderlich (5). Der Benefit einer Ernährungsberatung im Falle einer nachgewiesenen Nahrungsmittelintoleranz und -allergie ist hinreichend belegt (5).
Autoren Prof. Dr. med. Carsten Posovszky Leiter Gastroenterologie und Ernährung Nathalie Metzger, MSc, Leiterin Ernährungsberatung, Susanna Dieterle, BSc, Ernährungsberaterin Universitätskinderspital, Elionorenstiftung Zurich Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Carsten Posovszky Universitätskinderspital, Zürich, Eleonorenstiftung Steinwiesstrasse 75 8032 Zürich E-Mail: carsten.posovszky@kispi.uzh.ch Interessenkonflikte: Es bestehen keine persönlichen oder finanziellen Verbindungen, die im Zusammenhang mit dieser Arbeit von Bedeutung sind.
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