Transkript
INTERVIEW
Swiss Sports Nutrition Society
Ziele und Aktivitäten
Die Herausforderungen für die noch junge Gesellschaft sind gross. Die Präsidentin und Geschäftsführerin Fr. Dr. sc.nat. Joëlle Flück, Präsidentin und Geschäftsführerin der SSNS, Expertin in Sporternährung, Sportmedizin Nottwil, Schweizer Paraplegiker-Zentrum, erzählt von den Anfängen, Erfolgen und Aufgaben für die Zukunft.
Joëlle Flück
esi-elitesportinsights von Swiss Olympic
www.rosenfluh.ch/qr/esi
Was ist das Ziel der SSNS, wie lange gibt es die Gesellschaft schon? Dr. sc. nat. Joëlle Flück: Die Gesellschaft wurde 2014 gegründet. Vorher gab es ein Swiss Forum for Sportsnutriton, das in die neue Gesellschaft integriert wurde. Unser Ziel ist die Förderung der evidenzbasierten Sporternährung, auf nationaler und internationaler Ebene. Wir möchten das Wissen für unsere Fachexperten, aber auch Trainer und Athleten aufbereiten. Auch den Verbänden möchten wir die Wichtigkeit der Sporternährung aufzeigen. Im internationalen Vergleich haben wir Nachholbedarf. So haben die meisten Verbände zurzeit an den Olympischen Spielen in Tokio Fachexperten für Sporternährung im Camp oder an den Spielen, nicht so die Schweiz. Ein Blick ins Ausland zeigt zudem, dass andere Länder für jeden Verband eine oder mehrere «Performance Nutritionist» stellen, welche in der Vorbereitung für Grossanlässe, aber auch in der langfristigen Ausbildung der Athleten zur Verfügung stehen. Ganz wichtig scheint zudem die langfristige und nachhaltige Präventionsarbeit im Bereich von physischer und psychischer Gesundheit aller Athleten. Auch da haben wir gegenüber dem Ausland noch sehr viel aufzuholen.
Wie setzen sich die Mitglieder der SSNS zusammen, aus welchen Bereichen kommen sie? Die Gesellschaft ist interdisziplinär zusammengesetzt. Am stärksten vertreten sind Ernährungsberater und Ernährungswissenschafter, auch Sportmediziner, die am direktesten mit Athleten und Verbänden zusammenarbeiten, daneben auch Sportphysiotherapeuten, Apotheker, Sportwissenschafter, Sportpsychologen und auch Trainer.
Auf welchen Wegen kommunizieren Sie das evidenz-basierte Wissen? Das Hauptziel ist die wissenschaftliche Aufarbeitung und der Wissenstransfer in die Praxis. Unser Kongress im Juni war wissenschaftlich ausgerichtet. Für unsere Fachexperten und Mitglieder organisieren wir Workshops, um das aktuelle Wissen zu präsentieren. Wir versenden einen Newsletter, der den Zugriff auf neueste Informationen erlaubt. Auf unserer Webseite sind zudem viele Informationen frei zugänglich. Beispielsweise wird der Supplement-Guide immer wieder aktualisiert, in enger Zusammenarbeit mit Anti-Doping Schweiz. Unsere Hot-Topics sind Fact-
Sheets für Laien, die den Athleten und Trainern verschiedenste Themen der Sporternährung gut verständlich vermitteln sollen. Zusätzlich stehen wir im engen Austausch mit Swiss Olympic, auf deren Wissensplattform «esi» können Trainer oder Athleten Fragen stellen. Betreffen diese die Sporternährung, liefern wir die Antworten und stellen so unser Wissen zur Verfügung.
Im Bereich Ernährung und Sport haben ja auch einige «Gurus» ihre Anhänger. Welches sind Ihre Auswahlkriterien für die Aufnahme in die SSNS? Wir unterscheiden verschiedene Mitgliederkategorien. Die Bronzemitgliedschaft steht allen offen, sie beinhaltet kein Stimm- und Wahlrecht, dies ist nur bei einer Silber- und Goldmitgliedschaft gegeben. Für die Aufnahme in diese beiden Kategorien werden die Mitglieder zertifiziert. Wir beurteilen anhand von verschiedensten Qualitätskriterien, ob eine Fachperson spezifisch im Bereich der Ernährung, Sportphysiologie sowie Sporternährung ausgebildet ist. Auch muss für die Zertifizierung eine Praxistätigkeit nachgewiesen werden können. Kontinuierliche Fortbildungen im Bereich der Sporternährung müssen vorgewiesen werden, damit man zertifiziert bleibt. Die Liste aller zertifizierten Gold- und Silbermitglieder ist auf der Webseite der SSNS publiziert. Wenn nun also ein Athlet, Trainer oder Verband auf der Suche einer Fachperson in Sporternährung ist, wird man auf unserer Webseite fündig.
Welches sind die grössten Herausforderungen der SSNS? Ernährungs-Gurus, die oft ein gutes Marketing betreiben, verbreiten nicht wissenschaftlich abgestützte Informationen. Als Fachverband der Sporternährung wollen wir die evidenz-basierte Sporternährung fördern und diese verbreiten. Dies beinhaltet nicht nur die Schulung von Fachpersonen, sondern auch die Zusammenarbeit mit Vereinen, Verbänden, Trainern und Athleten sowie weiteren Stakeholdern im Schweizer Sportsystem. Wir kämpfen auch für bessere finanzielle Ressourcen. Diese sind nötig, um im Schweizer Sport die benötigten Informationen individualisiert an Athleten oder Trainer zu bringen. Viel Potential sehen wir auch bei der Prävention, z. B. im Bereich von Essstörungen. Mit grösseren finanziellen Ressourcen könnten wir die Probleme wirkungsvoller und nachhaltig angehen.
10 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 3|2021