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IM FOKUS: KARDIOVASKULÄRES RISIKO, ADIPOSITAS UND MIKROBIOM
Vitamin D
Übergewichtige Frauen mit Vitamin-DDefizit profitieren von Substitution
Vitamin D3 in einer Behandlungsdosis von 50 000 IE pro Woche für mindestens 2 Monate führt zur Senkung der Homocystein- und CRP-Spiegel, was auch dazu beitragen könnte, das Risiko für Herz-Kreislauf- und Lebererkrankungen bei übergewichtigen Frauen im gebärfähigen Alter zu vermindern.
Das fettlösliche Vitamin D spielt eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der physiologischen Funktionen des Körpers. Mehrere Studien zeigten zudem einen umgekehrten Zusammenhang zwischen dem Risiko für zahlreiche Krankheiten und dem Vitamin-D-Spiegel. Das gilt vor allem für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (cardiovaskular diseases, CVD). Vitamin-D-Mangel ist darüber hinaus ein weitverbreitetes, ja globales Problem, das besonders bei Frauen im Nahen Osten auftritt. Die Prävalenz von Vitamin-D-Mangel ist bei übergewichtigen Personen hoch, und ein solcher Mangel kann deshalb in dieser Population zu häufigeren Gesundheitsproblemen führen. Vitamin-D-Mangel und hohe Homocystein-(Hcy-)Spiegel gelten als unabhängige Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Obwohl mehrere Studien diesen Zusammenhang bestätigt haben, zeigten andere Studien widersprüchliche Ergebnisse. Deshalb sind nach Meinung der Autoren weitere Untersuchungen erforderlich. Kürzlich wurde berichtet, dass die Verbesserung der 25Hydroxyvitamin-D(25[OH]D)-Spiegel von übergewichtigen Frauen dazu beitragen kann, die Gesamt-Hcy-Serumspiegel und ihren Body-Mass-Index (BMI) zu senken. Es wurde auch eine umgekehrte Beziehung zwischen den Spiegeln von Vitamin D und CRP gefunden, was teilweise durch die Wirkung der Vitamin-D-Modulation auf die Entzündung und deren hemmende Wirkung auf die CRP-Stimulation erklärt werden kann. In Verbindung mit anderen Biomarkern sagt das CRP deshalb das CVD-Risiko voraus. Die Ergebnisse all dieser Studien legen nahe, dass Vitamin D eine Schutzfunktion gegen CVD hat. Ein Vitamin-D-Mangel ist auch bei Patienten mit chronischen Leber- und Nierenerkrankungen weitverbreitet, wobei nicht klar definiert ist, ob die verminderte Leberfunktion zu einem Vitamin-D-Mangel beiträgt oder ob ein Vitamin-D-Mangel zu einer Leberfunktionsstörung führt. Frühere Studien fanden jedoch einen umgekehrten Zusammenhang zwischen den 25(OH)D-Spiegeln und der Inzidenz von Lebererkrankungen und Leberenzymen.
Die Autoren konzipierten die vorliegende Studie, um die Wirkung von 50 000 IE Vitamin D3 pro Woche über 2 Monate auf die Serum-THHcy- und CRPSpiegel sowie auf Leber- und Nierenfunktionstests bei übergewichtigen Frauen zu untersuchen.
Methodik
Methodisch handelt es sich um eine randomisierte, doppelblinde, plazebokontrollierte, klinische Studie mit jordanischen Frauen im Alter zwischen 18 und 49 Jahren, die die Klinik für Geburtshilfe und Gynäkologie am King Abdullah University Hospital (KAUH) für Routineuntersuchungen besuchten. Die Teilnehmerinnen wurden im Winter, wenn die Intensität des ultravioletten Lichts am geringsten ist, in die Studie aufgenommen.
Einschluss- und Ausschlusskriterien
Aufgenommen wurden übergewichtige Frauen mit einem BMI zwischen 25 und 29,9, einem 25(OH) D-Spiegel <20 ng/ml, normalen Vitamin-B12- und Folsäurespiegeln, die zudem keine chronischen Krankheiten hatten. Schwangere und Stillende sowie Frauen unter 18 oder über 49 Jahre, mit einem BMI > 30 oder < 25, 25(OH)D-Spiegeln > 20 ng/ml, abnormalen Vitamin-B12- oder Folsäurespiegeln und mit chronischen Krankheiten wurden ausgeschlossen. Von 479 Frauen eigneten sich 325 für die Studie, aufgenommen wurden schliesslich 120 nach dem Zufallsprinzip. Die Probandinnen wurden randomisiert in zwei Gruppen eingeteilt: je 50 Patientinnen erhielten während 2 Monaten entweder Plazebo oder Vitamin D, Letzteres in einer Dosierung von 50 000 IE pro Woche. 25-Hydroxyvitamin D (25[OH]D), Gesamt-Hcy, CRP, Aspartat- und Alaninaminotransferasen (AST, ALT), Harnstoff, Kreatinin und die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) wurden vor und nach der Behandlung gemessen und verglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Gesamt-Hcy-,
20 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 1|2021
IM FOKUS: KARDIOVASKULÄRES RISIKO, ADIPOSITAS UND MIKROBIOM
CRP-, AST-, ALT- und eGFR-Spiegel nach dem 2. Monat unter Vitamin-D3-Intervention signifikant abnahmen (p < 0,001) und die 25(OH)D-, Harnstoffund Kreatininspiegel sich in der Behandlungsgruppe signifikant erhöhten (p < 0,001). In der Plazebogruppe wurden während des gesamten Nachbeobachtungszeitraums keine signifikanten Veränderungen festgestellt. Nach Wissen der Autoren ist diese Studie die erste ihrer Art im Nahen Osten, die die Auswirkungen einer Vitamin-D-3-Intervention (50.000 IE) auf die Gesamt-Hcy-Serum-Konzentration, das CRP sowie die Leber- und Nierenfunktionstests untersucht. Fazit Zusammenfassend kann eine Vitamin-D3-Intervention mit einer Behandlungsdosis von 50 000 IE pro Woche für mindestens 2 Monate zur Senkung der Homocystein- und CRP-Spiegel und zur Verbesserung der Leberfunktionstests beitragen, was wiederum dazu beitragen könnte, das Risiko für Herz-Kreislauf- und Lebererkrankungen bei übergewichtigen Frauen im gebärfähigen Alter zu vermindern. Das alles allerdings unter Inkaufnahme einer leichten Beeinträchtigung der Nierenfunktion, indem es zu einer Erhöhung der Serumkreatinin-, Harnstoff- und eGFR-Spiegel kommt. Als Einschränkung dieser Studie geben die Autoren selbst die geringe Stichprobengrösse an. Richard Altorfer Quelle: Al-Bayyari N et al.: Vitamin D3 reduces risk of cardiovascular and liver diseases by lowering homocysteine levels: double-blinded, randomised, placebo-controlled trial. Br J Nutr. 2021;125(2):139-146. Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 1|2021 21