Transkript
Kinder – früh gesund essen
EDITORIAL
Das wünschen wir uns alle, denn wir wissen, dass die Ernährung zu einer gesunden Entwicklung beiträgt und die mächtigste Waffe gegen die weltweite «Diabesity»-Pandemie darstellt. Dennoch: Zu viele tun es nicht oder anders, als wir uns das vorstellen. Auch das entspricht der Realität – Ernährungsaufklärung und -beratung zum Trotz. Die Entwicklung des Ernährungsverhaltens wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst. Ein zentraler Punkt ist der Genuss. Jeder isst nach Möglichkeit Lebensmittel und Gerichte, die ihm schmecken. Entsprechend scheint es wichtig, die Vorlieben möglichst früh Richtung gesunde Speisen zu beeinflussen. Wie das geht, können Sie, geschätzte Leser und Leserinnen, im ersten Beitrag von Marlies Hörmann-Wallner (Seite 6ff.) erfahren. Die Esskultur und die Werte, die eine Familie lebt, sind weitere wichtige Faktoren, die das Ernährungsverhalten und die Bestrebung «früh gesund essen» beeinflussen. Esskultur ist nicht statisch, sondern entwickelt und verändert sich stetig. So scheinen das wachsende ökologische Bewusstsein und der Respekt vor anderen Lebewesen den Trend zum Vegetarismus und Veganismus zu unterstützen. Eine zunehmende Anzahl Kinder wächst vegan auf. Wie das mit einer gesunden Entwicklung einhergeht und welche Rolle Fachpersonen in der Beratung übernehmen können, wird im Beitrag von Isabelle Graf vertieft (Seite 11ff.). Zentraler Bestandteil unserer europäischen Esskultur sind Getreide wie Weizen und Roggen. Diese werden mehrmals täglich in Form von Brot, Brötchen, Dessert, Pizza und Pasta verspeist. Das Angebot ist riesig, der Weizen allgegenwärtig. Aber nicht für alle verträglich: Zöliakie und Weizenallergie schränken die Nahrungsmittelauswahl stark ein und beeinflussen die Lebensqualität und den Alltag von betroffenen Kindern und ihren Familien. Informieren Sie sich im Beitrag von Julia Eisenblätter über neue Erkenntnisse rund um eine weizen- bzw. glutenfreie Ernährung (Seite 15ff.).
Ob omnivor, vegan oder weizenfrei ernährt: Ein Kind ist einfach ein Kind, das lebt, offen und aufmerksam durch die Welt geht und Reizen ausgesetzt ist, die beeinflussen, was es isst oder essen möchte. Und genau hier setzt Nudging an: Mit gezielten Veränderungen der Aussenreize wird die Nahrungsauswahl in die gewünschte Richtung gelenkt. Möglichkeiten und ihre Wirksamkeit werden im Artikel von Gertrud Winkler (Seite 19ff.) erläutert. Zuletzt aber nicht weniger wichtig: Kinder bestimmen mit, was sie essen möchten oder nicht. Wir alle kennen Kinder, die ihre Nahrungsauswahl einschränken und ein wählerisches Essverhalten entwickeln – die sogenannten Picky Eaters. Für viele Eltern eine herausfordernde und zermürbende Zeit. Glücklicherweise ist das Phänomen oft vorübergehender Natur und geht, ohne grosse Spuren zu hinterlassen, vorbei. Einige Aversionen können sehr lange bestehen bleiben, aber die Betroffenen gedeihen trotzdem gesund. Nicht so Kinder, die ARFID entwickeln. Diese relativ neue Essstörung wird im letzten Beitrag beschrieben (Seite 23ff.).
Kinder – früh gesund essen: Diese Beiträge zeigen nur einen Teil der Komplexität dieses faszinierenden Themas und bieten wertvolle Informationen und Lösungsansätze.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!
Prof. h.c. Silvia Honigmann Berner Fachhochschule Departement Gesundheit / Studiengang Ernährung und Diätetik Dozentin Murtenstrasse 10 3008 Bern E-Mail: silvia.honigmann@bfh.ch
Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 3|2020 1