Transkript
ERNÄHRUNGSTRENDS
Unterschiedliche Varianten des Fastens – Nutzen und Risiken
Peter Stehle
Zeitlich begrenztes Fasten wird heute als sinnvolle präventive und therapeutische Massnahme zur Reduktion von Risiken für die Entstehung von chronischen Krankheiten beziehungsweise zur Verminderung von Krankheitssymptomen diskutiert. Letztlich soll Fasten einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität und zur Verlängerung der Lebenszeit leisten. Ziel dieses Beitrages ist es, aktuelles Wissen zu Nutzen und Risiken von energiereduzierten Ernährungsformen darzustellen und aus der Sicht der Ernährungswissenschaft zu bewerten.
Hintergrund
Die bewusste, zeitlich begrenzte Beschränkung der Aufnahme von (fester) Nahrung (Fasten: 0 bis max. 500 kcal/Tag) ist seit je Teil der menschlichen Kulturgeschichte. Heute in unserer Gesellschaft bekannte Fastenperioden beruhen dabei auf Traditionen und Überlieferungen oder religiös motivierten Vorgaben (Tabelle 1). Die «physiologische/medizinische» Bewertung von Fasten begann nachweislich mit Hippokrates (460–377 v. Chr., der zur «Mässigkeit in allem zur Lebensverlän-
Tabelle 1:
Traditionelle Fastenperioden
Religion Buddhismus Christentum
Hinduismus
Islam
Judentum
Zeitpunkte/Dauer des Fastens Alle Vollmondtage – selbstbestimmt 40 Tage (Aschermittwoch bis Karsamstag)
Vollmond- und Neumondtage; einige Festtage; individuelle Festlegungen 28 bis 30 Tage Ramadan (Pflicht); jeden Montag und Donnerstag (freiwillig) Jom Kippur (jüdischer Feiertag); zusätzlich an Schiwa Assar beTammus, Zom Gedalja, Assara beTevet, Tischa beAv; 5 weitere Tage mit teilweisem Fasten
Vorgaben Keine feste Nahrung; einige Getränke sind erlaubt Früher: Verzicht auf Fleisch – tierische Produkte, Wein; eine abendliche Mahlzeit gestattet; Heute: meist nur Verzicht auf Genussmittel (Süssigkeiten, Alkohol) Generell 24 Stunden Verzicht auf alle Nahrung und Getränke (in abgemilderten Formen ist Trinken erlaubt) Verzicht auf Essen und Trinken von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang
Generell 24 Stunden Verzicht auf Nahrung und Getränke (von Sonnenaufgang bis Sonnenaufgang); teilweises Fasten: von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang
gerung und kleines Weh durch Fasten, nicht durch Arznei heilen» aufrief. Hildegard von Bingen (1098–1179) sah im Fasten «… wesentlich mehr als nichts essen – es öffnet Türen nach innen …». Ende des 19. und zu Beginn 20. Jahrhunderts traten mögliche therapeutische Aspekte eines (teilweisen) Verzichts auf Nahrungszufuhr in den Vordergrund: Edward Hooker Dewey (praktischer Arzt, Meadville, Pennsylvania, USA) führte zahlreiche Fastenkuren an Kranken mit fieberhaften Infekten durch; Otto Buchinger (Witzenhausen/Bad Pyrmont) behandelte seine rheumatische Arthritis unter Aufsicht von Gustav Riedlin in Freiburg erfolgreich selbst mit einer dreiwöchigen Fastenkur; F.X. Mayr (Wien) empfahl zur Sanierung («Entschlackung») des Darmes eine vierstufige Fastenkur (Schonung, Säuberung, Schulung, Substitution). In vielen Fällen wurden die ursprünglich vorgegebenen strengen Regeln (energetische «Nulldiät») deutlich abgemildert. Häufig wird – mehr oder weniger wissenschaftlich begründet – der Verzicht auf bestimmte Lebensmittel/-gruppen vorgegeben beziehungsweise empfohlen (Tabelle 1) (1, 2). Die (teilweise) vielversprechenden Erfolge dieser «spontanen», meist therapeutischen Massnahmen sowie die Suche nach einer «Wunderdiät» zur Reduzierung eines überhöhten beziehungsweise zur dauerhaften Aufrechterhaltung eines physiologisch optimalen Körpergewichts führten in den letzten 20 Jahren zu einem stetig steigenden wissenschaftlichen Interesse an energiereduzierten Kostformen. Hintergrund dieser Studien (in Ergänzung zum erwarteten Gewichtsverlust) war die Hypothese, dass eine zeitlich begrenzte, regelmässig wiederkehrende Energiezufuhr unter dem tatsächlichen Energiebedarf das Risiko für die Entstehung degenerativer Krankheiten vermindert, den Alterungsprozess verlangsamt und damit
6 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 2|2019
ERNÄHRUNGSTRENDS
zur Verbesserung der Lebensqualität und zur Verlängerung der Lebenszeit beiträgt. Im Bereich der Therapie werden Fastenperioden zur Behandlung einer Vielzahl von chronischen Krankheiten (z.B. Rheuma, Bluthochdruck, metabolisches Syndrom, Diabetes Typ 2, Krebs) diskutiert. In der Zwischenzeit sind in der Literatur verschiedene Ansätze zur Umsetzung von «Fasten» beschrieben worden (Tabelle 2).
Fasten als Präventionsmassnahme
Initiiert durch die positiven Ergebnisse in experimentellen Studien (Fruchtfliege, Nagetiere, Primaten), beschäftigten sich in den letzten Jahren mehrere Arbeitsgruppen mit der Frage, ob ein längerfristiges oder dauerhaftes intermittierendes Fasten sich auch beim Menschen möglicherweise günstig auf den Gesundheitsstatus auswirken und damit letztlich einen wirksamen Beitrag zu einem längeren Leben leisten kann (3–5), beispielsweise in Bezug auf eine verbesserte Insulinsensitivität, reduzierten oxidativen und metabolischen Stress. Tatsächlich ist es in Humanstudien nicht möglich, «Lebenszeit» als Endpunkt für die Bewertung einer (Ernährungs-)Massnahme zu definieren; grundsätzlich werden daher auch kurzfristig zu erfassende Biomarker, die in Zusammenhang mit Gesundheit beziehungsweise Lebensqualität und dem Risiko für verfrühtes Sterben stehen (sollen), herangezogen. Dies gilt auch für die Bewertung von Fasten beziehungsweise Reduktionsdiäten. In einer kürzlich publizierten Literaturübersicht bewerteten Tinsley und La Bounty (6) den Effekt von verschiedenen Ansätzen des intermittierenden Fastens auf das Körpergewicht, die Körperzusammensetzung und anerkannte Biomarker des Gesundheitsstatus. Alternate-Day Fasting (ADF; abwechselnd 1 Tag keine Energiezufuhr bzw. Zufuhr von 25% des individuellen Energieumsatzes und 1 Tag Ad-libitumErnährung) führte in den in die Auswertung aufgenommenen 12 Studien mit 8- bis 12-wöchiger Intervention bei übergewichtigen und adipösen Erwachsenen regelmässig zu einer Abnahme des Körpergewichts und der Fettmasse im Vergleich zu den jeweiligen Ausgangswerten beziehungsweise im Vergleich zu einer nicht fastenden Kontrollgruppe. Die Veränderungen in der fettfreien Körpermasse zeigten sich dagegen uneinheitlich: Nur bei Protokollen mit mindestens einem Fastentag mit null Energieaufnahme kam es zu einer signifikanten Abnahme; bei einer Energiezufuhr von 25 Prozent des individuellen Umsatzes am Fastentag wurden keine Veränderungen beobachtet. In der Mehrheit der ADF-Studien reduzierten sich (parallel zur Körpergewichtsabnahme) verschiedene kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Gesamtcholesterol-, Triglyzerid- und LDL-Cholesterolspiegel; HDL-Spiegel waren dagegen nur in einer Studie nach ADL erhöht. Whole-Day Fasting (WDF; wöchentlich 1–2 Tage totales Fasten, an den anderen Tagen keine Einschränkungen; wöchentliche Energieaufnahme unter dem
berechneten Energieumsatz) führte in den von Tinsley und La Bounty ausgewerteten sieben Studien (6) stets zu einer messbaren Abnahme von Körpergewicht und Körperfettmasse. Eine vergleichende Betrachtung von ADF und WDF ergab keine methodisch bedingten Unterschiede: Erwartungsgemäss war die jeweilige Gewichtsabnahme, unabhängig vom methodischen Ansatz, nur beeinflusst vom Ausmass der (wöchentlichen) Energiereduktion im Vergleich zum erwarteten Energieumsatz (7). Blutlipide (LDL- und TG-Spiegel) waren im Vergleich zu den Ausgangswerten beziehungsweise zur Kontrollgruppe reduziert; auch hier zeigten sich im Vergleich mit ADF keine quantitativen Unterschiede. Eine gegenwärtig in der Populärliteratur häufig vorgestellte «Fasten»-Methode ist die Vorgabe, nur 1 Mahlzeit pro Tag zu einer vorgegebenen Zeit (z.B. innerhalb von 4 h am Abend) zu konsumieren. Generell wird damit keine Energiereduktion vorgegeben; der 20-stündige Verzicht auf das Essen führt jedoch in der Praxis zu einer zumindest leicht reduzierten Energieaufnahme. In einer kontrollierten Humanstudie bei normalgewichtigen Männern untersuchten Stote et al. (8) im Cross-Over-Design die Effekte dieses Time Restricted Feeding (3 Mahlzeiten vs. 1 Mahlzeit pro Tag) auf den Verlauf des Körpergewichts und die Fettmasse. Im Vergleich zu 3 Mahlzeiten führte der Kon-
Tabelle 2:
Zeitlich begrenzte Fastenansätze in der Ernährungsmedizin
Fastenansätze (Protein-)Modifiziertes Fasten (Very Low Caloric Diet, VLCD) Heilfasten nach Buchinger
Kontinuierliche energetische Reduktion (Continuous Energy Reduction, CER) Intermittierendes Fasten: Alternate-Day Fasting, ADF
Whole-Day Fasting (WDF)
Time-Restricted Feeding
Totales Fasten (Nulldiät; Crash-Diät)
Vorgaben Max. Aufnahme von 400 bis 500 kcal/Tag (Protein, Kohlenhydrate, Fette) Erlaubt: Gemüsebrühe, Obst- und Gemüsesäfte und Honig (30 g); reichlich Getränke ärztlich betreut, stationär Tägliche Energieaufnahme 800 bis 1000 kcal unter dem Energieumsatz
Abwechselnd 1 Tag keine Energiezufuhr oder Zufuhr von 25 Prozent des individuellen Energieumsatzes und 1 Tag Ad-libitum-Ernährung Abwechselnd Tage mit Nulldiät und nicht limitierter Energieaufnahme (2/5) Tageszeitlich begrenztes Fasten (20 h «undereating», 4 h «overeating»; nur 1 Mahlzeit/Tag) Kurzzeitig (mehrere Tage) keine/geringe (max. 25% des Umsatzes) Energieaufnahme; energiefreie Getränke erlaubt
Ziele Gewichtsreduktion
Gewichtsreduktion; psychische Veränderungen, Bewusstseinsveränderungen Ziel für alle Arten der kontinuierlichen energetischen Reduktion: Gewichtsabnahme; Verlängerung der Lebenszeit; verzögerte degenerative Prozesse; Reduktion von kardiovaskulären Risikofaktoren
Schnelle Gewichtsabnahme
Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 2|2019 7
ERNÄHRUNGSTRENDS
Kurzfristiges Fasten als Therapiemassnahme ist in einigen wenigen Bereichen anerkannt und Teil der medizinischen Leitlinien.
sum von nur 1 Mahlzeit zu einer leichten Abnahme der Energieaufnahme (–65 kcal/Tag) und damit nach 8 Wochen zu einer messbaren Abnahme des Körpergewichts und der Körperfettmasse. Überraschenderweise erhöhte sich bei nur 1 Mahlzeit/Tag die fettfreie Körpermasse bis zum Ende der Intervention um zirka 1,5 kg. In einer kürzlich veröffentlichten Übersichtsarbeit bewerteten Headland et al. (9) die langfristigen (> 6 Monate) Effekte von kontinuierlicher Energiereduktion (CER) im Vergleich zu intermittierendem Fasten (ADF bzw. WDF) auf das Körpergewicht, die Körperzusammensetzung und ausgewählte Blutlipide bei übergewichtigen beziehungsweise adipösen Erwachsenen. Auch bei den hier berücksichtigten Langzeitstudien zeigte sich in der Metaanalyse eine von der Methode des Fastens (CER vs. ADF/WDF) unbeeinflusste Körpergewichtsabnahme entsprechend der Reduktion der Energieaufnahme bei gleichzeitiger Verbesserung des Blutlipidstatus. Vergleichbare Ergebnisse (keine Unterschiede in den Wirkungen von CER und ADF/WDF auf anthropometrische und biochemische Marker) berichteten Arguin et al. (10) bei übergewichtigen beziehungsweise adipösen postmenopausalen Frauen. Auch bezüglich der Konzentration an zirkulierendem Leptin zeigten CER und ADF ähnlich günstige Wirkungen (Abnahme um 20–30%) im Vergleich zur Kontrollgruppe (keine Energierestriktion) (11). Eine aktuelle randomisierte, kontrollierte Langzeitinterventionsstudie (50 Wochen: 12 Wochen Intervention, 12 Wochen Erhaltung, 24 Wochen Nachbeobachtung) bei übergewichtigen beziehungsweise adipösen Erwachsenen (n = 150) verglich die Effekte eines intermittierenden Fastens (WDF: 2 Tage Energiedefizit [–75%]/5 Tage ohne Restriktion) mit einem CER-Ansatz (tägliches Energiedefizit ca. 20%) auf anthropometrische Parameter, metabolische Biomarker und die Genexpression in Adipozyten (12). Nach der Interventionsphase lag die Gewichtsabnahme in der WDF-Gruppe etwas höher als in der CER-Gruppe (Loge relative change –7,1% vs. 5,2%) und in beiden Gruppen deutlich höher als bei den Kontrollen, die nur eine Ernährungsberatung erhielten (–3,3%); beim Follow-up nach 50 Wochen war der Unterschied zwischen den beiden Interventionsgruppen nicht mehr sichtbar (–5,2% vs. –4,9%). Die Expression von 82 ausgewählten, möglicherweise mit chronischen Krankheiten verlinkten Fettzellgenen war zu keiner Zeit unterschiedlich. In den Biomarkern zeigte sich der (bei Körpergewichtsreduktion erwartete) günstige Effekt auf Blutlipide, Insulin, Leberenzyme und Entzündungsparameter ohne Unterschiede zwischen den drei Gruppen.
Fasten als Therapiemassnahme
In den letzten Jahrzehnten wurde auf der Basis von integrativen Behandlungsansätzen intensiv zur Wirkung von (zeitlich begrenztem) Fasten bei chronisch degenerativen Krankheiten geforscht; heute ist Fasten si-
cherlich in vielen Krankheitssituationen ein anerkannter Therapieansatz (1, 13). Wissenschaftliche Evidenz (Grad A) besteht seit Jahren für den Einsatz von Fasten bei rheumatischer Arthritis (14, 15); für andere chronische Krankheitszustände (z.B. Inflammation, Bluthochdruck, Migräne, Schmerz) liegen Hinweise vor allem aus Beobachtungsstudien vor (13). Zahlreiche In-vitro-Studien und experimentelle Untersuchungen in Nagetieren lassen den Schluss zu, dass kurzfristiges Fasten die unerwünschten toxischen Effekte einer Chemotherapie, zum Beispiel die Schädigung von gesunden Zellen, möglicherweise reduzieren kann. Erste Hinweise aus Fallstudien publizierten Safdie et al. 2009 (16): Fasten bis zu 140 Stunden vor und bis zu 56 Stunden nach einer Chemotherapie führte in 6 von 10 Fällen im Vergleich zu nicht restriktiver Ernährung zu einer Verringerung von Fatigue und Schwächesymptomen und zu einer Reduzierung von gastrointestinalen Beschwerden; die erwünschte chemotherapeutische Wirkung auf den Tumor war durch das Fasten nicht beeinflusst. Erste kontrollierte klinische Studien bei Brustkrebspatientinnen bestätigten die günstigen Effekte eines kurzfristigen Fastens (24 h vor und nach einem Chemotherapiezyklus) auf die Lebensqualität im Vergleich zu Nichtfasten; zudem zeigte sich eine reduzierte hämatologische Toxizität (17, 18). Bei Krebspatienten unter platinumbasierter Chemotherapie führte kurzfristiges Fasten (> 48 h) vor und nach der Behandlung zu einer verminderten DNA-Schädigung in Leukozyten (19). Ergebnisse aus kontrollierten klinischen Studien zur Wirkung von Fasten bei Chemotherapie stehen noch aus.
Ernährungsphysiologische Bewertung
Nutzen: Jegliche Art von «Fasten» (Energieaufnahme unter dem Energieverbrauch) führt zu einer messbaren Abnahme des Körpergewichts und meist auch der Körperfettmasse. Somit ist ein zeitlich begrenztes Fasten (bevorzugt unter ärztlicher Betreuung) bei «gesunden» Übergewichtigen durchaus angebracht. Der zeitliche Ablauf des Fastens (intermittierend, andauernd) zeigt keine signifikanten Unterschiede auf die Körpergewichtsabnahme. Eine Gewichtsreduktion führt stets zu einer Verbesserung von Biomarkern (z.B. Blutlipide), die mit einem erhöhten Risiko für die Entstehung von chronischen Krankheiten verbunden werden. Ob regelmässiges Fasten (z.B. 1 Fastenperiode/Jahr) tatsächlich das Auftreten von Krankheiten langfristig vermindert oder sogar die Lebenszeit verlängert, ist bis heute nicht belegt. Kurzfristiges Fasten als Therapiemassnahme (ausserhalb der Behandlung von Fettsucht) ist in einigen wenigen Bereichen anerkannt und Teil der medizinischen Leitlinien (z.B. bei rheumatischer Arthritis). Risiken: In der grossen Mehrzahl der Humanstudien mit präventivem Design bei übergewichtigen «gesunden» Erwachsenen zeigte zeitlich begrenztes Fasten keine ernsthaften Nebenwirkungen; einige Studienteilnehmer klagten lediglich über ein gesteigertes Käl-
8 Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 2|2019
ERNÄHRUNGSTRENDS
teempfinden, Müdigkeit und leichte Kopfschmerzen. Fasten ist meist mit bekannten «kompensatorischen» Nebenwirkungen (mechanistisch: verminderter Grundumsatz, reduzierte Fettoxidation, veränderte Konzentrationen an orexigenen Hormonen; klinisch: Jo-Jo-Effekt, Wiederauftreten von Essstörungen) verbunden, wobei sich keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Ansätzen zeigen (20). Entgegen ersten Vermutungen ist eine Verschlechterung von Biomarkern der Knochengesundheit nach einer aktuellen Interventionsstudie (ADF über 6 Monate) nicht zu erwarten (21). Ernährungsprotokolle zur Erfassung der Nährstoffaufnahme wurden in den vorliegenden Studien nicht geführt beziehungsweise nicht ausgewertet; somit können keine Aussagen zum Risiko für eine Nährstoffmangelversorgung gemacht werden. Eine Risikobewertung in der therapeutischen Anwendung ist schwierig: Meist soll Fasten bereits bestehende Symptome reduzieren oder die Progression der Krankheit verlangsamen; die Verträglichkeit des Fastens ist in jedem Einzelfall zu prüfen.
Korrespondenzadresse: Prof. Dr. rer. nat. Peter Stehle Institut für Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften Ernährungsphysiologie Universität Bonn Nussallee 9 D-53115 Bonn E-Mail: pstehle@uni-bonn.de
Literatur: 1. Michalsen A, Li C: Fasting therapy for treating and preventing disease – current state of evidence. Forsch Komplementmed 2013; 20: 444–453. 2. Golbidi S, Daiber A, Korac B et al.: Health benefits of fasting and caloric restriction. Curr Diab Rep 2017; 17: 123. 3. Sohal RS, Weindruck R: Oxidative stress, caloric restriction, and aging. Science 1996; 273: 59–63. 4. Heilbronn LK, Ravussin E: Caloric restriction and aging: review of the literature and implications for studies in humans. Am J Clin Nutr 2003; 78: 361–369. 5. Mattson MP, Chan SL, Duan W: Modification of brain aging and neurodegenerative disorders by genes, diet and behavior. Physiol Rev 2002; 82: 637–672.
6. Tinsley GM, La Bounty PM: Effects of intermittent fasting on body composition and clinical health markers in humans. Nutr Rev 2015; 73: 661– 674. 7. Harvie MN, Pegington M, Mattson MP et al.: The effects of intermittent or continuous energy restriction on weight loss and metabolic disease risk markers: a randomized trial in young overweight women. Int J Obes 2011; 35: 714–727. 8. Stote KS, Baer DJ, Spears K et al.: A controlled trial of reduced meal frequency without caloric restriction in healthy, normal-weight, middleaged adults. Am J Clin Nutr 2007; 85: 981–988. 9. Headland M, Clifton PM, Carter S et al.: Weight-loss outcomes: a systematic review and meta-analysis of intermittent energy restriction trials lasting a minimum of 6 months. Nutrients 2016; 8: 354. 10. Arguin H, Dionne I, Senechal M et al.: Short and long-term effects of continuous versus intermittent restrictive diet approaches on body composition and the metabolic profile in overweight and obese postmenopausal women: a pilot study. Menopause 2012; 19: 870–876. 11. Trepanowski JF, Kroeger CM, Barnosky A et al.: Effects of alternateday fasting or daily calorie restriction on body composition, fat distribution, and circulating adipokines: secondary analysis of a randomized controlled trial. Clin Nutr 2017; 37: 1871–1878. 12. Schübel R, Nattenmüller J, Sookthai D et al.: Effects of intermittent and continuous calorie restriction on body weight and metabolism over 50 wk: a randomized controlled trial. Am J Clin Nutr 2018; 108: 933–945. 13. de Toledo FW, Buchinger A, Burggrabe H et al.: Fasting therapy – an expert panel update of the 2002 consensus guidelines. Forsch Komplementmed 2013; 20: 434–443. 14. Kjeldsen-Kragh J, Haugen M, Borchegrevink CF et al.: Controlled trial of fasting and one-year vegetarian diet in rheumatoid arthritis. Lancet 1991; 338: 899–902. 15. Müller H, de Toledo W, Resch KL: Fasting followed by vegetarian diet in patients with rheumatoid arthritis: a systematic review. Scand J Rheumatol 2001; 30: 1–10. 16. Safdie FM, Dorff T, Quinn D et al.: Fasting and cancer treatment in humans: a case series report. Aging 2009; 1: (12): 988–1007. 17. de Groot S, Vreeswijk MPG, Welters MJP et al.: The effects of shortterm fasting on tolerance to (neo) adjuvant chemotherapy in HER2-negative breast cancer patients: a randomized pilot study. BMC Cancer 2015; 15: 652. 18. Bauersfeld SP, Kessler CS, Wischnewsky M et al.: The effects of short-term fasting on quality of life and tolerance to chemotherapy in patients with breast and ovarian cancer: a randomized cross-over pilot study. BMC Cancer 2018; 18: 476. 19. Dorff T, Groshen S, Garcia A et al.: Safety and feasibility of fasting in combination with platinum-based chemotherapy. BMC Cancer 2016; 16: 360. 20. Ribeiro Coutinho S, Holli Halset E, Gåsbakk S et al.: Compensatory mechanisms activated with intermittent energy restriction: a randomized control trial. Clin Nutr 2018; 37: 815–823. 21. Barnosky A, Kroeger CM, Trepanowsky JF et al.: Effect of alternate day fasting on markers of bone metabolism: An exploratory analysis of a 6-month randomized controlled trial. Nutr Health Aging 2017; 4: 255– 263.
Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 2|2019 9