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BARIATRISCHE CHIRURGIE
Darf, soll oder muss man Adipositas therapieren?
Eine klinisch-ethische Reflexion
Tanja Krones
In diesem Beitrag wird die klinische Praxis der Adipositasprävention und -behandlung aus klinisch-ethischer Sicht beleuchtet. Nach einer Zusammenfassung der aktuellen Debatte und einer Kurzdarstellung des Konzepts der klinischen Ethik werden aktuelle Problemfelder und Dilemmata umrissen und Ansätze für eine «best practice» der Adipositasbewertung, der -prävention und der -behandlung dargestellt.
Anders als die philosophische Ethik beschäftigt sich die klinische Ethik nicht primär mit theoretischen Erwägungen, sondern mit der realen Praxis.
Die absolute und relative Zunahme von adipösen und sehr adipösen Kindern und Erwachsenen wird, wie auch in dieser Ausgabe beschrieben, nicht mehr nur allein in den USA und Europa, sondern auch in sogenannten Schwellen- und Entwicklungsländern beobachtet. (Massives) Übergewicht korreliert mit einer verkürzten Lebenserwartung, die unter anderem durch die höhere Prävalenz von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, (Prä-)Diabetes, psychischen Erkrankungen mit erhöhter Suizidgefährdung und die häufigere Inzidenz von Krebserkrankungen erklärt wird. Die Prävention der Adipositas, insbesondere bei Kindern, wird daher auch in vielen Industriestaaten als eine der zentralen Public-Health-Aufgaben definiert. Bei schon bestehender Adipositas wurde im Verlauf der letzten Jahrzehnte zudem deutlich, dass Diäten allein nur in wenigen Fällen helfen, das Gewicht deutlich zu reduzieren. Häufig gehen diese auch mit dem sogenannten Jo-Jo-Effekt, einer im Längsschnitt stetigen Gewichtszunahme trotz Diäten, einher. Auch sind die Effekte einer medikamentösen Therapie zur Gewichtsreduktion weiterhin begrenzt. In den 1960er-Jahren wurden die ersten bariatrischen Operationen bei schwer adipösen Patienten nach gescheiterten Versuchen der Gewichtsabnahme als letzte mögliche Option durchgeführt (1). Die chirurgische Intervention wurde in der ersten, primär internistisch besetzten Konsensusguideline des National Institute of Health Anfang der 90er-Jahre noch als experimentelle Therapie definiert und nicht vordringlich empfohlen (2). Wie häufig bei chirurgischen Verfahren, bei denen auch konservative oder interventionell weniger invasive Optionen bestehen, wurde die Durchführung einer randomisierten Studie mit einem chirurgischen Vergleichsarm aus «ethischen Gründen» als schwer durchführbar eingeschätzt (3). Da die Gewichtsverlusteffekte jedoch deutlich waren, stiegen die Operationszahlen zunächst langsam, dann immer
stärker an. 2007 wurden die Registerdaten der in den 90er-Jahren begonnenen, nicht randomisierten, prospektiven schwedischen Kohortenstudie (4) und einer retrospektiven amerikanischen Matched-control-Kohortenstudie (5) publiziert, die zeigten, dass durch die bariatrische Operation nicht allein ein positiver Effekt bezüglich der Gewichtsabnahme, sondern auch auf die 7-(5-) beziehungsweise 10-(4-)Jahres-Mortalität im Vergleich zu nicht operierten Patienten erzielt werden kann. 2016 war die Sleeve-Gastrektomie, die erstmals 1988 durchgeführt wurde (2), mit 340 550 rapportierten Operationen, der weltweit am häufigsten durchgeführte chirurgische Eingriff überhaupt (6). Diese Erfolgsgeschichte scheint nahezulegen, dass sich die ethischen Bedenken der Anfangszeit sozusagen in Wohlgefallen aufgelöst haben. Man könnte auf dieser Basis gar argumentieren, dass es sinnvoll ist, schwer adipösen Patienten grundsätzlich eine Operation nahezulegen, auch bevor der Patient versucht hat, durch Diäten oder Medikamente das Gewicht zu reduzieren. Sind also bereits jetzt alle ethischen Fragen beantwortet?
Ethische Aspekte in der Behandlung übergewichtiger Menschen
Anders als die philosophische Ethik beschäftigt sich die klinische Ethik nicht primär mit theoretischen Erwägungen, sondern mit der realen Praxis (7). Sie ist sozusagen der Zwilling einer richtig verstandenen evidenzbasierten Medizin, die auf der kritischen Evaluation der Studienevidenz, dem selbstreflexiven Einbezug der klinischen Erfahrung und der sorgfältigen Eruierung der Werte des Patienten in einem gemeinsamen Entscheidungsfindungsprozess beruht (8, 9). Hierbei kann man drei Handlungsfelder unterscheiden: a) Ethisches Dilemma: Dies sind keine Win-win-Fragestellungen, aus denen man nicht herauskommt,
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ohne ein ethisch relevantes Prinzip zu verletzen oder ohne einen negativen Effekt auf einen direkt betroffenen Akteur zu haben. Es sind daher Abwägungen notwendig, die auf struktureller Ebene durch Schaffung und Nutzung ethischer Entscheidungsfindungsstrukturen gefördert werden. b) Ethisches Problem: Hierbei sind sich alle Beteiligten, die guten Willens sind, einig, dass eine Verletzung von ethischen Prinzipien oder der moralischen Integrität eines Akteurs erfolgt, wenn eine bestimmte Handlung durchgeführt wird, sodass diese möglichst auf der individuellen Ebene verhindert werden sollte. Zudem sollten systematische Anreize für ethische Probleme auf organisationsethischer Ebene im Sinne einer «Ethik-Prävention» minimiert werden. c) Ethische «best practice»: Das ultimative Ziel der klinischen Ethik ist es, alle Akteure und Strukturen zu unterstützen, die eine ethisch hochwertige Praxis ermöglichen, über deren Charakteristika wir uns weitgehend einig sind. Ihr Beitrag besteht darin, relevante ethische Prinzipien wie Patientenautonomie, NichtSchaden, Wohltun und Gerechtigkeit realisieren zu helfen und Haltungen zu fördern, die ein nachhaltiges, faires, patientenorientiertes Gesundheitswesen stützen. Im Sinne der sokratischen Tradition kommt der klinischen Ethik zunächst die Aufgabe zu, die richtigen Fragen zu stellen, Begriffe zu klären, Wertungen in vermeintlich rein faktischen Beschreibungen kenntlich zu machen, Argumente zu differenzieren und so den Prozess der ethischen Entscheidungsfindung zu fördern, statt (insbesondere vorschnell) «ethisch geprüfte» Antworten zu geben. Dies gilt auch in Bezug auf die Bewertung von Prävention, Diagnostik und Therapie der Adipositas.
Aktuell ethisch relevante Fragen
Viele Artikel, die sich mit der Behandlung der Adipositas befassen, beschreiben die Entwicklung der Zunahme von Menschen mit hohem Körpergewicht als «Epidemie», einige sprechen gar von einer «Zeitbombe» (10). Die Verwendung dieser Begriffe legt nahe, dass die Adipositas als Erkrankung sogar mit Ansteckungspotenzial («Epidemie») oder als hohes Risiko für einen fast sicher eintretenden grossen Schaden («Zeitbombe») aufgefasst wird, die dementsprechend mit allen Mitteln entschärft werden muss. Die Frage ist, um in diesem Bild zu bleiben, wer die Bombe genau wohin gelegt hat und wie diese bestmöglich entschärft werden soll. Diäten, Medikamente und Operationen suggerieren zudem, dass das Problem, wenn nicht unbedingt durch den Patienten verursacht, so doch durch den Patienten selbst behoben werden kann und soll. Viele Präventionsprogramme fokussieren auf Verhaltensprävention, indem zu gesundem Essen und mehr Bewegung geraten wird, um die Entstehung der Adipositas zu verhindern. Es werden Modelle im Krankenversicherungssystem diskutiert, durch Prämien Anreize oder Bestrafungsformen zur Verhinderung der Adipositas zu etablieren. Zu-
satzversicherer lehnen übergewichtige Patienten gar ab (11). Eltern, deren Kinder übergewichtig sind, werden angehalten, Verhaltenspräventionsmassnahmen umzusetzen. Bei deren Scheitern werden auch Sanktionen bis hin zur Einschaltung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) initiiert, die zu ersten Gerichtsentscheiden geführt haben (12). Eine reflektierte Analyse der Evidenz unter Einbezug komplexerer Kausalitätsmodelle auch genetischer und sozialepidemiologischer Provenienz zeigt jedoch, dass diese Art der Darstellung zu kurz greift, nicht bestmöglich abgewogen ist und auch Schadenspotenzial beinhaltet. Bezüglich der Entstehung der Adipositas ist vielfach nachgewiesen, dass genetische Faktoren, sozialer Status, die Nahrungsmittelindustrie, bestimmte Medikamentenregime bei der Diabetesbehandlung, bestimmte Erkrankungen und auch die Stigmatisierung zur Zunahme des individuellen Körpergewichts und zur Zunahme des Anteils von übergewichtigen Personen führen (13–16). Statt allein auf eine individuelle Verhaltensprävention zu setzen, wäre eine Verhältnisprävention (beispielsweise Zuckerbesteuerung, Verringerung von sozialer Ungleichheit, Bekämpfung der Stigmatisierungstendenzen) auch aus ethischer Perspektive ein wichtiger Beitrag zur Verringerung des Anteils und Erhöhung der Lebensqualität stark übergewichtiger Menschen. Die Nahrungsmittelindustrie entwickelt gross angelegte Strategien, um die wissenschaftliche und öffentliche Debatte weg von den zuckerangereicherten Nahrungsmitteln als Ursache der Zunahme stark adipöser Menschen in Richtung individueller Schuld und Verantwortung zu lenken (17–19). Es ist nachgewiesen, dass eine massive Adipositas einen Einfluss auf die Lebenserwartung und Lebensqualität hat und dass die bariatrische Chirurgie, gerade wenn Patienten in multiprofessionellen Teams mit Einbezug psychosozialer Unterstützung über lange Zeit betreut und durch erfahrene Operateure operiert werden, einen objektiven gesundheitlichen Nutzen inklusive einer subjektiv gestiegenen Lebensqualität bringen kann. Einfache Kausalitätsmodelle (Übergewicht macht Diabetes macht Herz-Kreislauf-Erkrankungen, was zu vorzeitigem Tod führt) greifen jedoch in vieler Hinsicht zu kurz. Um nur ein Problem dieser Art von Kausalitätsdarstellung zu nennen: Im Verhältnis zu normalgewichtigen Personen haben übergewichtige Menschen (Body-Mass-Index [BMI] von 25–30) eine insgesamt niedrigere Mortalität (20) und überleben häufiger einen Herz-Kreislauf-Stillstand (21). Der Effekt der Stigmatisierung von übergewichtigen und schwer adipösen Menschen insgesamt und vor allem durch das Gesundheitspersonal hat starke Auswirkungen auf verschiedene gesundheitlich relevante Parameter und Prozesse, unter anderem kommt es zur Unterversorgung bezüglich bestimmter Krebsvorsorgeuntersuchungen, welche das Gesundheitsfachpersonal weniger häufig als bei normalgewichtigen Personen durchführt (14). Daher ist nicht ausgeschlossen, dass der berichtete Langzeiteffekt der bariatrischen Chirurgie auf die Mortalität (4, 5) im Wesentlichen
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Abbildung: Absolute Risiken und absolute Risikoreduktion der Mortalität (gemäss [4, 10])
Darstellung des Behandlungseffektes 10 Jahre nach bariatrischer Operation bei Frauen mit BMI über 38 und Männern mit einem BMI über 34. Blaue Umrahmung: verstorbene Patienten insgesamt, orange = gerettete Patienten durch bariatrische Chirurgie, weitere Gesichter = Überlebende mit und ohne bariatrische Chirurgie
durch die konsekutive stärkere Gewichtsabnahme der operierten Gruppe und die damit verbundene grössere Abnahme der Stigmatisierung zustande kommen könnte. All dies macht grundsätzlich nachdenklich, ob der derzeit eingeschlagene Weg, das Phänomen «Zunahme der Adipositas» primär medizinisch zu definieren und immer mehr Patienten medikamentös oder durch bariatrische Chirurgie eine Gewichtsabnahme zu ermöglichen, trotz nachgewiesenen positiven Wirkungen insgesamt ethisch bestmöglich abgewogen ist. Zumindest sind vorsichtigere Analysen geboten, die auch auf Probleme und Dilemmata der derzeitigen Praxis hinweisen.
Ethische Probleme und Dilemmata
In der klinischen Praxis stellen sich sowohl auf Individual- als auch auf Systemebene eine Vielzahl ethischer Fragen. Unstrittig ist, dass wir gemeinsam dafür sorgen müssen, die Stigmatisierung und die Diskriminierung adipöser Menschen im Gesundheitswesen und den Einfluss der Nahrungsmittelindustrie auf die wissenschaftliche Community als zentrale ethische Probleme zu bekämpfen. Statt die Komplexität der Kausalitäten und Wirkungen zu negieren, gilt es aus ethischer Perspektive, diese zu reflektieren und in die politischen Diskussionen um angemessene Strategien der Adipositasprävention und -behandlung einzubringen. Dazu zählt auch, den Fokus nicht allein auf die Verhaltens-, sondern auch auf die Verhältnisprävention zu lenken, und das «inverse care law» der sozialen Ungleichheit bei der Adipositas nicht noch zu verstärken, indem beispielsweise Krankenkassenprämien für adipöse Menschen erhöht werden. Legt man die Studiendaten der Effekte dietätischer, medikamentöser und chirurgischer Massnahmen zugrunde und bezieht man Patienten ernsthaft gemäss dem Modell der gemeinsamen Entscheidungsfindung (engl. «shared decision making», [vgl. 9, 22]) in die Behandlungsentscheidung ein, stellen sich bei jeder Behandlung schwierige Fragen, die teilweise einem Dilemma gleichkommen, beispielsweise diese: «Kann ich einem schwer adipösen 23-jährigen Patienten, der
den grossen Wunsch nach möglichst baldiger, effektiver Gewichtsabnahme hat, der aber noch nie in engmaschiger ernährungsmedizinischer Betreuung war, primär die Operation empfehlen?» Oder aber, aus Sicht jedes schwer adipösen Patienten, dem nach erfolglosen Versuchen der konservativen Gewichtsabnahme eine Operation empfohlen wird, diese: «Soll ich das akute operative Risiko inklusive einer möglicherweise leicht erhöhten Frühmortalität (4) 90 Tage nach Operation zugunsten der sehr wahrscheinlich zu erwartenden Gewichtsabnahme und einer um zirka 1 Prozent erniedrigten absoluten Gesamtmortalität in 10 Jahren in Kauf nehmen?» Oder: «Wie kläre ich als Arzt meine schwer adipöse, sozial mit wenig Ressourcen ausgestattete 30-jährige Patientin, die zigfach versucht hat, abzunehmen, sich neben einer höheren Lebensqualität und gesundheitlichen Verbesserungen vor allem ein anderes Aussehen und einen Lebenspartner wünscht, darüber auf, dass nach massiver Gewichtsabnahme Hautfalten entstehen, die sehr entstellend erscheinen können, die plastische Chirurgie zu ihrer Verminderung jedoch nicht von den Krankenkassen gezahlt wird?» Oder diese: «Sollen wir als Behandlungsteam, gemeinsam mit der KESB, eine schwerst adipöse 13-jährige Jugendliche, die sehr an ihren Eltern hängt, diese jedoch wie sie selbst psychiatrisch sehr auffällig sind, und die Patientin, wenn sie phasenweise zu Hause ist, weiter massiv an Gewicht zunimmt, aus ihrem Elternhaus herausnehmen und dauerhaft in eine Pflegefamilie geben?» All diese zum Teil dilemmatischen Fragen kann man nicht beantworten, ohne sorgfältig in jedem individuellen Fall bestmögliche Abwägungen zu ermöglichen. Aber auch diese werden uns die teilweise schmerzhaften Entscheidungen nicht abnehmen. Dies ist der Kern eines Dilemmas, welches man nicht auflösen, sondern nur bestmöglich unter zentralem Einbezug der Betroffenen abwägen kann, die Entscheidung möglichst gemeinsam versucht, zu tragen und nach einer angemessenen Zeitspanne zu reevaluieren.
Ansätze einer «best practice»
Ungeachtet der geschilderten Schwierigkeiten kann abschliessend konstatiert werden, dass einige Ansätze, neben dem Ansprechen und Lösen der oben angeführten eindeutigen ethischen Probleme und der Stärkung eines kritisch reflektierten Blicks auf die komplexen Kausalzusammenhänge, sicher dazu beitragen können, die Behandlung schwer adipöser Patienten weiter zu optimieren. Neben den bereits oben angesprochenen Kriterien eines umfassenden multiprofessionellen, langfristig ausgerichteten «bio-psycho-sozialen» Behandlungskonzepts sollte die gemeinsame Entscheidungsfindung unter Einbezug evidenzbasierter Entscheidungshilfen (23) für die Frage der individuell sinnvollen Behandlungsoption in die Routine der Adipositasbehandlung Einzug halten. Seit vielen Jahren ist bekannt, dass die Patientenautonomie gerade bei präferenzsensitiven Entscheidungen deutlich gestärkt werden kann, wenn Behandlungsteams die
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spezifischen kommunikativen Fertigkeiten des Shared-Decision-Making ein Leben lang verbessern und Patienten mittels evidenzbasierter Entscheidungshilfen informiert werden, die auch für die Frage «Bariatrische Operation ja oder nein?» entwickelt werden (23–25). Ein Element ist die Darstellung der Evidenzen in absoluten Risiken, welche sowohl Patienten als auch Gesundheitsfachpersonen besser verstehen als andere Arten der Information über Therapieeffekte. Stellt man beispielsweise die relevanten Ergebnisse zur Mortalität aus der schwedischen Studie in dieser Form dar, sieht dies in der Form einer Entscheidungshilfe wie in der Abbildung aus. Auch wenn der Effekt statistisch signifikant und ein geretteter Patient auf 100 extrapoliert auch für einen 10-Jahres-Zeitraum klinisch relevant erscheint, setzt diese Darstellung die Zahlen in ein lebensweltlich verständliches Verhältnis. Da nicht allein die Langzeitmorbidität für die Patienten relevant ist, sondern natürlich auch positive Effekte auf Lebensqualität, mittel- und langfristige Gewichtsreduktion und andere Folgen sowie kurzfristige eingriffsbedingte Morbiditäten und Mortalitäten, müsste eine relevante Entscheidungshilfe für unseren Kontext auch diese Zahlen in angemessener Darstellung beinhalten und Anreize für die Abwägung mit Patienten geben. Vielleicht bietet dieses Heft den Anreiz, eine solche Entscheidungshilfe für den deutschsprachigen Raum interprofessionell zu entwickeln.
Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Dipl. Soz. Tanja Krones Leitende Ärztin Klinische Ethik Universitätsspital/Universität Zürich Institut für Biomedizinische Ethik und Medizingeschichte Gloriastrasse 31 8091 Zürich E-Mail: tanja.krones@usz.ch
Danksagung: Die Autorin dankt Prof. David Klemperer, Regensburg, für den wertvollen Input zur aktuellen Diskussion in der Public Health Community zum Einfluss der Nahrungsmittelindustrie auf die wissenschaftliche Debatte.
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