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ERNÄHRUNG DES BETAGTEN MENSCHEN
Ernährungstherapie in der Akutgeriatrie anhand eines Fallbeispiels
Fabienne Schaller
Fabienne Schaller
Die Ernährungsberatung sieht sich bei der Therapie älterer Menschen häufig mit komplexen Situationen konfrontiert. So sind bei geriatrischen Patienten im Akutspital oftmals multiple Erkrankungen vorhanden, und es müssen weitere Begleitumstände wie die soziale Situation oder kognitive Fähigkeiten neben den eigentlichen Erkrankungen als Ätiologie für Ernährungsprobleme erkannt werden. Im folgenden Beitrag wird die Komplexität der Ernährungstherapie bei multimorbiden älteren Patienten im Spital anhand eines Fallbeispiels mit Verweisen zu den aktuellen Leitlinien und Erkenntnissen aus der Praxis beschrieben.
Rolle der Ernährungsberatung bei älteren Menschen
Die Ernährungsberatung hat vielseitige Aufgaben im Bereich der Geriatrie (Kasten). Als Hauptbehandlungsgrund wird häufig die Mangelernährung gesehen. Sie hat jedoch auch weitere Indikationen bei geriatrischen Patienten, bei welchen sie deren Gesundheitszustand positiv beeinflussen kann (z.B. nach gastrointestinalen Operationen, angepasst an die metabolische Lage [z.B. Refeeding-Syndrom], Defäkationsprobleme).
Screening und Assessment
Das Screening einer Mangelernährung ist ein wichtiger Teil in deren Erkennung und Behandlung. Die ESPENLeitlinie für klinische Ernährung in der Geriatrie (2) empfiehlt, alle älteren Personen, unabhängig von einer spezifischen Diagnose, routinemässig auf eine Mangelernährung zu untersuchen. Miteingeschlossen sind übergewichtige und adipöse Patienten, da bei diesen ebenso eine Mangelernährung auftreten kann. Die Untersuchung sollte mit einem validierten Screening-Tool erfolgen. Bei einem Risiko für Mangelernährung gehen die Massnahmen laut der DGEM-Leitlinie für klinische Ernährung in der Geriatrie (3) und der ESPEN-Leitlinie für klinische Ernährung in der Geriatrie (2) über reine Ernährungsanpassungen hinaus. So sollte eine individuelle Ernährungstherapie von einer/m qualifizierten Ernährungsberater/in (BSc/HF SVDE) durchgeführt werden. Validierte Screening-Tools sind beispielsweise NRS (Nutrition Risk Score) und MNA (Mini Nutrition Assessment). Aus eigener Erfahrung zeigt sich, dass geriatrische Patienten im Akutspital von einem frühzeitig durchgeführten Screening profitieren (< 48 h nach Eintritt), da Risiken rascher erkannt und früher ernährungstherapeutisch behandelt werden kann.
Fallbeispiel
Beim vorliegenden Fallbeispiel Frau C. waren folgende Informationen beim Eintritt verfügbar: 72 Jahre, ledig, keine Kinder, drei Brüder ohne Kontakt, im Altersheim wohnend. Die Einweisung erfolgte aufgrund einer geriatrisch, akut rehabilitativen Komplexbehandlung nach Anlage eines protektiven Ileostomas und danach erschwertem postoperativen Kostaufbau. Hauptdiagnosen: Adeno-CA Zökum (ED 1/18), entdeckt bei routinemässiger Koloskopie, Verschlechterung des Allgemeinzustandes seit 2 Jahren. Laut Patientin erfolgte eine: Hemikolektomie rechts mit protektivem doppelläufigem Ileostoma (Rückverlegung geplant), und eine Trelumina bei V.d. auf Gastroparese (postoperativ) mit rezidivierendem Erbrechen sowie bisher ungenügendem Kostaufbau per os. Nebendiagnosen: V.d. auf pseudomembranöse Kolitis (multiples pilzförmiges Ulcera Colon), Bakteriämie mit Antibiotika behandelt. Hat Clostridium difficile und flüssigen Stuhlgang mehrmals täglich (High-OutputStomaverlust > 1500 ml/Tag), akute bis chronische Niereninsuffizienz (GFR 9), COPD Grad 2, Diabetes mellitus Typ 2 beziehungsweise diabetische Stoffwechsellage, Sarkoidose Stadium II (Nephrokalzinose) und St. nach rezidivierender Soor-Ösophagitis. Medikamente: Insuman Rapid (NSS), Nephrotrans 11-1-0, Kalium Effervetten 1-0-1-0, Pantozol 1-0-0-0, Optifibre 1-1-1-1 ML, Imodium lingual 1-1-1-0. Zuweisung zur Ernährungsberatung: Weiterführung der Ernährungstherapie nach Übertritt vom Akutspital ins eingewiesene Spital (NRS von 5). Aufgrund des Ergebnisses von fünf Punkten wurde die Ernährungsberatung involviert. Die Reevaluation des Screenings nach Übertritt ergab einen NRS von vier Punkten. Die unterschiedliche Punktzahl der beiden Screenings ist durch die Verbesserung der Energie-
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und Nährstoffabdeckung über die enterale Ernährung zu erklären. Ein detailliertes Ernährungsassessment erfolgte anschliessend durch die Ernährungsberatung. Ernährungsassessment bei Frau C Anthropometrische Daten: Grösse: 152 cm, Gewicht: 81 kg, Body-Mass-Index (BMI): 35,1 kg/m2, Gewichtsverlauf: –13 kg in 2 Jahren (Gewicht vorher 94 kg) Ernährungsanamnese Aufnahme/Zufuhr: zu 75 Prozent über die Sonde (56 g, entspricht 70% der täglichen Proteinzufuhr), per os nicht quantifizierbar. Kenntnis/Überzeugung: Patientin ist der Ansicht, sie habe nie mehr richtig gegessen und müsse auch nicht mehr richtig essen. Unklar ist immer wieder, ob die Patientin froh wäre, weiter abzunehmen. Allergien: Anamnestisch: Nüsse, diverse Früchte (unklar, welche genau). Ernährungsbezogene Lebensqualität: Patientin gibt an, seit 2 Jahren nicht mehr (richtig) gegessen zu haben. Pflegezentrum kann diesbezüglich nur wenig Auskunft geben. Die Pflegenden sagen, Frau C. esse sehr wenig zu den Hauptmahlzeiten (rund ⅛ vom Teller) und trinke zwischendurch Cola und Trinknahrung. Die Patientin hat in der Beratung «gut ernährt» zu sein, als Ziel angegeben. Biochemische Daten Labor: Rezidivierende Hyponatriämien, St. n. Hypokaliämien (substituiert), metabolische Azidosen (pH 7,21, Bikarbonat 17,1 mmol/l, pCO2 5,88 kPa), Harnstoff 10,9 mmol/l, Kreatinin 188 µmol/l, Serum-Osmolarität: 348 mmol/l, zeitweise GFR 8 ml/min. Bilanz: schwierig einschätzbar, da nicht alle Angaben vorhanden sind. Meist über 1500 ml/Tag flüssiger Output über das Stoma, das undicht ist, dadurch Wundveränderung. Vermutlich ist die Bilanz negativ, da Verlust über Ileostoma und wenig orale Aufnahme sowie Verschlechterung der Nierensituation. Ernährungsbezogene körperliche Befunde: Body-Impedanzanalyse als Einfachmessung aufgrund der Dehydratation nicht beurteilbar (Körperzellmasse und Phasenwinkel sind falsch tief), Wasserverteilung gibt jedoch Hinweise auf Dehydratation. Schluckfunktion: immer wieder fraglich, nach Logopädie keine Dysphagie, Patientin gibt Schmerzen beim Schlucken an (Soor). Zahnstatus: gut. Appetit: laut Patientin keiner. Stuhlgang: flüssiges Stomaoutput, Stoma häufig nicht dicht (verätzte Stellen).
Ernährungstherapeutische Behandlung
Aus dem Ernährungsassessment ergaben sich mehrere Probleme, welche ernährungstherapeutisch verbessert werden könnten (Tabelle). Die Probleme wurden nach NCPT-(Nutrition Care Process Terminology-)Standards formuliert und priorisiert. Im Anschluss wurde für jedes Ernährungsproblem ein Interventionsplan inklusive Zielsetzung getroffen. Die Zielsetzung berücksichtigte die vorhandenen Leitlinien zur Ernährung älterer Menschen in einer Akutsituation (3). Zwar steht meist die Verbesserung des
Ernährungszustands auf oralem Weg im Vordergrund. In einigen Situationen, wie bei Frau C., ist jedoch eine Ergänzung
Thérapie nutritionnelle en gériatrie aiguë
durch eine enterale oder auch parenterale Ernährung nötig, um die klinische Situation des Patienten zu verbessern.
Mots-clés: dépistage et évaluation – interventions nutritionnelle – diagnostics nutritionnels
Als mögliche Parameter zur Überprüfung der Ernährungsinterventionen schlägt die Leitlinie eine adäquate Nahrungsaufnahme, Erhalt oder Steigerung des Kör-
Le conseil nutritionnel chez la personne âgée peut souvent être confronté à des situations complexes. L’article fait le point sur la thérapie nutritionnelle chez le patient âgé multimorbide hospi-
pergewichts und Verbesserung des funk- talisé, à partir d’un cas tiré de la pratique, et en
tionalen und klinischen Outcomes vor.
se référant aux directives actuellement en
Die in der Tabelle genannten Ernährungs- vigueur ainsi qu’aux constatations provenant de
diagnosen wurden der Evaluation entspre- la pratique.
chend im Verlauf der Ernährungstherapie
angepasst und unterschiedlich priorisiert.
Es war das oberste Ziel, die Befunde der ersten beiden
Diagnosen zu verbessern. Die weiteren Ernährungs-
probleme sollten später angegangen werden.
Mit einer besseren Stuhlkonsistenz, reduzierter Stuhl-
menge, einem adäquaten Flüssigkeitsmanagement so-
wie einer gesteigerten oralen und enteralen Ernäh-
rung konnte Frau C. ihren Ernährungszustand
verbessern. Nach Ende der enteralen Ernährung ver-
schlechterte sich die Kalorien- und Proteinabdeckung
über die orale Nahrungsaufnahme sowie von Nah-
rungszusätzen auf etwa 50 Prozent. Es zeigte sich, dass
vor allem die Einstellung der Patientin gegenüber
einer Steigerung der oralen Aufnahme nur ungenü-
gend beeinflusst werden konnte. Die Patientin konnte
den Zusammenhang der verbesserten oralen Nah-
rungsaufnahme auf den Ernährungszustand und der
Reduktion des Stomaoutputs nicht ausreichend ver-
stehen. Eine Ileostoma-Rückverlegung ist nach Aus-
tritt der Patientin, und zurück ins Altersheim, in
wenigen Monaten geplant.
Kontinuität
Die Ernährungsberatung legt Wert darauf, dass die begonnenen Massnahmen nach Spitalaustritt weitergeführt werden können. Auch die ESPEN-Leitlinie für
Kasten:
Rolle der Ernährungsberatung bei älteren Personen
• Initiierung und Koordination von Ernährungsscreening-Programmen zur Identifizierung des Risikos und der Risikofaktoren einer Mangelernährung.
• Entwicklung von evidenzbasierten Standards, Prozessen sowie Vorgaben für das Qualitätsmanagement der Ernährungsberatung.
• Hilfestellung bei der Entwicklung von nationalen Ernährungsempfehlungen und -richtlinien für ältere Menschen in Akutsituationen (z.B. Spitäler) und für die ältere Bevölkerung generell (Prävention).
• Beitrag zur Verbesserung des Ernährungswissens rund um die ältere Bevölkerung in der Ausbildung von Gesundheitsfachpersonen.
• Erfüllen gerontologischer Ernährungsbedürfnisse zum Erhalt der Gesundheit und zur Vorbeugung von Erkrankungen.
• Förderung der geriatrischen Ernährungsforschung durch Initiierung und Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten in diesem Gebiet. (übersetzt nach dem Positionspapier der EFAD, 2017 [1])
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ERNÄHRUNG DES BETAGTEN MENSCHEN
Tabelle:
Ernährungsbehandlung im Überblick
Nr. Ernährungsdiagnose
Ernährungsinterventionen
Ernährungsmonitoring
Ziel Verordnung/Intervention
1 Veränderte gastrointestinale
Reduktion des Stomaoutputs
Nahrungsergänzungsmittel
Bilanz
Funktion aufgrund High-Output-Stoma Verbesserung der Stuhlkonsistenz (reich an löslichen Nahrungsfasern)
Flüssigkeitszufuhr (Menge,
nach Ileostomie, gesehen an flüssigem Angepasste Flüssigkeitsaufnahme/ Aufbau oraler Nahrungsaufnahme
Zusammensetzung)
Stomaoutput > 1,5 l/Tag, 348 mmol/l,
-zufuhr (oral, i.v.)
(Berücksichtigung des Nahrungsfaser- Laborwerte (Elektrolyte, Nierenfunktion,
Serum-Osmolarität und veränderter
Verminderung der Hautschädigung gehaltes)
Serum-Osmolarität) und BIA
Nierenfunktion (GFR 8 ml/min)
Verminderung der Mortalität/
Antidiarrhoika
(Body-Impedanzanalyse)
Morbidität (Nierenversagen)
Flüssigkeitsbilanz
Stuhlkonsistenz und Menge (Stuhl-
durch Verbesserung der Nieren- Versorgung mit i.v.-Flüssigkeit und
protokoll)
funktion (GFR) und der serum-
Flüssigkeiten per oral
Einnahme des Nahrungsergänzungs-
isotonischen Osmolarität
Engmaschige Kontrolle der
mittels
Laborwerte (Elektrolyte)
Nahrungsfaseraufnahme
Koordination und Rücksprachen
Hautverhältnisse
mit involvierten Diensten (Ärzte, Pflege)
2 Veränderte gastrointestinale Funktion
Verbesserung der Gastroparese Koordination und Rücksprachen
Emesis
aufgrund V.d. auf postoperative Gastro- Verringerung von Emesis und
mit involvierten Diensten
Nausea
parese, gesehen an Nausea, Emesis
Nausea
(Ärzten) bzgl. Medikation und
Einnahme der Medikation
medizinischer Massnahmen bzgl.
der Gastroparese
3 Unzureichende Zufuhr enteraler
100% Energie- und Nährstoff-
Empfohlene Energiezufuhr:
Berechnung der enteralen und oralen
Sondennahrung, da Zielsetzung des
abdeckung
1950 kcal (24 kcal/kg/KG)
Energie- und Proteinaufnahme
oralen Kostaufbaus. Zurückhaltende
Empfohlene Proteinzufuhr:
(Essprotokoll)
Steigerung der Flussrate und Nährstoff-
81 g (1 g/kg/KG)
Enterale Ernährung (Fliessgeschwindig-
dichte des Sondenkostproduktes aufgrund
Wechsel des Sondenkostproduktes
keit, Volumen, Verträglichkeit
bereits flüssigem Stuhlgangs, das zeigt
auf ein niedermolekulares
Nausea, Emesis)
sich an eine berechneten Kalorien- und
Beibehalten der Fliessgeschwindigkeit,
Proteinabdeckung von nur 50% des
aber Steigerung des Volumens der
berechneten Bedarfs.
enteralen Ernährung
Koordination und Rücksprachen mit
involvierten Diensten (Ärzte, Pflege)
4 Schluckschwierigkeiten aufgrund
Verbesserung der Schluck-
Modifikation der Konsistenz der
Logopädische Beurteilung
rezidivierenden enoralen Soors,
funktion
Nahrungsmittel (weiche Kost)
Patientenempfinden (Schmerzen)
erkennbar an einer reduzierten
Anpassung der Konsistenz
Soormedikamente
berechneten Nahrungsaufnahme,
Empfehlung einer logopädischen
Vermeidung gewisser Lebensmittel
Abklärung
Koordination und Rücksprachen mit
involvierten Diensten (Ärzte, Pflege,
Logopädie)
5 Ungewollter Gewichtsverlust aufgrund 100% Energie- und Nährstoff-
Beigezogene Leitlinie (ESPEN Guideline Berechnung der enteralen und
kataboler Erkrankung (Zökum-CA),
abdeckung
Clinical Nutrition in Geriatrics, 2018) oralen Energie- und Proteinauf-
gesehen an Gewichtsverlust von 10%/ Stabilisierung des Gewichts
Empfohlene Energieaufnahme:
nahme (Essprotokoll)
3 Monaten (Ref. > 7,5%/3 Mt.) und
1950 kcal (24 kcal/kg/KG)
Einnahme der Trinknahrungen
ungenügender Aufnahme
Empfohlene Proteinaufnahme:
Gewicht, BIA
81 g (1 g/kg/KG)
Modifikation des Energie-, Protein-
und Fettgehalts der Mahlzeiten durch
Anreicherung
Einsatz von oralen Trinknahrungen
Kombination der enteralen und oralen
Ernährung
Koordination und Rücksprachen mit
involvierten Diensten (Ärzte, Pflege,
Diätküche)
Fortsetzung Tabelle nächste Seite
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ERNÄHRUNG DES BETAGTEN MENSCHEN
Fortsetzung Tabelle:
Ernährungsbehandlung im Überblick
Nr. Ernährungsdiagnose
Ernährungsinterventionen
Ernährungsmonitoring
Ziel Verordnung/Intervention
6 Malnutrition aufgrund chronischer
100% Energie- und Nährstoff-
siehe Nr. 5
siehe Nr. 5
Erkrankung sowie Veränderung der
abdeckung
Struktur des Gastrointestinaltraktes mit Stabilisierung des Gewichts
Auswirkung auf den Appetit, erkennbar
an einem Gewichtsverlust von 10%/
3 Monaten (Ref. > 7,5%/3 Mt.)
und geschätzter Energieaufnahme
< 50–75% des berechneten Energie- bedarfs 7 Limitierte Akzeptanz von Nahrungsmitteln Verbesserung der oralen Ernährungsedukation (Wichtigkeit Einnahme von Nahrungsmitteln aufgrund Selbsteinschränkung von Aufnahme der Steigerung der oralen Aufnahme, (Essprotokoll) Nahrungsmittelaversionen hinsichtlich Gewichtsstabilisierung, Lebensmittelauswahl spezifischer Nahrungsmittel Flüssigkeitshaushalt) Akzeptanz/Ablehnung gegenüber (einige Früchte und Schokolade). Ernährungsberatung der Behandlung Hat Angst vor einigen Nahrungsmitteln (motivierende Gesprächsführung) sowie Misstrauen gegenüber dem Erweiterung der Auswahl durch Einsatz/ Behandlungsteam Aufbau einzelner Nahrungsmittel 1 und 2: Hohe Priorität = sollte zwingend bis Austritt behoben sein 3 und 4: Mittlere Priorität = sollte, wenn möglich, bis Austritt behoben sein 5 bis 7: Tiefere Priorität = kann im Verlauf noch behoben werden klinische Ernährung in der Geriatrie (3) empfiehlt, die Kontinuität der Ernährungstherapie aufrechtzuerhalten. Im Fall von Frau C. bedeutete dies, dass das Altersheim und die Institution, welche für die Rückverlegung des Ileostomas zuständig war, einen ausführlichen Austrittsbericht erhielt, in welchem der Verlauf der Ernährungstherapie und die bestehenden Ernährungsprobleme geschildert wurden. Es wurde darum gebeten, die Patientin weiterhin ernährungstherapeutisch zu betreuen und ihren Gewichtsverlauf, die Nahrungsaufnahme und das Stomaoutput regelmässig zu überprüfen. Das vorliegende Fallbeispiel widerspiegelt eine komplexe Ernährungssituation, in welcher die Ernährungsberatung vernetzt arbeitet. Häufig ist diese bei den Ernährungstherapien älterer Menschen im Akutspital Schnittstelle zwischen dem Patienten, Angehörigen, Ärzten, Pflegenden und anderen Therapeuten, der Küche sowie externen Institutionen und Diensten, um eine bedarfsgerechte Ernährung sicherzustellen. Ausblick Die Ernährungsberatung erlebt im Alltag, wie Ressourcen, aber auch Hindernisse die Therapie beeinflussen. Einige Hindernisse betreffen die bei der Bevölkerung und den Betreuenden teilweise vorhandenen inkorrekten Ernährungsinformationen. Dazu gehört beispielsweise falsches Ernährungswissen, welches dazu führt, dass sich Patienten in der Ernährung stark einschränken (z.B. nicht abgeklärte Allergien, Unverträglichkeiten, Diäten, nicht seriöse Empfeh- lungen zur «gesunden Ernährung», welche nicht mehr auf die Patientengruppe zutreffen). Erschwert ist die Beratung auch bei ökonomisch, sozial oder medizinisch schwierigen Verhältnissen, bei welchen die Patienten im Spital gut essen, aber zu Hause nicht, weshalb die Interventionsmöglichkeiten gering sind. Zudem sind in den meisten Alters- und Pflegeheimen in der Schweiz keine Ernährungsfachkräfte tätig. Gerade hier gibt es aus Sicht der Ernährungsberatung Potenzial, die Situation in der Schweiz bezüglich der Ernährungssituation älterer Menschen zu verbessern. Zwar wurde bereits einiges in diese Richtung unternommen, dies jedoch vor allem im klinischen Bereich. Das Thema scheint nun auch generell an Bedeutung zu gewinnen. Es wäre wünschenswert, die Zusammenarbeit von Spitälern mit Alters- und Pflegeheimen und auch Hausärzten, insbesondere im Bereich der Ernährung und unter Einbezug einer Fachperson für Ernährung (Ernährungsberaterin [BSc] SVDE), zu verbessern. Ebenso wünschenswert wäre die Durchführung von Ernährungsstudien im klinischen und ambulanten Bereich unter Berücksichtigung der älteren Bevölkerung. Korrespondenzadresse: Fabienne Schaller, BSc BFH Ernährungsberaterin SVDE E-Mail: fabienne.schaller@waid.zuerich.ch Stadtspital Waid, Medizinische Klinik Tièchestrasse 99, 8037 Zürich Literatur: 1. EFAD (2017): EFAS Statement on the Role of the Dietitian in the Prevention and Management of Nutrition-related Disorders in Older Adults. Abgerufen am 28.7.18 über: www.efad.org/ media/1414/efad-esdn-older-adultstatement-paper-on-the-role-of-thedietitian-in-the-prevention-and-management-of-nutrition-in-older-adults_ 2017.pdf. 2. Volkert D, Bauer JM, Frühwald T et al.: Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) in Zusammenarbeit mit der GESKES, der AKE und der DGG: Klinische Ernährung in der Geriatrie. Aktuel Ernährungsmed 2013; 38: e1–e48. 3. Volkert D, Beck AM, Cederholm T et al.: ESPEN guideline on clinical nutrition and hydration in geriatrics. Clinical Nutrition 2018; 1–38. Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 5|2018 19