Transkript
EDITORIAL
Nahrungsergänzungsmittel
Die Dezemberausgabe der Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin soll dank der fachlichen Kompetenz der Autoren thematisch und inhaltlich einen attraktiven Schlusspunkt zum Jahresende 2008 setzen. Im Mittelpunkt dieser Ausgabe stehen Nahrungsergänzungsmittel, die eng mit den Begriffen «Lebensmittel», «Ernährung» und «Medizin» verbunden sind. Lebensmittel dienen der Ernährung und liefern die nötigen Bau- und Energiebestandteile zur Aufrechterhaltung des Lebens, sind andererseits aber auch natürliche Quellen für bestimmte Nährstoffe, die – als Nahrungsergänzungsmittel – zum Erhalt oder Wiedererlangen eines optimalen Gesundheitszustandes respektive zur Verhütung von Krankheiten beitragen können und so ureigenste medizinische Aufgaben erfüllen. Das Spannungsfeld, in dem sich Nahrungsergänzungsmittel – zwischen Lebensmitteln, Heilmitteln und Medikamenten – befinden, soll hier aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden. Einerseits aus regulatorischer, zulassungsrechtlicher beziehungsweise aus naturwissenschaftlich-medizinischer Sicht. In weiteren Beiträgen werden andererseits spezielle Nährstoffe vorgestellt: die Omega-3-Fettsäuren als essenzielle Lipide, das Kreatin als körpereigener Energielieferant, wichtige semiessenzielle Aminosäuren wie Arginin und schliesslich die primären und sekundären Pflanzenstoffe aus Obst und Gemüse. Verschiedene Fachleute aus deutschsprachigen Ländern haben sich mit ihren Beiträgen für diese Ausgabe engagiert. Zudem konnten wir zwei anerkannte Wissenschaftler aus Grossbritannien gewinnen, die hier über ihre Erkenntnisse berichten und der SZE damit einen internationalen Rahmen geben. Der Artikel von Tim Adetona und Burkhard Kriwet informiert über den aktuellen (europäischen) Stand der behördlichen Vorgaben für besondere Lebensmittelprodukte wie die Nutraceuticals und zeigt die absehbaren Entwicklungen und Hintergründe der Einführung neuer und möglichst international harmonisierter Vorschriften auf. Die Beiträge zu essenziellen Omega-3-Fettsäuren (Philip C. Calder), zur genetisch determinierten Modulation immunologischer Prozesse
durch Nährstoffe (Nutrigenetics) von Robert F. Grimble sowie der Beitrag zu Arginin von Erich Roth und Mitarbeiterinnen stellen wissenschaftliche «State of the art»Zusammenfassungen zu aktuellen Nahrungsergänzungsmitteln dar. In diesen Zusammenhang ist auch das sehr umfassende Review von Theo Wallimann zur Kreatin-Thematik zu sehen – sicher eine lohnende Fortbildungsliteratur. Veränderungen der Ernährungsweise im Verlauf der letzten Jahrzehnte, aber auch neue einseitige Ernährungsformen, die zu qualitativer und quantitativer Mangelernährung führen oder führen können, haben die Anwendung von Nahrungsergänzungsmitteln zur sinnvollen und wirksamen Kompensation unterstützt. Auch schwer durchführbare Ernährungsempfehlungen, wie der Verzehr grosser Mengen von Obst und Gemüse (gemäss WHO), oder der Bedarf an langkettigen Omega-3-Fettsäuren aus Fischen respektive Fischölprodukten geben neuen Formen der Nahrungsergänzung Auftrieb. Dazu gehören auch die Obst- und Gemüsekonzentrate, die von Manfred Lamprecht und Peter Prock vorgestellt werden. Obwohl viele dieser Ernährungssupplemente nur geringe Patentschutzmöglichkeiten haben, ist bei einer Nutzen-Risiko-Beurteilung der Qualität (Herstellung, Zusammensetzung), der (nachvollziehbaren) Herkunft sowie der Evidenz wissenschaftlich belegter Wirkungen ein hoher Stellenwert einzuräumen. Entsprechend geprüfte und anerkannte Informationsquellen für Konsumenten über die Fachberatung oder ausgewählte Internetplattformen sind deshalb unabdingbar, um Fakten zu Nahrungsergänzungsmitteln wissenschaftlich korrekt aufzuzeigen, den Käufer vor Täuschung zu schützen und Sicherheit zu gewährleisten. Der bestehende grosse Markt und die beeindruckenden Umsatzzuwachsraten für Nahrungsergänzungsmittel – etwa im Vergleich zu Arzneimitteln – erfordern eine kritische Auseinandersetzung. Diesem Anliegen soll das vorliegende Heft gerecht werden.
Prof. Dr. pharm. Stefan Mühlebach
1 5/08