Transkript
FETTE UND FETTSÄUREN
Transfettsäuren
MONIKA MÜLLER
Botschaften der Ernährungsinformation sollen bekanntlich einfach, prägnant und leicht nachvollziehbar sein. So weiss heute der Laie: Transfettsäuren sind ungesund. Dass es so einfach nicht sein kann, dass diese bis auf einen Satz geschrumpften Kurzstatements der Ernährungsinformation meilenweit von den effektiven, detaillierten Effekten eines Nahrungsbestandteils und noch viel weiter von dem Vielstoffgemisch der Nahrung entfernt sind, weiss die Fachperson. In diesem Artikel, der keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat, wird eine Annäherung an die heute bekannten Aspekte des Themas Transfettsäuren versucht. Dieser Beitrag soll die interessierte Fachperson einladen, sich mit der Komplexität des Themas vertraut zu machen.
Definition Transfettsäuren
Transfettsäuren (TFA, trans fatty acids) sind ungesättigte Fettsäuren, die mindestens eine Doppelbindung in trans-Konfiguration aufweisen.
H HH R
RR cis
RH trans
Für die Definition der TFA wird von der Codex Alimentarius Commission folgender Wortlaut vorgeschlagen: TFA sind definiert als sämtliche geometrischen Isomere der einfach ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren mit nicht konjugierten C-C-Doppelbindungen
Auf den 1. April 2008 wurde in der Schweizerischen Lebensmittelverordnung ein Grenzwert von maximal 2 Prozent (bezogen auf den gesamten Fettgehalt) für Transfettsäuren in pflanzlichen Speisefetten und Speiseölen eingeführt. Damit ist die Schweiz weltweit das zweite Land nach Dänemark, das einen gesetzlichen Grenzwert einführt.
in trans-Konfiguration. Die Definition schliesst somit die natürlich vorkommenden konjugierten TFA in tierischen Fetten aus. Tierische Fette enthalten jedoch generell eine viel grössere Menge an nicht konjugierten TFA. Auf den Unterschied zwischen pflanzlichen und tierischen TFA wird später eingegangen.
Unendlich viele Möglichkeiten für Transfettsäuren
Zuerst gilt es, sich bildlich vorzustellen, dass eine gesättigte Fettsäure immer frei von trans-Konfigurationen ist, dass aber eine mehrfach ungesättigte Fettsäure an jeder einzelnen Doppelbildung eine trans-Konfiguration aufweisen kann. So entsteht aus der Ölsäure (C18:1 c9) theoretisch nur eine einzige TFA, nämlich die Elaidinsäure (C18:1 t9) (Abbildung 1). Aus der zweifach ungesättigten Linolsäure (C18:2 c9c12) können bereits drei verschiedene TFA entstehen. Aus der α-Linolensäure entstehen demnach sieben unterschiedliche TFA, und wie viele unterschiedliche TFA aus der sechsfach unge-
sättigten Docosahexaensäure entstehen könnten, überlässt die Autorin dem mathematisch begabten Leser herauszufinden. Doch das sind noch nicht alle trans-Isomere, die aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren entstehen können. Da sich während der Konversion die Stellung der Doppelbindung ändern kann, sind noch viele weitere TFA-Isomere möglich. Je nach Entstehungsprozess können aus Linolsäure auch verschiedene sogenannte «konjugierte» trans-Isomere oder, beispielsweise bei der Photooxidation, auch noch 9-OOH, t10 c12, 10-OOH, t8 c12, 12-OOH, c9 t13, und 13-OOH, c9 t11 entstehen.
Natürlich vorkommende Transfettsäuren
Fetthaltige Pflanzen TFA sind in der Pflanzenwelt nur von sehr untergeordneter Bedeutung. So finden sich in frischen pflanzlichen Nahrungsmitteln in der Regel kaum Fettsäuren mit trans-Konfigurationen. Nur in wenigen Pflanzen (beispielsweise dem Granatap-
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fel) finden sich Spuren von TFA. In pflanzlichen Ölen und Fetten finden sich die Doppelbindungen der Fettsäuren also praktisch immer zu 100 Prozent in cisKonfiguration.
Tier: Wiederkäuer Anders im tierischen Organismus. Im Pansen von Wiederkäuern (Rind, Schaf, Ziege) werden cis-Konfigurationen bakteriell als Zwischenschritt zur Absättigung der Fettsäure in trans-Konfigurationen umgewandelt. Dabei wird mit enzymatischer Isomerisierung von Linolsäure (C18:2 c9c12) bevorzugt die konjugierte Linolsäure (CLA) C18:2 c9t11 gebildet. Ebenso können aber noch weitere Isomere der konjugierten Linolsäure entstehen. Infolge Reduktion wird die konjugierte Linolsäure in die entsprechende einfach ungesättigte Fettsäure C18:1 t11 transVaccensäure konvertiert und anschliessend zu Stearinsäure C18:0 hydriert. Letzterer Schritt ist die geschwindigkeitsbegrenzende Reaktion bei der vollständigen Biohydrierung, womit die trans-Vaccensäure akkumuliert und damit der gesamt-TFA-Gehalt in Milchprodukten und Fleisch von Wiederkäuern bis zu 9 Prozent betragen kann. Ungefähr die Hälfte davon liegt als trans-Vaccensäure vor. Die durchschnittliche Aufnahme von konjugierter Linolsäure über die Nahrung wird in Europa auf etwa 0,3 g/Tag geschätzt (1).
Mensch: Die Rolle der Transfettsäuren bei der Betaoxidation Die Energiegewinnung bei Mensch und Tier aus gesättigten Fettsäuren läuft bekanntlich sehr effizient über die Betaoxidation ab. Die Doppelbindungen ungesättigter Fettsäuren verursachen dabei jedoch gewisse Schwierigkeiten. Je nach Stellung der Doppelbindung – gerade und ungerade Stellungen – werden andere Vorgänge beziehungsweise Enzyme benötigt. Die mitochondriale Betaoxidation von ungesättigten Fettsäuren läuft immer über eine Umwandlung der cis- in eine trans-Konfiguration der Doppelbindung ab. Somit verfügt auch der Mensch über die metabolischen Eigenschaften, TFA zu bilden. Bereits vorbestehende
trans-Konfigurationen aus Nahrungsfett können, je nach Stellung, die Abläufe der metabolischen Oxidation beschleunigen (2). Aus Tierstudien muss weiter auch angenommen werden, dass die C18:1 t11 trans-Vaccensäure mit der Delta-9-Desaturase bevorzugt reagiert und zu der konjugierten C18:2 c9t11 desaturiert werden kann. C18:1 t12 reagiert auf die Delta9-Desaturase bedeutend träger (3). Aufgrund der Tatsache, dass für ungesättigte Fettsäuren eine Umwandlung in die trans-Konfiguration zur Energiegewinnung notwendig ist und verschiedene TFA im Stoffwechsel stark unterschiedlich reagieren, entstanden viele Spekulationen rund um den Stoffwechselprozess der TFA, und weitere Untersuchungen können mit Spannung erwartet werden. Nach heutigem Wissensstand scheinen die trans-Vaccensäure C18:1 t11 sowie die konjugierte Linolsäure C18:2 c9t11 für den menschlichen Metabolismus kein Problem zur Weiterverstoffwechslung darzustellen.
Durch industrielle Verarbeitung entstehende Transfettsäuren aus pflanzlichen Fetten und Ölen
Härtung (Hydrierung) Die mögliche Bildung von TFA bei der industriellen Härtung von pflanzlichen Ölen ist bestens bekannt. Der TFA-Gehalt der Streichfette (Margarinen) nahm in den letzten Jahren durch sorgfältige Produktionsmethoden ab und liegt in der Regel bei < 1 Prozent des Gesamtfettgehalts. Grosses Aufsehen erregten die Resultate der TransSwiss-Pilotstudie (4) 2006, wobei ein gehärtetes Rapsfett, das zu Backzwecken in Schweizer Landi-Läden im Verkauf war, ganze 30 Prozent TFA enthielt. Der TFA-Gehalt, generiert durch industrielle Härtung von Pflanzenfetten und -ölen, von Backwaren (Zwieback, Cracker, Kuchen, Pasteten, Plätzchen, Kekse, Waffeln usw.) sowie einigen Frühstücksflocken mit Fettzusatz, Pommes frites, Trockensuppen und einigen Süsswaren und Snacks kann erheblich schwanken (von unter 1% bis zu 30% des Gesamtgehalts an Fettsäuren). Der in der Schweiz neu seit 1. April 2008 gültige Grenzwert von
Abbildung 1: Strukturen der Cis- (Ölsäure) und Transfettsäuren (Elaidinsäure) (aus: NEJM, 354: 15: 1601–1603) Sowohl die Ölsäure als auch die Elaidinsäure enthalten 18 Kohlenstoffatome (c18) mit jeweils einer Doppelbindung, die bei der Ölsäure in der cis- (1c9), bei der Elaidinsäure in der trans-Konfiguration (1t9) vorliegen. Die cis-Konfiguration führt zu einer leichten Biegung des Fettsäuremoleküls, während sich das Molekül mit trans-konfigurierter Doppelbindung streckt.
Carbon = Kohlenstoff; Hydrogen = Wasserstoff Oxygen = Sauerstoff; Oleic Acid = Oleinsäure Elaidic Acid = Elaidinsäure; Cis double bond = CisDoppelbindung; Trans double bond = Trans-Doppelbindung
maximal 2 Prozent industriell generierter TFA in den Ausgangsprodukten (Speiseöle und -fette) dürfte in absehbarer Zeit positive Auswirkungen auf den TFA-Gehalt oben genannter Produkte haben. Abzuwarten sind diesbezüglich die ersten Kontrollresultate der kantonalen Lebensmittellaboratorien. Bis diese vorliegen, ist den Konsumenten nach wie vor zu empfehlen, Produkte, die mit teilgehärteten oder gehärteten pflanzlichen Fetten oder Ölen hergestellt wurden, mit Zurückhaltung zu geniessen.
Hitzebehandlung Transfettsäuren können bei Temperaturen über 200 °C auch aus Linolsäure und α-Linolensäure entstehen. Dabei ist die Konversionsrate bei der α-Linolensäure höher und nimmt vor allem bei Temperaturen über 250 °C und unter Druck zu. Dies sind Bedingungen, die im Privathaushalt nicht erreicht werden, aber bei gewissen industriellen Deodorisierungsmethoden von Ölen zur Anwendung kommen können. Die klassische Deodorisierungsmethode, wie sie heute noch in der Schweiz praktiziert wird, erreicht diese Temperatur nicht. Mit dem neu ein-
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geführten gesetzlichen Grenzwert von maximal 2 Prozent TFA in pflanzlichen Ölen scheint die Gefahr gebannt, dass derartige Deodorisierungsmethoden in der Schweiz eingesetzt werden könnten.
Im Privathaushalt entstehende Transfettsäuren aus pflanzlichen Fetten und Ölen
Hitzebehandlung Wie bereits erwähnt, ist die Gefahr der TFA-Entstehung durch Erhitzen im Privathaushalt gering. Juaneda et al. (5) zeigten, dass die Temperatur die Bildung einer konjugierten Linolsäure in Sonnenblumenöl beeinflusst (1,3% TFA bei einer Hitze von 220 °C gegen 0,2% bei 180 °C). Bei mehrmaligem Verwenden von Frittieröl können im Haushalt kleine Mengen TFA entstehen. Insbesondere der Konsum frittierter Nahrungsmittel sollte auch aus anderen Gründen möglichst gering gehalten werden. Generell sind Pflanzenöle bei normalem Erhitzen (nicht über 180 °C, niemals bis zum Rauchpunkt) erstaunlich stabil, insbesondere wenn sie als Fettbegleitstoffe noch grössere Mengen an γ-Tocopherol oder pflanzenspezifische Antioxidanzien wie beispielsweise Prozianidin im Traubenkernöl enthalten.
Autooxidation und Photooxidation Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass bei der Alterung ungesättigter Fett-
Abbildung 2: (aus: Danish Nutrition Council. The Influence of trans fatty acids on helath. 4th Edition, Søborg, 2003) Die TFA-Profile von Wiederkäuerfett und teilgehärteten Pflanzenölen überschneiden sich erheblich und haben viele TFA-Isomere gemeinsam, jedoch in völlig unterschiedlichen Anteilen.
säuren (ranzig werden) neben den geruchsbildenden OOH-Gruppen auch trans-Konfigurationen entstehen. Diese Gefahr ist im Privathaushalt ungleich grösser als in der industriellen Verarbeitung. Dabei ist die Photooxidation viel schneller als die Autooxidation und kann mehr verschiedene Hydroxiperoxyd-Isomere generieren als unter Ausschluss von Licht. Die Empfehlungen zur Bannung dieser Gefahr lauten: Pflanzenöle kühl und dunkel lagern und, einmal geöffnet, innerhalb von drei Monaten konsumieren.
Worin unterscheiden sich Transfettsäuren aus Wiederkäuerfett und industriell generierten aus Pflanzenfetten oder -ölen? Milch- und Rinderfett enthalten gewöhnlich etwa 3 bis 6 Prozent TFA (Gewichtsprozent des Gesamtfettgehalts), sicher aber ≤ 9 Prozent. Gehärtete und teilgehärtete Pflanzenfette oder -öle enthalten je nach Produktionsmethoden 0 bis 60 Prozent TFA. Die TFA-Profile von Wiederkäuerfett und teilgehärteten Pflanzenölen überschneiden sich erheblich und haben viele TFAIsomere gemeinsam, jedoch in unterschiedlichen Anteilen. Von den 18:1 Isomeren liegt der Anteil von trans-Vaccensäure 18:1 t11 in Milchfett über 60 Prozent (6), der Anteil der Elaidinsäure 18:1 t9 bei knappen 9 Pro-
zent. Im Gegensatz dazu lauten die entsprechenden Werte bei teilhydriertem Pflanzenfett für die trans-Vaccensäure 18:1 t11 20 Prozent, für Elaidinsäure 18:1 t9 17 Prozent (Abbildung 2).
Gesundheitliche Auswirkungen der Transfettsäuren
Einfluss auf Herz-Kreislauf-Risikofaktoren Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit verabschiedete am 8. Juli 2004 den Expertenbericht über TFA in Lebensmitteln (7) und die Wirkung des Verzehrs von TFA auf die menschliche Gesundheit. Sie kommt zum Schluss, dass Erkenntnisse aus zahlreichen kontrollierten Interventionsstudien am Menschen darauf hindeuten, dass eine TFA-haltige Ernährung zu erhöhtem Serum-LDLCholesterin, zu erhöhten Lipoprotein (a)-Plasmaspiegeln, zu erniedrigtem Serum-HDL-Cholesterin und zu erhöhten Nüchtern-Serumtriglyzeriden führt, verglichen mit einer Ernährung, die einfach oder mehrfach ungesättigte cis-Fettsäuren enthält. Damit können höhere Aufnahmemengen von TFA das Risiko für eine koronare Herzkrankheit (KHK) erhöhen (8). Prospektive epidemiologische Studien untermauern durchwegs die Ergebnisse der Interventionsstudien, denen zufolge ein Zusammenhang zwischen einer höheren Aufnahme von TFA und einem erhöhten KHK-Risiko besteht. In den prospektiven Kohortenstudien zum Vergleich der Wirkungen von TFA und gesättigten Fettsäuren (SAFA, saturated fatty acids) waren die unerwünschten Wirkungen von TFA stärker als die eines Gemisches aus SAFA. Die negative Wirkung von TFA auf die LDL/HDL-Cholesterinratio war etwa doppelt so stark wie die Wirkung von SAFA (Abbildung 3). Neben dem Effekt auf die Lipoproteine können TFA den Plasmaspiegel von Entzündungsmarkern erhöhen (C-reaktives Protein, Interleukin-6) (8). Zusätzlich besteht ein negativer Effekt der TFA auf den Metabolismus der essenziellen Fettsäuren und das Prostaglandingleichgewicht, indem die Delta-6-Desaturase gehemmt wird. Schlussendlich kann eine erhöhte Aufnahme von TFA die
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Insulinresistenz negativ beeinflussen und das Diabetes-Typ-2-Risiko bei Frauen erhöhen (9).
Gesundheitliche Auswirkungen der trans-dien- und trien-Fettsäuren
Bezüglich gesundheitlicher Auswirkungen werden meist nur die verschiedenen trans-18:1-Isomere untersucht. Bezüglich der mehrfach ungesättigten Transisomere konnte bis zum heutigen Zeitpunkt nur die TransLinE-Studie (10) identifiziert werden. Diese zeigte, dass die Transisomere der α-Linolensäure (ALA) in Plasmalipide und Blutplättchen integriert und zu trans-Isomeren der Eicosapentaensäure (EPA) verlängert und desaturiert werden (11). Ebenso wurde ein signifikant negativer Effekt auf den LDL/HDL-Cholesterinquotienten der «High-trans-ALAÖl»-Gruppe verglichen mit der «Lowtrans-ALA-Öl»-Gruppe gezeigt. In der Zutphen Elderly Study von Oomen et al. (12) konnte kein Zusammenhang zwischen ALA-Aufnahme und koronarer Herzkrankheit beobachtet werden; allerdings wurde auch eine Korrelation zwischen ALA- und TFA-Aufnahme festgestellt – möglicherweise wurde die günstige Wirkung der ALA durch die ungünstige der TFA aufgehoben. Bezüglich der Wirkung von trans-dienFettsäuren berichtet Baylin et al. (13) eine positive Korrelation zwischen 18:2 Transfettsäurengehalt im Fettgewebe und gesteigertem Risiko für Myokardinfarkt bei Männern aus Costa Rica. Weitere Studien sind zu den Effekten von trans-dien- und trien-Fettsäuren nötig. Sollte der neue gesetzliche Höchstwert von 2 Prozent Gesamttransfettsäuren in pflanzlichen Ölen und Fetten jedoch greifen, werden solche Studien möglicherweise redundant.
Gesundheitliche Auswirkungen konjugierter Transfettsäuren
Studien mit Substitution von CLA haben mögliche günstige Auswirkungen auf die Gesundheit ergeben (z.B. Verringerung von Körperfett, verbesserte Immunantwort, gewisse Antitumoreffekte). Die Anzahl neuer Studien zum Thema in den letzten Jahren ist enorm; die Ergebnisse sind jedoch nicht einheitlich, und die Wir-
kungen können je nach Isomer unterschiedlich sein. In Bezug auf das trans-10, cis-12-Isomer gibt es Anhaltspunkte für unerwünschte Wirkungen auf den Lipidund Glukosestoffwechsel. Die bisherigen Erkenntnisse über gesundheitliche Auswirkungen von CLA beim Menschen sind für eine generelle Empfehlung zum Konsum noch zu wenig klar (1, 8, 14).
Unterschiedliche gesundheitliche Auswirkungen von TFA aus industrieller Produktion und natürlichen TFA aus Milchprodukten und Fleisch von Wiederkäuern Einige epidemiologische Studien der letzten Jahre gaben Hinweise, dass eventuell das aus industrieller Fettverarbeitung generierte Transfettsäurenspektrum bezüglich Herz-Kreislauf-Erkrankungen einen negativeren Einfluss haben könnte als das Transfettsäurenspektrum aus tierischem Fett von Wiederkäuern. Diese Vermutung wurde kürzlich von einer grossen dänischen Studie mit einem Follow-up von 18 Jahren und 3636 Teilnehmern bestätigt (15). Es wurde keinerlei Assoziation der Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit der Aufnahme von TFA aus tierischer Quelle gefunden. Bei Frauen wurde sogar über einen leichten, nicht signifikanten inversen Effekt berichtet.
Tägliche Aufnahme von Transfettsäuren
In der EU lagen die in der TRANSFAIR-Studie für 1995 bis 1996 geschätzten mittleren täglichen Aufnahmemengen von TFA in 14 verschiedenen Ländern im Bereich
Abbildung 3: (aus: Hu F et al, JAMA 2002; 288: 2569–2578) Ergebnisse aus randomisierten Studien zur Wirkung einer an transfettsäurenreichen Ernährung (●) gegenüber einer Ernährung, reich an gesättigten Fettsäuren (■) auf das LDL/HDL-Verhältnis. Eine Zunahme des LDL/HDL-Verhältnisses wird als Risikozunahme für atherosklerotische Erkrankungen bewertet. Die unterschiedliche Steigung der Regressionsgeraden durch die Studienendpunkte zeigt, dass TFA in der Ernährung eine ungefähr doppelt so starke Wirkung auf das LDL/HDL-Verhältnis haben wie SAFA.
von 1,2 bis 6,7 g/Tag und 1,7 bis 4,1 g/Tag bei Männern beziehungsweise Frauen, was 0,5 bis 2,1 Prozent beziehungsweise 0,8 bis 1,9 Prozent der Energiezufuhr entspricht. In den Mittelmeerländern war die TFA-Aufnahme am niedrigsten (16). In Dänemark stammten durchschnittlich 0,7 Prozent der Gesamtenergiezufuhr von Erwachsenen aus Wiederkäuer-Transfettsäuren (17). Der Fettsäurenstatus des Fötus und des Säuglings ist abhängig vom Fettsäurenstatus der Mutter. Chardigny et al. zeigen, dass der TFA-Gehalt der Muttermilch direkt von den Ernährungsgewohnheiten der Mutter abhängig ist (18). Die Aufnahme von TFA hat in den letzten Jahrzehnten zum Beispiel in Dänemark abgenommen, was in erster Linie auf die Neuformulierung beispielsweise von Streichfetten mit geringerem TFA-Gehalt zurückzuführen ist (19). Diesbezügliche Daten aus der Schweiz fehlen, unter anderem weil für TFA keine Deklarationspflicht besteht.
Gesetzliche Bestimmungen
Die Joint WHO/FAO Expert Consultation on Diet, Nutrition and the Prevention of Chronic Diseases empfahl die Beschränkung der Zufuhr der TFA auf < 1 Energieprozent zur Förderung der kardiovaskulärer Gesundheit (20). Dänemark hat als erstes europäisches Land 2003 eine Limite für die Gesamt-TFA aus industriell verarbeiteten Pflanzenfetten und -ölen von 2 Prozent des Fettgehalts für sämtliche Lebensmittel eingeführt (21). In den USA ist die Deklaration des TFA-Ge-
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halts in Lebensmitteln seit 2006 obligatorisch (22). Dabei wird nicht zwischen tierischen und industriell generierten TFA unterschieden. Der 2005 von der AFSSA erschienene Bericht zu den TFA formulierte Vorschläge bezüglich TFA für Frankreich (23): • Patisserien, Gebäck, Fertigprodukte
und so weiter max. 1 g TFA/100 g verzehrsfertigem Produkt • Pflanzenöle: max. 1 Prozent des Gesamtfettanteils als TFA • Margarinen: max. 1 Prozent des Gesamtfettanteils als TFA. Am 1. April 2008 ist im Zuge der Revision der schweizerischen Lebensmittelverordnung ein gesetzlicher Grenzwert für TFA aus industrieller Produktion in Speiseölen und -fetten von maximal 2 Prozent festgelegt worden. Diese Regelung für Ausgangsprodukte wird die Qualität von verarbeiteten Produkten verbessern, ohne diese direkt einem diesbezüglichen Grenzwert zu unterziehen. Der festgelegte Grenzwert ist für die Nahrungsindustrie bestens zu unterschreiten, wie die Erfahrungen in Dänemark zeigen. Zu wünschen wäre für die Konsumenten eine Deklarationspflicht industriell generierter TFA auf allen Produkten, die gehärtete und teilgehärtete pflanzliche Öle und Fette enthalten.
Korrespondenzadresse:
Monika Müller
dipl. Ernährungsberaterin HF
Mottastr. 5
3005 Bern
E-Mail: mom@besseressen.ch
Internet: www.besseressen.ch
Literatur: 1. EFSA, Opinion of the Scientific Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies on a request from the Commission related to the presence of trans fatty acids in foods and the effect on human health of the consumption of trans fatty acids. 2004, The EFSA Journal 2004; 81, 1–49. 2. Bretillon L, Chardigny JM et al. Oxidative metabolism of (1-14C) mono-trans isomers of linoleic and a-linolenic acids in the rat; Biochimica et Biophysica Acta 1998; 1390 (2): 207–214 3. Kraft J et al. The conversion efficiency of trans-11 and trans-12 18:1 by Delta9-desaturation differs in rats. J Nutr. 2006 May; 136 (5): 1209–1214. 4. www.swissfir.ethz.ch/services/zutaten/TFA/index 5. Juanéda P, Brac de la Pérrière S, Sébédio JL, Grégoire S. Influence of heat and refining on formation of CLA isomers in sunflower oil. J Am Oil Chem Soc 2003; 80: 937–940. 6. Danish Nutrition Council. The influence of trans fatty acids on health. 4th Edition, Søborg, 2003 www.meraadet.dk/gfx/uploads/rapporter_pdf/Trans% 20fatty%20acids_4.th%20ed._UK_www.pdf 7. EFSA, Opinion of the Scientific Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies on a request from the Commission related to the presence of trans fatty acids in foods and the effect on human health of the consumption of trans fatty acids. 2004, The EFSA Journal 2004; 81, 1–49. 8. Mensink RP. Metabolic and health effects of isomeric fatty acids. Curr Opin Lipidol, 2005. 16 (1): p. 27–30.
ZUSAMMENFASSUNG UND TAKE-HOME-MESSAGES
Basierend auf den bisherigen Studienergebnissen zu den TFA muss davon ausgegangen werden, dass nicht alle TFA die gleichen physiologischen Wirkungen haben.
Folgende Aussagen zu Transfettsäuren können in der Schweiz zurzeit gemacht werden:
• Meiden von industriell hergestellten Nahrungsmitteln, die gehärtete oder teilgehärtete pflanzliche Fette und Öle enthalten (Deklaration beachten). Der in der Schweiz neu eingeführte Grenzwert für TFA in diesen Fetten und Ölen von maximal 2 Prozent schützt vor sehr hohen Aufnahmemengen. Bevor jedoch erste Resultate zur Einhaltung des Grenzwerts in den verzehrsfertigen Nahrungsmitteln vorliegen, kann noch keine Entwarnung gegeben werden.
• Transfettsäuren natürlichen Ursprungs, wie sie in Milchprodukten und Fleisch von Wiederkäuern vorkommen, sind in normalem Rahmen entsprechend der Lebensmittelpyramide genossen, nicht schädlich. Eine gesundheitsfördernde Wirkung kann ihnen aber aufgrund der heutigen Daten nicht bescheinigt werden.
• Transfettsäuren entstehen physiologischerweise auch als Zwischenprodukte bei der Energiegewinnung aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren im menschlichen Organismus.
9. Salméron J, Hu FB, Manson JE, Stampfer MJ, Colditz GA, Rimm EB, Willett WC. Dietary fat intake and risk of type 2 diabetes in women. Am J Clin Nutr 2001; 73: 1019–1026. 10. Vermunt SH, Beaufrere B, Riemersma RA, Sebedio JL, Chardigny JM, Mensink RP, TransLinE Investigators a. Dietary trans alpha-linolenic acid from deodorised rapeseed oil and plasmalipids and lipoproteins in healthy men: the TransLinE Study. Br J Nutr 2001; 85 (3): 387–392. 11. Baylin, A., et al., High 18:2 trans-fatty acids in adipose tissue are associated with increased risk of nonfatal acute myocardial infarction in costa rican adults. J Nutr 2003; 133 (4): 1186–1191. 12. Oomen CM et al. α-Linolenic acid intake is not beneficially associated with 10-y risk of coronary artery disease incidence: The Zutphen Elderly Study. Am J Clin Nutr 2001; 74 (4): 457–463. 13. Baylin A, Kabagambe EK, Ascherio A, Spiegelman D, Campos H. High 18:2 trans-fatty acids in adipose tissue are associated with increased risk of nonfatal acute myocardial infarction in costa rican adults. J Nutr 2003; 133 (4): 1186–1191. 14. Pariza MW. Perspective on the safety and effectiveness of conjugated linoleic acid. Am J Clin Nutr 2004; 79 (6 Suppl): 1132S–1136S. 15. Jakobsen MU et al. Intake of ruminant trans fatty acids and risk of coronary heart disease. Int J Epidemiol 2008 Feb; 37 (1): 173–182. Epub 2007 Dec 12. 16. Hulshof KF et al. Intake of fatty acids in western Europe with emphasis on trans fatty acids: the TRANSFAIR Study. Eur J Clin Nutr 1999; 53 (2): 143–157. 17. Jakobsen MU, Bysted A, Andersen NL, Heitmann BL, Hartkopp HB, Leth T, Overvad K, Dyerberg J. Intake of ruminant trans fatty acids in the Danish population aged 1–80 years. Eur J Clin Nutr 2005, Oct 18. Chardigny JM, Wolff RL, Mager E, Sebedio JL, Martine L, Juaneda P et al. Trans mono- and polyunsaturated fatty acids in human milk. Eur J Clin Nutr 1995; 49 (7): 523–531. 19. Stender S, Dyerberg J. Influence of trans fatty acids on health. Ann Nutr Metab 2004; 48 (2): 61–66. 20. FAO/WHO, Diet, nutrition and the prevention of chronic diseases: report of a joint WHO/FAO expert consultation. WHO Technical Report Series; 916, 2003. www.who.int/hpr/NPH/docs/who_fao_expert_report.pdf 21. Executive Order No. 160 of 11 March 2003 on the Content of Trans Fatty Acids in Oils and Fats etc, English Translation (www.tfx.org.uk/page116.html ). 22. Federal Register/Vol. 68, No. 133/Friday, July 11, 2003/Rules and Regulations Food Labeling: Trans Fatty Acids in Nutrition Labeling, Nutrient Content Claims and Health Claims, www.cfsan.fda.gov/~acrobat/fr03711a.pdf 23. AFSSA, Risques et bénéfices pour la santé des acides gras trans apportés par les aliments. 2005, Agence Française de Sécurité Sanitaire des Aliments. www.afssa.fr/
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