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ERNÄHRUNG UND DERMATOLOGIE
Bedeutung von Ernährungsfaktoren bei der Psoriasis
MAIKE WOLTERS1, ANDREAS HAHN1
Maike Wolters
Bei der Psoriasis handelt es sich um eine chronische, T-Zell-vermittelte Autoimmunerkrankung, die durch entzündliche Veränderungen der Haut und eine Hyperproliferation der Keratinozyten charakterisiert ist. Sie manifestiert sich in vielfachen Ausprägungen, am häufigsten (90%) als Plaquetyp. Hierbei finden sich bevorzugt an Ellbogen, Knien und Kopfhaut gerötete, scharf begrenzte und von Schuppen bedeckte Plaques, die häufig mit Juckreiz und Schmerzen einhergehen. Die Prävalenz der Psoriasis in kaukasischen Populationen liegt bei etwa 2 Prozent (1). Bei anderen Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis konnte ein signifikanter Einfluss von Ernährungsfaktoren auf das Krankheitsgeschehen nachgewiesen werden (2). Vor diesem Hintergrund soll in diesem Beitrag der Frage nachgegangen werden, welche Rolle Ernährungsfaktoren bei der Psoriasis zukommen könnte.
Andreas Hahn
Fettsäuren als Entzündungsmediatoren – Mechanismen
Eine wesentliche Rolle bei entzündlichen Prozessen und damit auch bei der Psoriasis kommt den mehrfach ungesättigten Fettsäuren (polyunsaturated fatty acids, PUFA) zu. Die langkettigen PUFA der ω-6- und ω-3-Reihe sind nicht nur strukturelle und funktionelle Bestandteile von Zellmembranen, sondern besitzen in Form der aus ihnen gebildeten Eicosanoide auch hormonelle und immunologische Aktivitäten. Chemisch handelt es sich bei Eicosanoiden (griech.: «Eicos» = 20) um Oxidationsprodukte der hoch ungesättigten Fettsäuren mit einer Kettenlänge von 20 C-Atomen. Eicosanoide fungieren als lokale Mediatoren und beeinflussen durch ihre hormonähnliche Wirkung bereits in sehr geringen Konzentrationen zahlreiche Stoffwechselprozesse. Ihre Synthese beginnt mit der
1Leibniz Universität Hannover, Institut für Lebensmittelwissenschaft und Ökotrophologie
enzymatischen Freisetzung der in den Phospholipiden der Zellmembranen lokalisierten Präkursor-Fettsäuren durch das Enzym Phospholipase A2. In Abhängigkeit von der Enzymausstattung der jeweiligen Zelle (z.B. Thrombozyten, Leukozyten oder Endothelzellen) werden sie anschliessend über den Cyclooxygenaseweg beziehungsweise unter der katalytischen Einwirkung von Lipoxygenasen verstoffwechselt. Hierbei konkurrieren ω-3- und ω-6-Fettsäuren um die gleichen Enzymsysteme und können sich jeweils gegenseitig verdrängen (Abbildung 1). Je nach Vorläufersubstanz entstehen Eicosanoide verschiedener Serien, die sich in ihrem Wirkspektrum erheblich voneinander unterscheiden. Insbesondere den Derivaten der ω-6Fettsäure Arachidonsäure (AA; C20:4ω6) ist eine proinflammatorische Wirkung zuzuschreiben. Als entzündungsfördernd wirken das enzymatisch in mehreren Teilschritten aus Arachidonsäure gebildete Prostaglandin PGE2, das Prostazyklin
PGI2 sowie das Leukotrien B4 (LTB4). PGE2 führt zu einer erhöhten Schmerzsensitivität, verstärkt Schwellungen und wirkt vasokonstriktorisch (3). Offenbar kommt es bei Psoriasis zu einer Überproduktion von Eicosanoiden aus Arachidonsäure, da sich in der Haut und in Erythrozytenmembranen von Psoriasispatienten erhöhte Konzentrationen an Arachidonsäure und LTB4 finden. Demzufolge bietet sich die Reduktion der Arachidonsäurezufuhr als eine vielversprechende Option zur Verbesserung der Psoriasissymptomatik an (4). Die Entstehung entzündungsfördernder Eicosanoide aus Arachidonsäure wird zusätzlich durch die Anwesenheit reaktiver Sauerstoffspezies gefördert, da diese die enzymatische Freisetzung von Arachidonsäure aus Membranphospholipiden von Leukozyten und anderen Zellen fördern. Aufgrund erhöhter Konzentrationen an reaktiven Sauerstoffspezies bei Psoriasispatienten (5) wird das Entzündungsgeschehen hierdurch zusätzlich forciert.
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Im Gegensatz zu den Derivaten der Arachidonsäure weisen die aus der ω-3Fettsäure Eicosapentaensäure (EPA; C20:5ω3) gebildeten Eicosanoide, Prostaglandin PGE3 und Leukotrien B5 (LTB5), eine geringe inflammatorische Aktivität auf. Da ω-3- und ω-6-Fettsäuren bei der Bildung von Eicosanoiden um die gleichen Enzymsysteme konkurrieren, ergibt sich hierdurch neben der Reduktion der Arachidonsäurezufuhr eine weitere Möglichkeit, modulierend in das Entzündungsgeschehen einzugreifen, indem die Aufnahme an Eicosapentaensäure erhöht wird. So erfolgen sowohl die Desaturierung von Linolsäure (ω6) als auch von
Abbildung 1: Freisetzung und Umwandlung der C20-Fettsäuren Arachidonsäure und Eicosapentaensäure zu Eicosanoiden (31)
Abbildung 2: Metabolismus
von ω-6- sowie ω-3-Fettsäuren
und Hemmung der Bildung von entzündungsfördernden Arachidonsäuremetaboliten durch
ω-3-Fettsäuren
(2)
α-Linolensäure (ω3) durch das Enzym δ-6-Desaturase. Die Synthese der Eicosanoide wird durch Cyclooxygenasen und Lipoxygenasen katalysiert, die wiederum beide Polyensäuretypen, ω3 und ω6, als Substrate verwenden. Welche Mediatoren gebildet werden, hängt vom Angebot der jeweiligen Vorstufen in der Nahrung ab. Dies bildet die Grundlage für eine diätetische Beeinflussung von physiologischen Prozessen, die durch Eicosanoide gesteuert werden (2). Die Stammverbindungen beider Fettsäurefamilien, die ω-6-Fettsäure Linolsäure (LA) sowie die korrespondierende ω-3Fettsäure α-Linolensäure (ALA), stellen
für den Menschen zufuhressenzielle Nährstoffe dar. Anders verhält es sich hingegen nach klassischem Verständnis mit den längerkettigen Derivaten dieser Fettsäuren, insbesondere der ω-6-Fettsäure AA beziehungsweise der ω-3-Fettsäure EPA. Diese können ausgehend von LA beziehungsweise ALA vom Menschen in einem vielstufigen Konversionsprozess gebildet werden, der vornehmlich im endoplasmatischen Retikulum der Leberzellen abläuft (Abbildung 2). Obwohl ω-3Fettsäuren die grösste Affinität zu diesem Enzymsystem aufweisen, verläuft die Synthese von EPA aus ALA nur sehr langsam und in einem geringen Ausmass, da die Umwandlung – der heutigen Ernährungsweise entsprechend – durch die hohe Zufuhr an LA kompetitiv vermindert wird (6). Die Umwandlung von ALA zu EPA und DHA ist daher stark eingeschränkt, es müssten etwa 20 g reine ALA zugeführt werden, um eine Menge von 1 g EPA zu erreichen.
Fettsäuren als Enzündungsmodulatoren – praktische Bedeutung
Aus den oben aufgeführten Mechanismen lassen sich Empfehlungen für eine antiinflammatorische Ernährung ableiten. Aufgrund hoher Arachidonsäuregehalte sollten bestimmte Lebensmittel tierischen Ursprungs, wie Schweineschmalz, Leber, Eigelb, Fleisch/Wurst, Thunfisch und Camembert, gemieden werden (Tabelle 1). Ebenso sollte für die Zubereitung von Speisen anstelle tierischer Fette Oliven-, Raps- oder Erdnussöl verwendet werden. Vermutlich ist der günstige Effekt des Fastens auf die Hautsymptomatik von Psoriasispatienten zum grossen Teil auf die fehlende Arachidonsäureaufnahme zurückzuführen. Hierauf dürften auch die beobachteten Verbesserungen bei vegetarischer Ernährung basieren; diese ist unter anderem durch eine verminderte Arachidonsäurezufuhr gekennzeichnet (4). Um die ω-3-Fettsäurezufuhr zu erhöhen, bietet sich der regelmässige Konsum fettreicher Meeresfische, insbesondere Lachs, Makrele, Hering und Sardine, an (Tabelle 2). Daneben können auch Fischölkapseln verwendet werden. Pflanzenöle mit hohem Gehalt
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an ALA wie Leinöl sind hingegen wegen der stark eingeschränkten Umwandlung dieser Fettsäure zu EPA nur bedingt geeignet, um die inflammatorischen Prozesse zu beeinflussen. Die Auswirkungen einer erhöhten ω-3Fettsäurezufuhr auf die Hautsymptomatik von Psoriasispatienten wurden in vielfältigen Studien untersucht. Während sich in mehreren nichtkontrollierten Studien mit einer Gabe von Fisch oder Fischölsupplementen positive Effekte auf die Haut zeigten, lassen randomisierte, kontrollierte Studien auf eine geringere Evidenz für die Wirksamkeit schliessen (4). Insgesamt wurden bislang 4 methodisch hochwertige Studien durchgeführt. Dabei zeigte sich in 3 Studien keine Verbesserung der Psoriasissymptomatik (7, 8, 9), während in einer Untersuchung die tägliche Zufuhr von 3 g ω-3-Fettsäuren nach acht Wochen zu einer signifikanten Minderung von Erythem, Schuppung und Juckreiz führte (10). Eine tägliche Zufuhr von etwa 30 mg ω-3-Fettsäuren je kg Körpergewicht verminderte in zahlreichen Untersuchungen Beschwerden bei rheumatoider Arthritis (2) und könnte im Analogieschluss auch bei Psoriasis-Arthritis die Gelenksymptomatik lindern beziehungsweise eine Reduktion des Arzneimittelbedarfs ermöglichen. Studien hierzu fehlen allerdings bisher; ihre Durchführung wird auch dadurch erschwert, dass eine Differenzialdiagnose der Psoriasis-Arthritis in vielen Fällen problematisch sein dürfte. Positive Ergebnisse auf die akute Entzündung konnten bei parenteraler Gabe von ω-3-Fettsäuren erzielt werden. Patienten mit akuter Psoriasis guttata zeigten in einer randomisierten Studie unter stationärer Behandlung nach zehntägigen täglichen Infusionen mit ω-3-fettsäurereicher (4,2 g) Lipidemulsion im Vergleich zu ω-6fettsäurereicher Lipidemulsion Verminderungen des Schweregrads der Symptomatik im Hinblick auf Erythem, Infiltration, Desquamation und die subjektive Beurteilung der Symptome (11). Auch bei Plaquepsoriasis bestätigte sich der positive Effekt von ω-3-Fettsäureinfusionen (8,4 g) in einer doppelblinden, randomisierten Studie (12). Daneben wird die topische An-
wendung von EPA in der Psoriasistherapie diskutiert, die positive Effekte auf die Plaquedicke haben könnte (13). Insgesamt besteht eine gute Rationale für eine arachidonsäurearme und eicosapentaensäurereiche Ernährung bei Psoriasis. Zwar sind die Studienergebnisse für eine evidenzbasierte Empfehlung unzureichend, das nicht vorhandene Risiko und die relativ einfache Umsetzbarkeit dieser Ernährungsumstellung rechtfertigen jedoch, Psoriasispatienten eine solche fettsäuremodifizierte Kost anzuraten.
Gluten – Auslöser der «stillen» Zöliakie
Gluten, ein in Weizen und anderen Getreidearten vorkommendes Protein, ist Auslöser der immunologisch vermittelten gluteninduzierten Enteropathie, die im Kindesalter als Zöliakie und im Erwachsenenalter als einheimische Sprue bezeichnet wird. Gluten setzt sich aus den Polypeptiden Glutenin und Prolamin zusammen; die gluteninduzierte Enteropathie basiert auf einer immunvermittelten Intoleranz gegenüber der Prolaminfraktion. Je nach Getreidesorte wird der Prolaminanteil des Glutens unterschieden in Gliadin im Weizen, Secalin im Roggen, Hordein in der Gerste und Avenin im Hafer. Bei der gluteninduzierten Enteropathie treten schwere Schädigungen der Enterozyten auf, die zu einem weitgehenden Verlust der Absorptionsfunktion und damit zu Diarrhö und hochgradiger Malabsorption führen (14). Seit einigen Jahren ist bekannt, dass sich eine Glutenintoleranz auch mit nur geringen oder gänzlich ohne gastrointestinale Symptome manifestieren kann. Die Bestätigung der Glutensensitivität erfolgt über den Nachweis von Antikörpern gegen Gluten. Diese von aktivierten Plasmazellen gebildeten Antikörper richten sich gegen verschiedene Antigene, insbesondere Gliadin und Gewebstransglutaminase, aber auch gegen Endomysium, eine einzelne Muskelfasern umgebende Bindegewebsschicht, sowie Reticulin, einen Grundbestandteil von retikulärem Bindegewebe. Im Zusammenhang mit Psoriasis ist von Bedeutung, dass eine solche «latente» Glutensensitivität, auch als
«stille» Zöliakie bezeichnet, offenbar gehäuft auftritt. Einer Erhebung zufolge weisen 4,3 Prozent der Psoriasispatienten eine Zöliakie auf (15). Bei Psoriasispatienten fanden sich signifikant höhere mittlere Antikörper-Konzentrationen gegen Gewebstransglutaminase und Gliadin als bei Kontrollpersonen, wobei bei einem Teil der Antikörper auch eine Assoziation mit der Psoriasisaktivität nachgewiesen werden konnte (16). Diese Ergebnisse stehen allerdings im Widerspruch zu einer Studie, in der kein häufigeres Auftreten erhöhter Antigliadin-Antikörper bei Psoriasis gegenüber gesunden Kontrollen gefunden wurde, sondern eine abnorme Antigliadin-Antikörper-Konzentration auch in der Kontrollpopulation häufig auftrat (17). Für einen Zusammenhang zwischen Zöliakie und Psoriasis sprechen Daten, nach denen ein Teil der Psoriasispatienten von einer glutenfreien Ernährung profitiert. Es handelt sich um solche Patienten mit stiller Form der Erkrankung, bei denen zwar Antigliadin-Antikörper nachgewiesen wurden, die jedoch keinerlei Anzeichen einer Enteropathie zeigten. Bei diesen Patienten konnte durch eine glutenfreie Diät eine Reduktion der Psoriasissymptome erzielt werden (18). Inzwischen wurde in mehreren Untersuchungen gezeigt, dass Antigliadin-Anti-
Tabelle 1: Arachidonsäuregehalt ausgewählter Lebensmittel
(2)
Lebensmittel
Arachidonsäure
(mg/100 g)
Schweineschmalz
1700
Schweineleber
870
Eigelb
297
Thunfisch
280
Huhn
120
Hühnerei
70
Heilbutt
57
Kalbfleisch (Muskelfleisch)
53
Camembert (60% Fett i. Tr.)
34
Seehecht
29
Kuhmilch (1,5%)
2
entrahmte Milch
0
Speisequark (mager)
0
Gemüse, Kartoffeln, Nüsse, Obst 0
Diätmargarine
0
Weizenkeimöl
0
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körper-positive Psoriasispatienten zum überwiegenden Teil auf eine glutenfreie Diät innerhalb von drei bis sechs Monaten gut ansprechen und die Symptome hierdurch signifikant vermindert werden. Antigliadin-Antikörper-negative Patienten profitierten hingegen nicht von der glutenfreien Ernährung (19). Vereinzelt wurde auch über eine schnelle Regression der Hautläsionen nach glutenfreier Ernährung bei Nichtansprechen auf andere Therapieversuche berichtet. Nachweislich tritt bei Psoriasispatienten auch eine Malabsorption häufiger auf als bei gesunden Kontrollen, wofür unter anderem die gluteninduzierte Enteropathie verantwortlich sein könnte. Die Ursachen für die Assoziation zwischen Psoriasis und Zöliakie sind bis heute unbekannt. Folgende Mechanismen werden diskutiert: (a) eine erhöhte Dünndarmpermeabilität, die die Passage kleiner Mengen an Mikroorganismen ermöglicht, die wiederum als Superantigene fungieren und das Auftreten oder Fortschreiten der Psoriasis bei prädisponierten Personen induzieren; (b) die durch Gliadin induzierte T-Zell-Sensitivierung (da T-Zellen in der Pathogenese beider Erkrankungen eine bedeutende Rolle spielen), sowie (c) die Assoziation mit einem Vitamin-D-Mangel, der bei beiden Erkrankungen häufig vorkommt (20). Die praktische Umsetzung einer glutenfreien Diät ist mit erheblichen Einschränkungen und Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten verbunden, da alle heimischen Getreidesorten (Weizen, Roggen, Gerste, Hafer) und alle unter Verwendung dieser Getreidesorten hergestellten Produkte (z.B. Nudeln, Backwaren, Bier) gemieden werden müssen. In den letzten Jahren wird allerdings Hafer aufgrund seiner abweichenden Prolaminstruktur und der meist guten Verträglichkeit für Zöliakiepatienten als tolerabel eingestuft. Sein Verzehr führte nur in Einzelfällen zu einer Verschlechterung der Mucosahistologie, sodass Hafer inzwischen in Skandinavien und den USA als Bestandteil einer glutenfreien Diät als sicher eingestuft wird (21). Prinzipiell empfiehlt es sich, bei Verdacht auf eine latente Glutensensitivität zunächst die für die Zöliakiediagnostik üblichen Antikörperuntersuchungen vorzu-
nehmen, bevor zu einer glutenfreien Diät anzustreben sind (25, 26). Um derartige
geraten wird.
auch nur im Ansatz zu erreichen, sind vor
Vitamin D3 – nicht nur in der topischen Anwendung
allem in der sonnenarmen Jahreszeit Vitamin-D-Supplemente notwendig. Insgesamt könnte eine Steigerung der Vit-
Die topische Applikation von Vitamin-D3- amin-D-Zufuhr aufgrund der immunregu-
Analoga stellt bei Psoriasis eine etablierte latorischen Effekte bei Psoriasispatienten
Therapiemassnahme dar. Die biologisch die Hautsymptome verbessern. Bei topi-
aktive Form des Vitamin D (1,25-Dihy- scher Behandlung ist eine Supplementie-
droxycholecalciferol, Calcitriol) sowie rung aufgrund des Risikos einer Hyper-
Vitamin-D3-Analoga besitzen vielfältige kalzämie jedoch kontraindiziert.
positive Wirkungen auf das Psoriasisgeschehen. So wirken sie proliferations- Antioxidanzien – Vorteile durch hemmend auf Keratinozyten, während Gemüse und Obst?
sie gleichzeitig deren Zelldifferenzierung Das Ausmass der entzündlichen Haut-
fördern, die bei Psoriasis vermindert ist. läsionen steht auch mit einer erhöhten
Darüber hinaus weisen sie immun- und Bildung reaktiver Sauerstoffspezies in
entzündungsmodulierende Eigenschaf- Verbindung. So wurden aus Hautfibro-
ten auf, indem sie die Freisetzung von blasten von Psoriasispatienten vermehrt
Tumor-Nekrose-Faktor α und Interleukin 1 Superoxidanionen freigesetzt. Ausser-
in psoriatischen Hautläsionen reduzieren dem zeigten erhöhte Malondialdehyd-
(22). Auch ein protektiver Effekt von Calci- konzentrationen in Plasma und Erythro-
triol gegenüber hyperosmotisch oder zyten eine verstärkte Lipidperoxidation
durch oxidativen Stress induzierten Zell- an, während die Konzentrationen der
tod von Keratinozyten wurde beschrie- Antioxidanzien, Vitamin E, Beta-Carotin
ben (23).
und Selen im Serum erniedrigt waren (5,
Insbesondere in den nördlichen Regionen 27, 28). In einer Fallkontrollstudie war das
Europas ist aufgrund der geringen Son- Psoriasisrisiko invers zur Aufnahme von
neneinwirkung ein marginaler Vitamin-D- Karotten, Tomaten und frischem Obst so-
Status weitverbreitet (24). Hierzu trägt wie der Beta-Carotin-Zufuhr assoziiert
auch die vermehrte Anwendung von Son- (29). Dies legt einen möglichen Nutzen ei-
nenschutzmassnahmen zur Vorbeugung ner zusätzlichen Gabe von Antioxidan-
des Melanoms bei, ebenso die bei älteren zien nahe. Allerdings liegen bisher nur
Menschen verminderte Ei-
gensynthese. Dabei ist ausserdem zu berücksichtigen, dass die bislang als wünschenswert angesehe-
Tabelle 2: Gehalt an ω-3-Fettsäuren in Seefisch und Fischöl (EPA: Eicosapentaensäure, DHA: Docosahexaensäure)
(2, ergänzt)
ne Versorgung mit Vitamin D vermutlich unzureichend Fettreiche Fische
EPA (g/100 g)
DHA (g/100 g)
ist, um die präventiven Wir- Hering
1,0 0,7
kungen des Vitamins zu nutzen. Galten bislang Plasmaspiegel des VitaminD-Metaboliten 25-Hydroxycholecalciferol im Bereich von zirka 10 bis 40
Makrele Lachs Thunfisch Fettarme Fische Kabeljau Schellfisch Fischöl und Lebertran
0,9 0,4 0,4
0,1 0,1
1,6 0,6 1,2
0,2 0,1
nmol/l als Indikator einer Lachsölkonzentrat*
18
12
angemessenen Versor- Lebertran
12 8
gung, so wird inzwischen deutlich, dass diese Werte zu niedrig bemessen sein dürften und Plasmaspiegel von mindestens 70 nmol/l
*natürliches Fischöl; in Fischölpräparaten werden vielfach auch umgeesterte Fischöle mit erhöhtem Gehalt an ω-3Fettsäuren sowie veränderten Relationen an EPA und DHA angeboten
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wenige Interventionsstudien zu den Auswirkungen einer ergänzenden Antioxidanzienzufuhr, beispielsweise von Selen und Vitamin E, auf die Schwere der Psoriasissymptomatik vor. Sie zeigten jedoch keinen positiven Effekt einer Supplementierung (30). Eine gemüse- und obstreiche Ernährung ist allerdings aus präventiven Erwägungen generell zu empfehlen und könnte sich durch die Gesamtheit verschiedener Antioxidanzien wie Vitamin C, Flavonoiden und Carotinoiden vorteilhaft auf Hautläsionen auswirken.
Zusammenfassung
Bei der Psoriasis lassen sich wie bei anderen Erkrankungen mit entzündlicher Genese Bezüge zu verschiedenen Nahrungsfaktoren erkennen. Insbesondere die Verminderung der Aufnahme von Arachidonsäure in Verbindung mit einer erhöhten Aufnahme der langkettigen ω-3Fettsäure Eicosapentaensäure (EPA) eröffnet die Möglichkeit, diätetisch Einfluss auf die Synthese inflammatorisch wirksamer Eicosanoide zu nehmen. Durch die inzwischen bekannten immunogenen Effekte von Vitamin D bietet auch eine verstärkte Zufuhr dieser Substanz potenziell die Möglichkeit, psoriatische Hautveränderungen zu reduzieren. Die Bedeutung von Antioxidanzien beim Krankheitsgeschehen ist nicht abschliessend geklärt. Offenbar bietet ein hoher Konsum von Obst und Gemüse durch die Vielfalt an Antioxidanzien Vorteile, die isolierte Gabe einzelner Stoffe erwies sich hingegen als nutzlos. Beim Psoriasispatienten empfiehlt es sich schliesslich, über einen Antikörpernachweis ein eventuelles Vorliegen einer Glutenintoleranz zu überprüfen. Im Bestätigungsfall ist anzuraten, glutenhaltige Getreidearten zu meiden.
Korrespondenzadresse:
Dr. Maike Wolters und
Prof. Dr. Andreas Hahn1
Leibniz Universität Hannover
Institut für Lebensmittelwissenschaft und
Ökotrophologie, Abteilung Ernährungs-
physiologie und Humanernährung
Am Kleinen Felde 30
D-30167 Hannover
E-Mail: andreas.hahn@lw.uni-hannover.de
(1Korrespondenzautor)
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