Transkript
Gastroenterologie und Ernährung
Chronische Obstipation
Ursachen, Diagnostik und Therapie
Die chronische Obstipation ist im klini-
schen Alltag sehr häufig und oft mit
grossem Leid für die Betroffenen ver-
bunden. Leider bestehen zur Obstipa-
tion immer noch verschiedene Mythen
und Irrmeinungen, insbesondere im
Hinblick auf eine wirksame Therapie.
Dieser Artikel gibt einen Überblick
über die aktuelle Definition, über
pathophysiologische Grundlagen und
eine adäquate, differenzierte
Diagnostik. Der Schwerpunkt liegt in
der Diskussion der verschiedenen the-
rapeutischen Möglichkeiten inklusive
der Ernährungsempfehlungen.
Michael Manz1, Rémy Meier2
Die chronische Obstipation ist im klinischen Alltag sehr häufig. Sie betrifft in westlichen Ländern zwischen 2 und 27 Prozent der Bevölkerung (1). In der Schweiz leiden rund 7 Prozent häufig und rund 16 Prozent selten an Verstopfung (2). Eine Obstipation findet sich häufiger bei Frauen als bei Männern, bei Kindern als bei Erwachsenen, aber häufiger bei Senioren als bei jüngeren Erwachsenen (1). An Risikofaktoren für eine chronische Obstipation wurden zu wenig körperliche Bewegung, ein tiefes Bildungsniveau und niedriges Einkommen sowie sexueller Missbrauch in der Anamnese und eine Depression identifiziert (3). Zur chronischen Obstipation gibt es immer
1Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsspital, Petersgraben 4, 4031 Basel 2Abteilung für Gastroenterologie und Ernährung, Medizinische Universitätsklinik, Kantonsspital, 4410 Liestal
noch verschiedene Mythen und Irrmeinungen, die leider immer wieder teilweise zu einer fehlenden oder falschen Therapie führen (Tabelle 1).
Definition
Obstipation ist eine subjektive Empfindung der Patienten, die durch die Fokussierung einzig auf die Stuhlfrequenz nur ungenügend erfasst wird. Die verschiedenen Aspekte der Obstipation werden durch die Rom-Kriterien sehr gut beschrieben und die Diagnose lässt sich damit objektivieren. Seit 2006 gelten die Rom-III-Kriterien (4) (Tabelle 2). Gemäss diesen Kriterien wird die funktionelle Obstipation mittels verschiedener Stuhlgangbeschwerden beschrieben, die in den letzten drei Monaten während mindestens 25 Prozent der Zeit vorhanden waren und einem Symptombeginn vor mindestens sechs Monaten. Wichtig ist dabei auch die manchmal sehr schwierige Abgrenzung gegen das Reizdarmsyndrom mit Verstopfung.
Pathophysiologie
Häufig ist die chronische Obstipation multifaktoriell bedingt. Generell unterscheiden wir heute eine primäre chronische Obstipation von einer sekundären. Bei der Letzteren kann eine zugrunde liegende Erkrankung gefunden werden (Tabelle 3).
Die primäre chronische Obstipation kann in drei Gruppen unterteilt werden: Obstipation mit normaler Kolontransitzeit (auch idiopathische Obstipation), mit verzögerter Transitzeit (sogenannte «Slow transit constipation») oder anorektale Obstipation (Beckenbodendysfunktion). In einer Studie mit 1000 chronisch obstipierten Patienten fand sich bei 59 Prozent eine normale Transitzeit, eine ursächliche Beckenbodendysfunktion bei 25 Prozent, eine verzögerte Transitzeit bei 13 Prozent und eine Kombination der beiden Letzteren bei 3 Prozent (5).
Idiopathische Obstipation mit normaler Transitzeit
Dies ist die häufigste Form der Verstopfung. Der Transit und die Stuhlfrequenz sind normal, aber die Patienten
fühlen sich obstipiert (6), häufig infolge einer subjektiv ungenügenden Entleerung und von hartem Stuhl.
Obstipation mit verzögertem Transit: Slow Transit Constipation
Dieser Form der Obstipation liegt eine primäre Motilitätsstörung mit einer verzögerten Dickdarmtransitzeit zugrunde. Die Ursache dieser Störung ist weiterhin unklar, obwohl verschiedene Motilitätsstörungen nachgewiesen werden konnten (1). Typischerweise sind junge Frauen betroffen (7). Schwere Formen sprechen meist gar nicht auf Fasern an, und bei der sogenannten «colonic inertia» auch nicht auf Bisacodyl (8). Der Morbus Hirschsprung stellt eine Extremform der Slow Transit Constipation dar.
Anorektale Obstipation Bei dieser zweithäufigsten Form der
Verstopfung liegt meistens eine Dysfunktion des Sphinkterapparats oder der Beckenbodenmuskulatur vor.
Synonym für diese Störung werden auch Begriffe wie Anismus, Beckenbodendyssynergie, spastisches Beckenbodensyndrom oder funktionelle Austrittsobstruktion verwendet.
Die Störung bei der rektalen Entleerung kann durch eine Unfähigkeit zur Koordination der abdominellen-, rektoanalen und Beckenbodenmuskulatur während der Defäkation bedingt sein (9, 10). Durch diese paradoxe Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur wird die Stuhlentleerung erheblich erschwert oder gar verunmöglicht (11). Bei Patienten mit dieser Störung finden sich gehäuft psychologische Stressfaktoren bis hin zum sexuellen Missbrauch in der Eigenanamnese (12).
Diagnostik
Die Diagnostik hat zum Ziel, eine zugrunde liegende Erkrankung auszuschliessen oder zu bestätigen. Mit angemessenem Aufwand können die meisten sekundären Obstipationsursachen ausgeschlossen werden (Tabelle 3). Am Anfang steht eine ausführliche Anamnese mit Schwerpunkt auf den Rom-III-Kriterien, der Stuhlform, den Alarmsymptomen und allfälligen verstopfungsfördernden Medikamenten
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(Tabelle 4). Die klinische Untersuchung fokussiert auf die Inspektion des Bauchs und der Analregion mit der Frage nach Narben, Fisteln, Fissuren oder einem Prolaps. Auch die digitale rektale Untersuchung mit Beurteilung des Schliessmuskels und Frage nach Stuhlimpaktation, Strikturen oder Tumoren gehört zum Basisprogramm. Durch eine einfache Laboranalyse mit Blutbild, CRP, Elektrolyten, Nüchternblutzucker und einem basalen TSH können eine Reihe von sekundären Obstipationsformen vermutet oder ausgeschlossen werden. Es muss aber gesagt werden, dass die Evidenz zur Empfehlung von Blut- und Röntgenuntersuchungen sowie zur Koloskopie bei der Diagnostik der Obstipation ohne Alarmzeichen fehlt (13).
Weiterführende Abklärungen sind dann notwendig, wenn ein Therapieversuch über zwei bis drei Wochen zu keiner Verbesserung geführt hat und durch die Basisdiagnostik keine Ursache identifiziert wurde. Die Art und die Intensität der weiteren Abklärungen hängen vom Alter und vom Vorhandensein von Alarmsymptomen ab. Es gilt: Je jünger der Patient und je typischer die Anamnese ist, desto weniger Abklärungen sind nötig. Bei allen Patienten über 50 Jahre oder Patienten mit einer positiven Familienanamnese für kolorektale Karzinome spätestens ab 40 Jahren sollte immer eine Koloskopie durchgeführt werden (14). Auch Patienten mit Alarmsymptomen wie Gewichtsverlust, kurzfristiger Änderung der Stuhlgewohnheiten, Fieber, Blut ab ano oder Anämie sollten mit einer Dickdarmspiegelung abgeklärt werden.
In der weiteren Funktionsdiagnostik kann die Bestimmung der Transitzeit zur Unterscheidung zwischen einer Slow-Transit-Obstipation und einer Verstopfung mit normalem Transit hilfreich sein. Normalerweise beträgt die Transitzeit weniger als 72 Stunden. Die Kolontransitzeit kann entweder mit röntgendichten Markern oder szintigrafisch bestimmt werden. Bei der Markertechnik wird während sechs Tagen um 8.00 Uhr morgens eine Gelatinekapsel mit jeweils 10 röntgendichten Markern eingenommen und am siebten Tag eine Röntgenaufnahme des Abdomens gemacht. Die Zahl sichtbarer Marker multipliziert mit 2,4 ergibt die Transitzeit in Stunden (Abbildung) (15).
Zur Basisdiagnostik bei Verdacht auf eine anorektale Störung gehört eine proktologische Untersuchung mit dem
Tabelle 1: Mythen und Irrmeinungen zur chronischen Obstipation
• Obstipation ist durch ungenügende Aufnahme von Nahrungsfasern bedingt • Erhöhung der täglichen Fasermenge ist wirksam bei der Mehrheit der obstipier-
ten Patienten • Obstipation ist durch ungenügende Flüssigkeitsaufnahme bedingt • Erhöhung der täglichen Flüssigkeitsmenge ist hilfreich in der Behandlung der Ob-
stipation • Obstipation ist durch ungenügende körperliche Betätigung bedingt • Obstipation ist durch einen überlangen Dickdarm bedingt • Obstipation ist durch abnormale Spiegel von Geschlechtshormonen bedingt • Laxanzien verursachen eine Schädigung des enterischen Nervensystems
Daten von Müller-Lissner et al (17)
Tabelle 2: Rom-III-Kriterien zur Diagnose der funktionellen Obstipation
Während mindestens 3 der vorhergehenden 6 Monate, dauernd oder intermittierend: • Mindestens 2 der folgenden Kriterien in mehr als 25% der Zeit
– starkes Pressen beim Stuhlgang – klumpiger oder harter Stuhl – Gefühl der inkompletten Entleerung – Gefühl der anorektalen Obstruktion/Blockierung – manuelle Manöver zur Erleichterung der Defäkation – weniger als 3 Entleerungen pro Woche • Kein weicher Stuhlgang ohne Laxanzien • Kein Reizdarmsyndrom
Nach Longstreth et al. (4)
starren Proktoskop. Ergänzend können eine anorektale Manometrie, ein rektaler Ballonexpulsionstest und eine Video- oder MR-Defäkografie durchgeführt werden (1).
In der täglichen Praxis ist es von entscheidender Wichtigkeit, die Patienten gezielt auf ihre Stuhlgewohnheiten anzusprechen, denn häufig verschweigen oder verharmlosen diese ihre Probleme. Mit einem offenen Gespräch können oft falsche Erwartungshaltungen korrigiert und viel Leid verhindert werden.
Therapie
Das Ziel der Therapie der chronischen Obstipation ist ein subjektiv beschwerdefreier Patient. Dass dafür teilweise hohe Dosen an abführenden Medikamenten notwendig sind, spielt keine Rolle. Häufig aber sind die Beschwerden mild, situativ und von kurzer Dauer. Nicht verschreibungspflichtige Medikamente werden oft mit Erfolg zur Selbstbehandlung konsumiert (16). In Tabelle 5 sind die wichtigsten Therapiemöglichkeiten zur Obstipation zusammengefasst.
Allgemeine Empfehlungen Die Datenlage für Allgemeinmass-
nahmen ist dürftig. Eine generelle Steigerung der täglichen Flüssigkeitsmenge wird in der Regel empfohlen und ist beim tatsächlich dehydrierten Patienten sicherlich nötig (17). Gelegentlich hilft ein Glas kaltes Wasser am Morgen, um den Defäkationsreiz auszulösen. Der Patient soll darauf hingewiesen werden, den Stuhlgang nicht zu unterdrücken oder die Entleerung hinauszuzögern.
Eine Steigerung der körperlichen Aktivität ist allgemein sinnvoll, obwohl es nur wenig Evidenz gibt, dass regelmässiges Training beziehungsweise Bewegung die Obstipation vermindert oder verbessert (18). Immerhin konnte im Rahmen der Nurses’ Health Study gezeigt werden, dass körperliche Aktivität zwei- bis sechsmal pro Woche das Risiko für eine Obstipation um 35 Prozent senken konnte (19).
Ernährung Für eine normale Darmfunktion
wird eine ausgewogene Mischkost mit genügend Fasern aus Früchten, Gemüse und Getreide empfohlen. Die
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Tabelle 3: Sekundäre Obstipationsursachen
Mechanische Obstruktion kolorektale Karzinome Kompression von aussen Strikturen (ischämisch/nach Divertikulitis/nach Bestrahlung) grosse Rektozele Analfissur/Analstenose
Metabolische Störungen Diabetes mellitus Hypothyreose Hyperparathyreoidismus Hypokaliämie Hyperkalzämie Urämie Hypomagnesiämie
Abbildung: links: normaler Transit, rechts: verlangsamter Transit.
Myopathien Amyloidose Sklerodermie
Neurologische Störungen Morbus Parkinson Rückenmarksverletzung zerebrovaskulärer Insult multiple Sklerose
Andere Depression Demenz Immobilität Herzkrankheit
Adaptiert nach Locke et al. (28)
täglich eingenommene Fasermenge sollte im Rahmen einer gesunden Ernährung etwa 20 bis 25 Gramm betragen. Die Wirkung der Fasern auf die Stuhlmasse ist abhängig von der Wasseraufnahmefähigkeit, der Stimulation der intestinalen Darmflora, von der Fermentation und der Gasproduktion (H2, CO2).
Insgesamt ist der Effekt einer faserreichen Kost bei der Obstipation aber gering. Die Zunahme des Stuhlgewichts ist am besten bei rohem Getreide, Früchten und Gemüse. Pro Gramm eingenommene Fasern nimmt das Stuhlgewicht um etwa 6 g pro Tag zu und erhöht die Stuhlfrequenz durchschnittlich pro Woche nur um rund 1,5 Entleerungen. Der Gebrauch von Laxanzien konnte in einigen Studien reduziert werden (20, 21).
Individuell können auch eingelegte Pflaumen oder Feigen sowie Sauermilchprodukte oder probiotische Produkte die Darmtätigkeit anregen.
Für Bifidobacterium animalis wurde eine Beschleunigung des Transits im Kolon gefunden. Der Effekt war bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern (22–24). Mit dem gleichen Bakterium wurde die Stuhlfrequenz in einer Untergruppe von Patienten mit Reizdarmsyndrom mit starker Obstipation signifikant gesteigert (25). Wichtig ist auch, bei Ernährungsempfehlungen auf verstopfungsfördernde Lebensmittel wie Schwarztee, Kakao und Schokolade aufmerksam zu machen.
Quellmittel Da eine faserreiche Kost oft nicht aus-
reicht, braucht es häufig noch zusätzliche kommerzielle Quellmittel (1).
Quelllaxanzien bestehen aus löslichen (Psyllium, Isphagula, Guar, Pektin) oder nicht löslichen (Zellulose) Fasern. Sie sind hydrophil, absorbieren Wasser aus dem Darmlumen und erhöhen dadurch das Stuhlvolumen und Stuhlgewicht und machen ihn weich. Die Darmpassage wird dadurch leicht beschleunigt. Flohsamenpräparate (Psyllium oder Plantago ovata) haben sich am besten bewährt. Generell
werden die Fasersupplemente vom Patienten gut toleriert. Zu beachten ist eine langsame Dosissteigerung, um Flatulenz und Blähungen vorzubeugen. Patienten mit einer normalen Kolontransitzeit sprechen in über 85 Prozent auf Füll- und Quellmittel an. Bei verlangsamtem Transit oder anorektaler Dysfunktion ist dies mit nur 20 Prozent deutlich geringer (26).
Gleitmittel Gleitmittel machen den Stuhl weich
und gleitfähig und eignen sich speziell für anale Ursachen einer Obstipation. Glycerol wird als Klysma oder als Suppositorium rektal appliziert mit raschem Wirkungseintritt innert Minuten bis einer Stunde.
Osmotische Laxanzien Bei den osmotischen Laxanzien han-
delt es sich um schlecht oder nicht resorbierte Substanzen, die zu einem Wassereinstrom ins Darmlumen führen. Die osmotischen Laxanzien kann man unterteilen in salinische Substanzen (Natriumsulfat = Glaubersalz, Magnesiumsulfat = Bittersalz, Natrium-
Tabelle 4: Medikamentöse Ursachen der Obstipation
Opiate Anticholinergika Antidepressiva, v.a. trizyklische Kalziumantagonisten Anti-Parkinson-Medikamente Antihistaminika Diuretika
Sympathomimetika Antazida (v.a. kalziumhaltige) Kalziumsupplemente Eisensupplemente Nichtsteroidale Antirheumatika Antidiarrhoika (Loperamid)
Nach Locke et al (28)
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Tabelle 5: Substanzen zur Therapie der Obstipation
Fasern lösliche Fasern
nicht lösliche Fasern Osmotische Laxanzien salinische Substanzen
Zucker/Zuckeralkohole
Polyethylenglykole mit Elektrolyten Stimulierende Laxanzien pflanzlich
chemisch Gleitmittel
Psyllium Guar partiell hydrolysierierte Guar-Faser Karaya-Gummi (Sterculia) Pectin Zellulose
Natriumsulfat Magnesiumsulfat Natriumhydrogenphosphat Lactulose Lactitol Sorbitol Mannitol Macrogol
Senna Frangula Aloe Rizinusöl Bisacodyl Natriumpicosulfat Glycerol
hydrogenphosphat) und in schlecht resorbierbare Zucker (Lactulose, Lactitol) respektive Zuckeralkohole (Sorbitol, Mannitol). In der Regel braucht es einige Tage bis zum Wirkungseintritt. Bei nieren- und herzinsuffizienten Patienten muss diese eigentlich gut verträgliche Substanzgruppe mit Vorsicht verwendet werden, da sie zu Elektrolytstörungen (Hypokaliämie, Natriumretention) und Hypervolämie führen kann. Ein Nachteil entsteht durch die bakterielle Fermentation der Zuckerverbindungen im Dickdarm, die zu Blähungen und störender Flatulenz führen kann. Diese Nebenwirkungen treten bei der neueren Substanzgruppe der Polyethylenglykole (Macrogol mit oder ohne Elektrolyte) deutlich weniger auf, da diese nicht fermentiert werden (27). Diese sogenannten isoosmotischen Laxanzien werden heute häufig und mit Erfolg eingesetzt.
Motilitäts- und sekretionsbeeinflussende Laxanzien
Motilitäts- und sekretionsbeeinflussende Laxanzien stimulieren die Motilität, dadurch wird die Stuhlpassage beschleunigt. Dem Darminhalt wird somit einerseits weniger Wasser entzogen, andererseits wird der Flüssigkeitsgehalt des Stuhls durch Wasser- und Elektrolyteinstrom gesteigert. In dieser
Gruppe unterscheidet man die pflanz-
lichen Substanzen wie die Anthra-
noide (Senna, Aloe, Faulbaum = Fran-
gula) und Rizinusöl von den
chemischen Substanzen (Bisacodyl,
Natriumpicosulfat).
Ein Vorteil der stimulativen Laxan-
zien ist der rasche Wirkungseintritt
(Stunden), leider führen sie aber gele-
gentlich zu Bauchkrämpfen. Bei chro-
nischem Gebrauch können anthra-
noidhaltige Substanzen zu einer
braun-schwarzen Pigmentierung (Pseu-
domelanose) der Kolonschleimhaut
führen. Diese Erscheinung ist absolut
harmlos und bildet sich in der Regel
nach dem Absetzen der Laxanzien
zurück. Die frühere Befürchtung, der
chronische Gebrauch dieser Laxanzi-
engruppe könne zu Schäden am auto-
nomen Nervensystem des Kolons oder
gar zu Dickdarmkrebs führen, ist un-
begründet (17).
Jegliche Therapie der chronischen
Obstipation sollte für mindestens vier
Wochen beibehalten werden, oft ist
eine lebenslange Therapie nötig. Alle
beschriebenen Laxanzien sind als sehr
sicher und wirksam zu betrachten.
Nebenwirkungen wie ein Gewöhnungs-
effekt oder eine Toleranzentwicklung
kann man meist als nicht relevant aus-
ser Acht lassen.
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Korrespondenzadresse: Dr. med. Michael Manz Abteilung für Gastroenterologie Universitätsspital Petersgraben 4 4031 Basel Tel. 061-265 25 25 Fax 061-265 53 52 E-Mail: mmanz@uhbs.ch
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