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Thema
2 • 2021
Risikostratifizierung über Metagenomik
Kann die Ernährung über die Darmflora Krankheitsrisiken beeinflussen?
Mit Hilfe metagenomischer Sequenzierung konnte ein internationales Forscherteam wissenschaftlich belegen, dass die Ernährung über die Darmflora auch die Gesundheit und Krankheitsrisiken seines Wirts beeinflussen könnte, wie eine aktuell in Nature Medicine publizierte Studie berichtet.
Das intestinale Mikrobiom, das wesentlich durch die Ernährung seines Wirts geprägt wird, beeinflusst seinerseits wieder den Stoffwechsel und damit die Gesundheit des Wirtsorganismus. Für den Nachweis dieser Zusammenhänge untersuchte die Forschergruppe im Rahmen der so genannten PREDICT-(Personalized REsponses to DIetary Composition Trial)-Studie den Einfluss der Ernährungsgewohnheiten auf die Artenvielfalt der Darmflora sowie mögliche Korrelationen mit medizinischen Befunden einer Studienpopulation mit rund 1100 Probanden. Mithilfe metagenomischer Sequenzierung gelang es in den über 1203 verschiedenen Mikrobiota-Proben, die darin vorhandenen Bakterienarten zu charakterisieren und ihre Zusammensetzung mit den jeweiligen Ernährungsgewohnheiten (die aus Fragebögen entnommen wurden) und den ermittelten medizinischen Daten der Probanden zu vergleichen.
Ernährung entscheidend für die Zusammensetzung des Mikrobioms Die ersten Befunde bestätigten signifikante Verflechtungen zwischen der Darmflora, ihrer Artenvielfalt und den aufgenommenen Nahrungsmitteln, was weniger erstaunlich und von Ernährungsexperten auch seit Langem vermutet wurde. So resultierte die Zufuhr einer gesunden pflanzenbasierten Ernährung, die neben viel Gemüse auch Nüsse und Meeresfrüchte enthielt, in einer
anderen charakteristischen Zusammensetzung des Mikrobioms als die typische Ernährung westlicher Industriegesellschaften mit zuckerhaltigen Süssgetränken, Fastfood, Fertiggerichten und prozessierten Fleisch- und Wurstwaren. Beispielsweise fand sich im Mikrobiom von Probanden, die sich überwiegend pflanzlich ernährten, ein höherer Prozentsatz an Prevotella copri und Blastocystis-Arten, die bei einer vorwiegend westlich orientierten Ernährungsweise nicht nachzuweisen waren.
Gesundheitliche Effekte In einem zweiten Schritt wurden die ernährungsspezifischen Befunde mit den Ergebnissen der medizinischen Untersuchungen (u.a. Blutdruck, Carotis-Sonographie, Schlafqualität) und den Laboranalysen der Probanden verglichen. In den Blutproben hatte man die üblichen Parameter zum Glukose- und Fettstoffwechsel sowie die Entzündungsmarker bestimmt. Die Vergleiche ergaben, dass intestinale Bakterienspezies, die vor-
Bild: qimono@pixabay.com
wiegend mit pflanzenbasierter Ernährung assozi-
iert waren, oft mit solchen Bakterienarten Ge-
meinschaften bildeten, die als Marker für einen
günstigen postprandialen Glukosestoffwechsel
und/oder ein niedriges kardiometabolisches Ri-
siko angesehen werden. So konnten die Forscher
beispielsweise mehrere Bakterienstämme identi-
fizieren, deren Anwesenheit mit einem geringen
und solche, die eher mit einem hohen Risiko für
Diabetes- und Herzerkrankungen korreliert. Im
Rahmen der personalisierten Medizin könnte sich
eine metagenomische Sequenzierung des Mikro-
bioms möglicherweise zu einer vorsorglichen
Risikostratifizierung eignen, um mögliche Erkran-
kungen vor ihrer klinischen Relevanz rechtzeitig
zu erkennen.
CR
Literatur: Asnicar F, Berry SE, Valdes AM, Nguyen LH et al.: Microbiome connections with host metabolism and habitual diet from 1098 deeply phenotyped individuals. Nat Med 2021 Feb;27(2):321–332.
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