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Thema
Umstellung auf Biosimilars
Gute Aufklärung erhöht Therapieerfolg
Vor mehr als 20 Jahren haben Biologika Einzug in die Medizin gehalten, und et-
Von Dr. med. Christine Mücke
Phase-I- und Phase-III-Studien folgen, die Zulassungsstudien werden in der Regel in einer
was mehr als 10 Jahre später gab es ein erstes Biosimilar, wie die mittlerweile etablierten Nachahmerprodukte genannt werden. Am Beispiel
Indikation des Originalpräparats durchgeführt. ABP 501 (Amgevita®, ein Biosimilar von Adalimumab [Originalpräparat Humira®]) wurde in dieser Phase in den Indika-
von Amgevita® zeigte Dr. Thomas Langenegger, Baar,
tionen rheumatoide Arthritis (RA; n = 526) (1) und Psoriasis
die Anforderungen auf, die bei der Zulassung an ein
(n = 350) untersucht. Bei der RA-Studie standen in den ers-
Biosimilar gestellt werden.
ten 26 Wochen Wirksamkeit, Sicherheit und Immunogenität
im Fokus, als primärer Endpunkt war das ACR20-Ansprechen
Biologika sind in der Rheumatologie seit 1998 in Gebrauch,
(20%ige Besserung vordefinierter Symptome gemäss Ame-
das erste war der TNF-alpha-Blocker Infliximab (Remicade®).
rican College of Rheumatology) in Woche 24 definiert. Der
Dabei handle es sich um Arzneimittel mit komplexer Struktur
Effekt des Biosimilars erwies sich dem Original ebenbürtig,
und einem hohen Molekulargewicht, die aus oder mithilfe
das ACR20-Ansprechen lag in Woche 24 unter ABP 501 bei
von biologischen Organismen gewonnen würden, erinnerte
74,6 und unter Adalimumab bei 72,4 Prozent (1). In die
Langenegger einleitend. Heutzutage werden zur Produktion
72 Wochen dauernde Verlängerungsstudie wurden 467 Pa-
meist Zellkulturen eingesetzt, seltener Bakterienkulturen.
tienten eingeschlossen, die vom Original auf das Biosimilar
Die Biologika, in diesem Zusammenhang auch als Referen-
umgestellt wurden. Untersucht wurden Sicherheit und An-
zarzneimittel oder Originatoren bezeichnet, können sowohl
sprechen anhand von ACR20 und DAS28-CRP (weiterent-
aus Protein- oder Nukleinsäuren, aus Zuckern sowie aus ei-
wickelter, auf Untersuchung von 28 Gelenken basierender
ner Kombination dieser Substanzen bestehen. Meist sind es
Disease Activity Score [DAS28] unter Berücksichtigung des
monoklonale Antikörper, aber auch Hormone und andere
C-reaktiven Proteins [CRP] anstatt der Blutsenkungsge-
Substanzen können auf diese Weise hergestellt werden. Ihre
schwindigkeit als Entzündungsparameter). Die Wirksamkeit
Nachahmerprodukte, die Biosimilars, sind ähnlich in der bio-
der Therapie wurde aufrechterhalten, nur wenige Patienten
logischen Aktivität, Funktion und Struktur und müssen für
verliessen die Studie vor Ablauf der 72 Wochen (2).
die Zulassung Reinheits- und Sicherheitsprofile erfüllen. Es
seien aber keine Generika, Biosimilars seien nie vollkommen
Gute Aufklärung gegen Nozeboeffekt
gleich, betonte der Experte. Als erstes wurde 2009 ein Bio-
Ob die Wirkung nach einer Umstellung aufrechterhalten
similar von Filgrastim zugelassen. Als Bioidenticals werden
wird, ohne dass neue Nebenwirkungen dazukommen, ist
Biosimilars bezeichnet, die in der gleichen Produktionsstätte
eine wichtige Information für die Therapieplanung. Interes-
produziert, aber von unterschiedlichen Pharmafirmen unter
sante Ergebnisse lieferte dazu eine Studie, die untersuchte,
verschiedenen Namen vertrieben werden (z.B. Inflectra® von
inwieweit sich eine doppelblinde respektive eine bekannte
Pfizer, und Remsima® von iQuone).
Umstellung auf die Qualität der Behandlung auswirkt (3).
Funktioniert die Umstellung besser oder schlechter, wenn
Strenger Zulassungsprozess für Biosimilars
die Patienten wissen, dass sie ein anderes Medikament er-
Biosimilars unterliegen einem strengen, von der Europäi-
halten? Die Antwort legt Vorbehalte gegen einen Wechsel,
schen Arzneimittelagentur (EMA) definierten Zulassungspro-
also einen Nozeboeffekt, nahe, denn die Rate an Therapie-
zess. Die erste Phase stellt eine vergleichende Analyse von
abbrüchen aufgrund von Nebenwirkungen oder Wirkverlust
Struktur, Funktion, Reinheit und Stabilität des Proteins im
war grösser, wenn die Patienten wussten, dass ein Wechsel
Rahmen von In-vitro-Studien dar. Präklinische (In-vivo-) Stu-
auf ein Nachahmerpräparat erfolgte. Diesem Effekt könne
dien schliessen sich an, in denen die nicht klinische Pharma-
man aktiv begegnen, und zwar durch Beratung und Informa-
kodynamik, Pharmakokinetik und toxikologische Aspekte im
tion, wie Langenegger betonte. Er habe diesen Effekt auch
Zentrum stehen; das geschieht meistens im Tierversuch.
schon beobachten können, so der Experte. Möchte jemand
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wieder zurückwechseln, sei das auch machbar. Studien belegen in der Regel, dass die Wirksamkeit der Nachahmerprodukte gleich gut ist wie die der Originatorpräparate. Auch was die Nebenwirkungen angeht, zeigten sich ABP 501 und Adalimumab vergleichbar (1).
Indikationen auf Basis einer Extrapolation Wurde das Biosimilar im Rahmen der Zulassung erfolgreich an einer Patientenpopulation des Originators getestet, wird in der Regel angenommen, dass es in den anderen Indikationen des Originators ebenfalls gleich gut wirksam ist. Es kann auf Basis einer Extrapolation also auch in den anderen Indikationen des Originalprodukts eingesetzt werden. Ausnahmen sind Indikationen, die erst später dazukamen, deren Schutz noch nicht abgelaufen ist. Im Fall von Amgevita® beispielsweise ist die 20-mg-Dosierung bei der juvenilen idiopathischen Arthritis noch nicht zugelassen.
Ökonomische Aspekte Gemäss dem Helsana-Arzneimittelreport 2019 machen Immunsuppressiva vor den Onkologika den grössten Anteil der Gesamtkosten für Arzneimittel von 7,6 Milliarden Franken aus (4). Allein Adalimumab, Infliximab und Etanercept verursachen zusammen Kosten von 334 Millionen Franken. Wenn
Biosimilars in der Rheumatologie*:
Adaliumumab (Original Humira®):
Infliximab (Original Remicade®): Rituximab (Original MabThera®): Etanercept (Original Enbrel®):
Abrilada®, Amgevita®, Hulio®, Hyrimoz®, Idacio®, Imraldi™ Inflectra®, Remsima® Rixathon®, Truxima® Benepali®, Erelzi®
*mit Zulassung in CH nach Langenegger, www.swissmedicinfo.ch
stattdessen Biosimilars zum Einsatz kämen, resultierte ein Einsparpotenzial von etwa 80 Millionen Franken.
Fazit
Biosimilars durchliefen vor der Zulassung ein strenges Prüf-
verfahren und seien bezüglich pharmazeutischer Qualität,
Wirksamkeit und Sicherheit mit den Originalpräparaten
gleichwertig, wie der Experte zusammenfasste. Das Verfah-
ren ist weitaus aufwendiger als bei den Generika, die nur die
identische Struktur nachweisen müssen und ohne weitere
klinische Tests auskommen. Die Wirksamkeit scheint in allen
Indikationen mit jener der Originalpräparate gleichwertig zu
sein. Dennoch kann es bei der Zulassung hinsichtlich der In-
dikationen Unterschiede geben. Eine Umstellung vom Origi-
nator auf ein Biosimilar ist möglich. Seiner Erfahrung nach
sei eine solche Umstellung in den meisten Fällen unproble-
matisch, berichtete Langenegger. Die Wirksamkeit kann bei
einem kleinen Teil geringer, dafür bei anderen aber auch bes-
ser sein als beim Originalpräparat – ein bekannter Klassen-
effekt bei den TNF-alpha-Blockern. Wichtig ist zudem, dass
die Biosimilars kostengünstiger sind und damit in Zukunft
helfen können, die immensen Medikamentenkosten zu re-
duzieren.
x
Quelle: «Biosimilars: Stand 2020 am Beispiel von Amgevita®», Webinar von Rheuma Schweiz, mit freundlicher Unterstützung von Amgen, 17. April 2020.
Referenzen: 1. Cohen S et al.: Efficacy and safety of the biosimilar ABP 501 compared with adalimumab in patients with moderate to severe rheumatoid arthritis: a randomised, doubleblind, phase III equivalence study. Ann Rheum Dis 2017; 76: 1679–1687. 2. Cohen S et al.: An open-label extension study to demonstrate long-term safety and efficacy of ABP 501 in patients with rheumatoid arthritis. Arthritis Res Ther 2019; 21: 84. 3. Odinet JS et al.: The biosimilar nocebo effect? A systematic review of double-blinded versus open-label studies. J Manag Care Spec Pharm 2018; 10: 952–959. 4. www.helsana.ch/de/helsana-gruppe/ueber-uns/gesundheitswissenschaften/arzneimittelreport.html, letzer Zugriff am 18.6.2020
Dieser Artikel erschien zuerst in Ars Medici Dossier VI + VII/2020. Die Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung.
DoXli meint:
Bankangestellte leben den ganzen Tag in einer Scheinwelt.
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