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Fortbildung
Hoher Alkoholkonsum junger Männer: Kleine Hoden und verminderte Zeugungsfähigkeit
3 • 2020
Sex, Drogen und Alkohol gehören seit Jahrzehnten ganz selbstverständlich zum Alltag vieler Heranwachsender. Dass sie mit diesem risikoreichen Verhalten ihrem Körper langfristig schaden könnten, (selbst wenn sie es später wieder ablegen sollten), kommt den meisten nicht in den Sinn. Die Folgen sind nicht unerheblich, wie italienische Wissenschaftler in der Zeitschrift «Andrology» kürzlich berichteten.
Zu hoher Alkoholkonsum – zu kleine Hoden In ihrer Querschnittsstudie (Amico-AndrologoSurvey [1]), in die etwa 10 000 italienische Abiturienten einbezogen wurden, untersuchte die Forschungsgruppe um den Andrologen Daniele Gianfrilli (Sapienza-Universität, Rom), inwieweit ein exzessiver Drogen- und Alkoholkonsum während der Adoleszenz die andrologische Entwicklung der Heranwachsenden beeinflusst. Dies erachten die Autoren deshalb von Interesse, da das in Entwicklung befindliche Urogenitalsystem im jugendlichen Alter besonders störanfällig sei und entsprechend empfindlich auf häufigen Drogenund Alkoholkonsum sowie auf sexuell übertragene Krankheiten reagieren könnte. Bei der Auswertung der Daten zeigte sich tatsächlich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen hohem Alkoholkonsum und kleinem Hodenvolumen. Von den meist 18-jährigen jungen
Männern tranken vier von fünf regelmässig Alkohol; 28 Prozent konsumierten pro Wochenende etwa fünf und mehr alkoholische Getränke, mehr als 50 Prozent hatten zudem bereits Erfahrungen mit illegalen Drogen, etwa ein Drittel rauchte regelmässig. Die Auswertung der urologischen Untersuchungen ergab, dass dieser Lebensstil nicht ohne Folgen bleibt: Bei etwa 23 Prozent der jungen Männer zeigte die Orchidometrie eine Hodenhypotrophie, die meist den linken Hoden betraf, bei 14 Prozent der Männer erwiesen sich beide Hoden als zu klein. Zudem liess sich nachweisen, dass das Hodenvolumen durch den kombinierten Konsum von Zigaretten und Alkohol beziehungsweise Zigaretten und illegalen Drogen deutlich kleiner war als bei Männern, die nur rauchten. Offenbar scheinen sich die jeweiligen Risiken zu addieren.
Hoher Alkoholkonsum stört die Sexualentwicklung Auch wenn der regelmässige Konsum von Zigaretten und illegalen Drogen sich negativ auf die Hodenentwicklung auswirkt, scheint der Effekt auf die Sexualentwicklung doch weniger dramatisch als ein hoher Alkoholkonsum. Die Autoren gehen davon aus, dass Alkohol die Testosteron-Produktion der Hoden stört und somit auch für die Hodenentwicklung schädlich ist. Ob übermässiger Alkoholkonsum auch die Zeugungsfähigkeit mindert, sollte dagegen in prospektiven Studien genauer untersucht werden.
Review bestätigt negativen Einfluss
von Drogen- und Alkoholmissbrauch
auf Testosteron und Spermaproduktion
Ein ebenfalls aktuelles, von italienischen Medizi-
nern um den Andrologen Sandro La Vignera, (Uni-
versität Catania), im «J Clin Med» publiziertes Re-
view (2) zu den Zusammenhängen zwischen
Drogen- und Alkoholmissbrauch und Hypogona-
dismus bestätigt die oben genannten Befunde.
Nach Ansicht der Autoren werden sowohl die Tes-
tosteronproduktion als auch die Spermatogenese
durch häufigen Alkoholmissbrauch im Organis-
mus auf unterschiedliche Weise negativ beein-
flusst. So konnte verschiedentlich gezeigt wer-
den, dass erhöhter Alkoholkonsum unter
anderem den Ablauf der testikulären Steroidoge-
nese stört, die Konversionsrate von Testosteron
zu Östrogen erhöht, zu einer Hodenatrophie führt
und langfristig die antioxidativen Abwehrkräfte
des Hodengewebes schwächt.
Für Männer – vor allem solche, die es werden wol-
len – eigentlich Gründe genug, etwas umsichtiger
mit ihren wichtigsten männlichen Attributen umzu-
gehen.
CR
Literatur: 1. Gianfrilli D, Ferlin A, Isidori AM, Garolla A et al.: Risk behaviours and alcohol in adolescence are negatively associated with tersticular volume: results from the Amico-Andrologo survey. Andrology 2019. https://doi.org/10.1111/andr.12659. 2. Duca Y, Aversa A, Condorelli RA, Calogero AE, La Vignera S: Substance Abuse and Male Hypogonadism. J Clin Med 2019; 8(5). pii: E732. doi: 10.3390/jcm8050732.
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