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Neues zu Cholesterin
4 • 2016
HDL und LDL – das eine möglichst hoch, das andere möglichst niedrig?
Seltene Genvariante erhöht HDL-Cholesterinspiegel und kardiovaskuläres Risiko
Bisher galt die Prämisse: Hohe HDL-Cholesterinspiegel schützen vor Arteriosklerose und ihren Folgekrankheiten, denn dieses sogenannte «gute» Cholesterin nimmt überschüssiges Cholesterin aus den peripheren Geweben auf und transportiert es zur Leber, wo es über die Galle ausgeschieden wird. HDL-Serumspiegel dürfen also ruhig etwas höher sein. Die kürzlich von Zanoni, Rader et al. in «Science» publizierte Arbeit zeigt jedoch, dass ein hohes HDL auch durchaus «böse» Folgen haben kann.
Für ihre Arbeit haben die Wissenschaftler das Erbgut von 328 Probanden mit sehr hohen HDL-Spiegeln auf genetische Ursachen hin untersucht. Dabei konzentrierten sie sich auf das Gen Scarb1, das spezifisch für den SR-B1-Rezeptor kodiert, der vor allem in der Leber exprimiert wird, dort lipidbeladenes HDL-Cholesterin bindet und so dafür sorgt, dass dieses aus dem Blut entfernt wird. Grundlage dieser Gen-Analyse waren frühere tierexperimentelle Befunde, die gezeigt hatten, dass Knockout-Mäuse ohne Scarb1-Gen nicht mehr in der Lage waren, funktionsfähige HDL-Rezeptoren auszubilden, was zu erhöhten HDL-C-Werten und zu vermehrten koronaren Plaques führte. Bei einer 67 Jahre alten Studienteilnehmerin, die einen extrem hohen HDL-C-Spiegel aufwies (152 mg/dl), beobachteten die Forscher, dass ihre Arterien mit deutlich mehr Plaques bedeckt waren, als ihrem Alter angemessen gewe-
«Science»
sen wäre. Bei der genetischen Analyse des
Scarb1-Gens fand sich in beiden Genkopien der
Probandin eine Punktmutation (Leucin statt
Prolin). Mit Hilfe von Hepatozyten aus Stammzellen der 67-
Jährigen liess sich zeigen, dass der Rezeptor durch die Mu-
tation seine Funktionsfähigkeit verliert und die Hepatozyten
somit weit weniger HDL-C aufnehmen und entsorgen können
als normalerweise.
Auch bei 18 weiteren Probanden konnte diese seltene soge-
nannte P376L-Mutation nachgewiesen werden, hier aller-
dings als heterozygote Variante, das heisst, sie trugen nur
eine mutierte Scarb1-Kopie und nicht zwei wie die oben er-
wähnte Probandin. Auch bei diesen Personen wurden höhere
HDL-C-Spiegel sowie ein deutlich erhöhtes Risiko für kardio-
vaskuläre Erkrankungen, Diabetes und Bluthochdruck nach-
gewiesen.
Die Beziehungen zwischen HDL-Funktion und kardiovasku-
lären Erkrankungen sind offenbar weitaus komplexer als bis-
her angenommen. Vermutlich wird der HDL/LDL-Quotient
zahlreicher Laboranalysen bald ebenso der Vergangenheit
angehören wie das bisher wenig erfolgreiche Konzept des
medikamentös unterstützten HDL-C-Anstiegs – der SR-B1-
Rezeptor könnte möglicherweise einfacher zu beeinflussen
sein.
CR
Literatur: Zanoni P, Khetarpal SA, Larach DB et al.: Rare variant in scavenger receptor B1 raises HDL cholesterol and increases risk of coronary heart disease. Science 2016; 351 (6278): 1166–1671.
DoXli meint:
Ich esse nicht einfach Schokolade. Ich gebe Kalorien ein Zuhause.
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