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Titel
Cholesterin Story – eine fette Geschichte
Untertitel
Reevaluation der traditionellen «Herzdiäthypothese» stellt den Nutzen pflanzlicher Öle in Frage
Lead
Eine kürzlich im britischen Ärzteblatt «BMJ» (1) publizierte Arbeit berichtet von überraschenden Ergebnissen nach Reevaluation unveröffentlichter wissenschaftlicher Daten, die im Rahmen einer in den Sechzigerjahren realisierten randomisierten, doppelblinden klinischen Studie zur herzgesunden Ernährung gewonnen wurden. Die Auswertung der alten Daten ergab, dass eine an pflanzlichen Fetten reiche Kost entgegen den ursprünglichen Erwartungen nicht vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und deren tödlichen Folgen schützt.
Datum
Autoren
-
Rubrik
Neues zu Cholesterin
Schlagworte
-
Artikel-ID
29462
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Neues zu Cholesterin

4 • 2016

Cholesterin-Story – eine fette Geschichte
Reevaluation der traditionellen «Herzdiäthypothese» stellt den Nutzen pflanzlicher Öle in Frage

Eine kürzlich im britischen Ärzteblatt «BMJ» (1) publizierte Arbeit berichtet

«British Medical Journal»

Interventionsgruppe enthielten dagegen nur 9 Prozent gesättigte Fettsäuren, dafür aber deut-

von überraschenden Ergebnissen nach

lich mehr ungesättigte Fette (14% einfach und

Reevaluation unveröffentlichter wissenschaftlicher

15% mehrfach ungesättigte Fettsäuren); die Cholesterin-

Daten, die im Rahmen einer in den Sechzigerjahren

menge wurde hier auf 166 mg/Tag reduziert.

realisierten randomisierten, doppelblinden klinischen Studie zur herzgesunden Ernährung gewon-

Ergebnisse

nen wurden. Die Auswertung der alten Daten ergab,

Im Vergleich zur Kontrollgruppe kam es in der Interventions-

dass eine an pflanzlichen Fetten reiche Kost entge-

gruppe zwar zu einer signifikanten Abnahme der Choleste-

gen den ursprünglichen Erwartungen nicht vor Herz-

rinspiegel (–13,8% versus –1,0%; p < 0,001), dennoch er- Kreislauf-Erkrankungen und deren tödlichen Folgen höhte sich die Lebenserwartung dieser Probanden dadurch schützt. nicht. Im Gegenteil: Ihr Mortalitätsrisiko stieg mit jedem Rückgang des Cholesterinspiegels um 30 mg/dl (0,78 mmol/l) Design und Zielsetzung jeweils um 22 Prozent an. Die Hazard Ratio von 1,22 war mit Bei der von 1968 bis 1973 durchgeführten Minnesota-Studie einem 95%-Konfidenzintervall von 1,14–1,32 signifikant. (Minnesota Coronary Experiment MCE) handelte es sich um Auch hinsichtlich kardiovaskulärer Erkrankungen oder Myo- eine doppelblinde, randomisierte klinische Studie, in der un- kardinfarkt ergab sich für die Interventionsgruppe keinerlei tersucht werden sollte, inwieweit der Ersatz gesättigter Fett- Benefit. Vergleichbare Ergebnisse erbrachte auch die Meta- säuren, also tierischer Fette, durch ungesättigte pflanzliche analyse – auch hier liess sich kein Nutzen der cholesterin- Fette mit hohem Linolsäuregehalt den Cholesterinspiegel senkenden Intervention auf die kardiovaskuläre Mortalitäts- senken und so die Rate an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und rate nachweisen. kardiovaskulär bedingten Todesfällen reduzieren würde. Da- rüber hinaus führten die Autoren noch eine Metaanalyse mit Fazit fünf weiteren randomisierten kontrollierten Studien (n = Aus der Auswertung der randomisierten, kontrollierten Stu- 10 808) durch, in denen die gesättigten Fette zur Senkung dien wird ersichtlich, dass der Ersatz gesättigter Fette durch des Serumcholesterins durch linolsäurereiche pflanzliche linolsäurereiche, ungesättigte pflanzliche Öle in der Ernäh- Öle ersetzt wurden. rung zwar den Cholesterinspiegel senkt, eine protektive Wir- kung auf die Rate kardiovaskulärer Ereignisse oder das Mor- Studienteilnehmer talitätsrisiko war damit jedoch nicht verbunden. Vielmehr An der MCE-Studie nahmen 9423 Frauen und Männer zwi- würden die Erkenntnisse aus der MCE-Studie zeigen, dass schen 20 und 97 Jahren teil; alle lebten als Patienten in ver- der tatsächliche Nutzen linolsäurereicher pflanzlicher Öle für schiedenen psychiatrischen Einrichtungen beziehungsweise die Herzgesundheit durch die unvollständige Veröffentli- in einem Pflegeheim im US-Staat Minnesota. chung von Studiendaten ungerechtfertigt überschätzt wor- den sei, so die Autoren. CR Interventionen Die Ernährung aller Studienteilnehmer bestand zu 38 Prozent aus verschiedenen Fettsäuren. Bei der einen Hälfte der Probanden (Kontrollgruppe) enthielt der Fettanteil 18 Prozent Literatur: Ramsden CE, Zamora D, Majchrzak-Hong S et al.: Re-evaluation of the traditional dietheart hypothesis: analysis of recovered data from Minnesota Coronary Experiment (1968–73). BMJ 2016; 353: i1246. gesättigte Fettsäuren wie Butter sowie 16 Prozent einfach und 5 Prozent mehrfach ungesättigte Fettsäuren (z.B. Mar- garine), dazu 446 mg Cholesterin/Tag. Die Mahlzeiten der –4–