Transkript
KONGRESSBERICHT
EADV 2023
Psoriasis
Wie die «richtige» Therapie wählen?
Zur Therapie der Psoriasis stehen immer mehr wirksame Substanzen zur Verfügung. Das wissenschaftliche Interesse richtet sich dabei zunehmend auf zielgerichtete Behandlungen, wie am EADV-Jahreskongress in Berlin Prof. Hervé Bachelez aus Paris (F) darlegte.
Wie sollte die «richtige» Therapie für die jeweiligen Psoriasis-Patienten ausgewählt werden? «Uns stehen mehr und mehr zielgerichtete Medikamente zur Verfügung; die Entwicklung dieser Substanzen folgt den Fortschritten bei der Aufklärung der Pathogenese dieser Erkrankung», erklärte Bachelez. Es seien nicht nur die verschiedenen anatomischen Lokalisationen der Psoriasis, sondern auch Unterschiede zwischen einzelnen Individuen respektive bestimmten Individuen-Gruppen, die die Wahl des «Mode of Action» einer Therapie bestimmen.
Viele Faktoren beeinflussen Therapiewahl
Dabei existiert eine ganze Reihe von Faktoren, die die Wahl der Therapie beeinflussen. Dazu zählten die Wirksamkeit der Behandlung, die Sicherheit, die Krankheitslokalisation, mögliche Komorbiditäten, die Praktikabilität, mögliche Schwangerschaftspläne, die Präferenzen der Betroffenen und der Fachärzte sowie regulatorische Beschränkungen. In einer Cochrane-Metaanalyse (neues Update 2023) wurden die Wirksamkeit und Sicherheit verschiedener Therapien bei Patienten mit Plaque-Psoriasis miteinander verglichen (1). Eingeschlossen wurden 179 randomisierte Studien mit insgesamt 62 339 Teilnehmern. Dabei erreichten mehr Patienten unter Biologika (Anti-IL17, Anti-IL12/23, Anti-IL23 und Anti-TNF-alpha) einen PASI 90 als unter Nichtbiologika (Ciclosporin, Apremilast, MTX). Die wirksamsten Medikamente (SUCRA rank order) gegenüber Plazebo waren dabei Infliximab (RR: 49,16), Bimekizumab (27,86), Ixekizumab (27,35), Risankizumab (26,16) und Secukinumab (24,12). Bachelez machte darauf aufmerksam, dass es sich bei diesen Studien in den meisten Fällen nicht um Head-to-head-Studien handele. Hinsichtlich schwerer Nebenwirkungen konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Interventionen und Plazebo festgestellt werden. Allerdings basierten diese Sicherheitsanalysen auf sehr wenigen Ereignissen, weshalb hier Vorsicht geboten sei, so die Autoren der Cochrane-Metaanalyse.
Therapierefraktäre versus Superresponder
Hinsichtlich der Therapieadhärenz bei Psoriasis-Patienten hat der IL-23-Inhibitor Guselkumab die Nase vorn (2). Gemäss einer weiteren Vergleichsstudie lag die Wahrscheinlichkeit, auch nach 2 Jahren noch mit diesem Antikörper behandelt zu werden, bei Guselkumab bei rund 90 Prozent, bei Ustekinumab bei rund 82 Prozent und bei Ixekizumab, Secukinumab und Adalimumab bei rund 75 Prozent. Der wichtigste – wenn auch nicht der einzige – Grund für einen Therapiewechsel sei dabei die nachlassende Wirksamkeit der Substanzen respektive das Auftreten neuerlicher Flares, betonte Bachelez. Eine andere interessante Untersuchung nahm hinsichtlich des Outcomes einer Psoriasis-Therapie zwei Extreme unter die Lupe, nämlich auf der einen Seite die therapierefraktären Patienten und auf der anderen Seite die so genannten Superresponder (3). Bei ersteren war die Behandlung mit mindestens drei Biologika (≥ 2 unterschiedliche Wirkmechanismen) gescheitert, bei letzteren zeigte sich nach einer ersten Biologikatherapie über mindestens 5 Jahre keine Psoriasis-Läsion mehr. Von den insgesamt 3280 Patienten wurden 214 (6,5%) als therapierefraktär und 207 (6,3%) als Superresponder identifiziert. Therapierefraktäre Patienten wiesen im Vergleich zum Gesamtkollektiv ein höheres Körpergewicht (100,6 kg vs. 90,6 kg, p < 0.0001) und einen höheren mittleren BMI (32,2 vs. 29,4, p < 0.0001) auf. Die Superresponder hatten gegenüber den Therapierefraktären zudem einen höheren sozioökonomischen Status und weniger Komorbiditäten (p < 0.0001).
Genmutationen und Psoriasis
Für zielgerichtete Therapien treten genotypische Biomarker immer stärker in den Fokus. Inwieweit können sie bei der Wahl personalisierter Therapien helfen? Bereits 2013 wurde bei Psoriasis-Patienten untersucht, ob drei unterschiedliche genetische Prädispositionen (HLA-Cw6; TNFAIP3 rs610604 Polymorphien; LCE3B/3C Gendeletionen) das Ansprechen auf eine Ustekinumab-Behandlung beeinflussen
12 SZD 1/2024
KONGRESSBERICHT
EADV 2023
(4). Dabei zeigte sich, dass Cw6-positive Patienten im Vergleich zu Cw6-negativen Patienten stärker und schneller auf den Interleukin-12/23-Inhibitor reagierten (PASI 75 nach 28 Wochen: 96,4% vs. 72,7%). Für die beiden anderen Genveränderungen konnten keine Assoziationen gefunden werden. Zwar besässen die Träger von HLA-Cw6 eine höhere Chance auf ein Ustekinumab-Ansprechen, allerdings sei eine Therapie auf Basis dieses Werkzeugs für die klinische Routine bislang nicht praktikabel, erklärte Bachelez. Ein weiterer Ansatzpunkt sind CARD14-Mutationen, von denen mittlerweile einige Varianten identifiziert wurden. Ihr Auftreten ist mit Psoriasis und familiärer Pityriasis rubra pilaris (PRP) verbunden (5). Tatsächlich zeigen viele Träger dieser Mutationen Symptome beider Erkrankungen. Konventionelle Therapien wie Methotrexat und orale Retinoide, aber auch TNF-αInhibitoren sind bei diesen Mutationen oft erstaunlich wirkungslos. In einer kleinen Studie wurden 15 Verwandte mit CARD14-assoziierter papulosquamöser Eruption (CAPE) identifiziert (6). Charakteristische Kennzeichen waren das Auftreten der Erkrankung in jungen Jahren, prominente Ausprägung an Wangen, Kinn und Ohren, Familiengeschichte von Psoriasis oder PRP, ein minimales Ansprechen auf konventionelle Therapien – und eine Verbesserung mit dem Interleukin (IL)-12/23-Inhibitor Ustekinumab.
Seit einiger Zeit setzt sich unter Wissenschaftlern die
Meinung durch, dass die unterschiedlichen Psoria-
sis-Formen nicht auf einzelne Gene zurückzuführen
sind, sondern dass es sich dabei um eine multigene-
tische Erkrankung handelt, bei der verschiedene
Gene zusammenspielen. Daher würden Einzel-Gen-
Modelle und die Hypothese «One target fits all» zu-
nehmend unwahrscheinlich, so Bachelez.
s
Klaus Duffner
Quelle: Vortrag von Hervé Bachelez «How to select the right treatment for your patients with Psoriasis» beim Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV), 11. bis 14. Oktober 2023 in Berlin.
Referenzen: 1. Sbidian E et al.: Systemic pharmacological treatments for chronic plaque psoriasis:
a network meta-analysis. Cochrane Database Syst Rev. 2023;7(7):CD011535. doi: 10.1002/14651858.CD011535.pub6. 2. Yiu ZZN et al.: Drug Survival Associated With Effectiveness and Safety of Treatment With Guselkumab, Ixekizumab, Secukinumab, Ustekinumab, and Adalimumab in Patients With Psoriasis. JAMA Dermatol. 2022 Oct 1;158(10):1131-1141. doi: 10.1001/jamadermatol.2022.2909. 3. Loft N et al.: Prevalence and characterization of treatment-refractory psoriasis and super-responders to biologic treatment: a nationwide study. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2022;36(8):1284-1291. doi: 10.1111/jdv.18126. Epub 2022 Apr 12. 4. Talamonti M et al.: Pharmacogenetics of psoriasis: HLA-Cw6 but not LCE3B/3C deletion nor TNFAIP3 polymorphism predisposes to clinical response to interleukin 12/23 blocker ustekinumab. Br J Dermatol. 2013;169(2):458-63. doi: 10.1111/ bjd.12331. 5. Israel L, Mellett M: Clinical and Genetic Heterogeneity of CARD14 Mutations in Psoriatic Skin Disease.Front Immunol.2018;9:2239.doi: 10.3389/fimmu.2018.02239. 6. Craiglow BG et al.: CARD14-associated papulosquamous eruption: A spectrum including features of psoriasis and pityriasis rubra pilaris. J Am Acad Dermatol. 2018;79(3):487-494. doi: 10.1016/j.jaad.2018.02.034. Epub 2018 Mar 1.
14 SZD 1/2024