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BERICHT ZUM SCHWERPUNKT
Psoriasis und Schwangerschaft
Therapie engmaschig überprüfen und interdisziplinär behandeln
Schwangere Psoriasis-Patientinnen müssen während der Schwangerschaft engmaschig dermatologisch mitbetreut werden. Eine Therapie mit Systemtherapeutika muss nicht per se abgebrochen, aber überprüft werden. Es stehen Medikamente zur Verfügung, die eine ungestörte Schwangerschaft ermöglichen. Darauf wiesen Expertinnen der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) anlässlich des Welt-Psoriasis-Tages am 29. Oktober 2023 hin.
Bei mehr als der Hälfte der Erkrankten tritt die Schuppenflechte vor dem 50. Lebensjahr auf. Fast ein Viertel dieser Patientengruppe mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis ist weiblich. Zur Behandlung der Psoriasis vulgaris (PV) stehen seit einigen Jahren gut wirksame und sichere Systemtherapien zur Behandlung der mittelschweren und schweren Form zur Verfügung. «Die Psoriasis-Behandlung von schwangeren und stillenden Frauen sowie Frauen mit Kinderwunsch ist herausfordernd, denn die Therapie soll nicht nur der Mutter helfen, sondern auch dem Kind nicht schaden», erklärte Dr. Galina Balakirski vom Helios Universitätsklinikum Wuppertal (D). Da es
kaum Studien zu schwangeren Frauen mit Psoriasis gibt, basiert die Therapiewahl auf der ärztlichen Erfahrung, den Fachinformationen und der verfügbaren wissenschaftlichen Literatur. «Die wichtigste Botschaft ist sicherlich, dass eine Schuppenflechte eine Schwangerschaft nicht ausschliesst», betonte Balakirski. Unabhängig davon, wie stark die Erkrankung ausgeprägt ist, sollte die Schwangere auf jeden Fall interdisziplinär und engmaschig behandelt werden. «Klinische Erfahrungen zeigen, dass sich der mit der Schwangerschaft einhergehende Hormonschub positiv auf den Verlauf der Psoriasis auswirkt. Das trifft jedoch nicht auf alle
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erkrankten Frauen zu. Bei etwa einem Viertel muss mit einer Verschlechterung des Hautzustandes bzw. der Hauterkrankung gerechnet werden», erklärte die Dermatologin. Eine erhöhte Krankheitsaktivität in der Schwangerschaft könne zu Komplikationen wie beispielsweise Frühgeburtlichkeit oder einem geringen Geburtsgewicht des Kindes führen.
«Die Therapie soll nicht nur »der Mutter helfen, sondern auch
dem Kind nicht schaden.
Wenn Patientinnen aufgrund ihrer mittelschweren oder schweren Schuppenflechte bereits systemtherapeutisch behandelt werden, sollte mit dem Bekanntwerden der Schwangerschaft die Therapie geprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Zu den traditionellen Systemtherapeutika gehört das Immunsuppressivum Ciclosporin, zu dem es die umfangreichste Kenntnis gibt: Diese Therapie kann bei medizinischer Notwendigkeit während der Schwangerschaft fortgesetzt oder eingeleitet werden. Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen, wie Hypertonie (hoher Blutdruck) in der Schwangerschaft und damit verbundenen Risiken für die Mutter und das ungeborene Kind, wird diese Substanz allerdings nur noch selten eingesetzt.
Höheres Fehlgeburten-Risiko für Schwangere mit Psoriasis
Frauen mit Psoriasis haben im Vergleich zu gleichaltrigen Frauen ohne diese Hauterkrankung eine herabgesetzte Fertilität sowie ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten, insbesondere während des ersten Trimesters. Das wurde in einer britischen Kohortenstudie, die mit einem Schwangerschaftsregister verbunden ist, herausgefunden (1). In die nun in JAMA Dermatology veröffentlichte Auswertung flossen die Daten von 63 681 Psoriasis-Patientinnen im gebärfähigen Alter (15–44 Jahre) sowie von 318 405 gematchten Frauen ohne Psoriasis ein. Die Beobachtungszeit betrug im Median 4,1 Jahre. Bei den Patientinnen mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis fiel eine deutlich niedrigere Fertilitätsrate (Zahlen im Original nachsehen!) auf. Ausserdem erlitten die Psoriasis-Patientinnen etwas häufiger Fehlgeburten (OR: 1,06). Dagegen wurde kein erhöhtes Risiko für vorgeburtliche Blutungen, Präeklampsie oder Gestationsdiabetes festgestellt. Die Autoren betonen abschliessend den zukünftigen Forschungsbedarf, um die zugrunde liegenden Mechanismen erkennen und entsprechend gegensteuern zu können. (AZA)
Mit der erweiterten Zulassung von einigen TNF (Tumor-Nekrose-Faktor)-α-Blockern zur Therapie bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis in der Schwangerschaft stehen nun wirksame und deutlich besser verträgliche Medikamente zur Verfügung. Der TNFα-Blocker Adalimumab ist einsetzbar bis zum 3. Trimenon und Certolizumab über die gesamte Schwangerschaft hinweg.
Thema Kinderwunsch frühzeitig ansprechen
Einige Medikamente sind in der Schwangerschaft kontraindiziert: Nicht eingesetzt werden dürfen beispielsweise Methotrexat und das Retinoid Acitretin, weil sie zu Fehlbildungen des Kindes führen können. «Die Behandlung schwangerer Psoriasis-Patientinnen ist komplex. Wir empfehlen Ärztinnen und Ärzten daher, das Thema Kinderwunsch früh bei ihren Patientinnen der entsprechenden Altersgruppe an-
«Die wichtigste Botschaft
ist sicherlich, dass eine Schuppenflechte
»eine Schwangerschaft
nicht ausschliesst.
zusprechen. Dann werden mitunter andere Behand-
lungsweichen gestellt und die Therapie gleich mit
einem TNF-α-Blocker gestartet», ergänzte Prof. Silke
Hofmann vom HELIOS Universitätsklinikum Wupper-
tal (D). Zudem sei es sehr wichtig, den Austausch mit
anderen behandelnden Ärztinnen und Ärzten, wie
beispielsweise aus der Gynäkologie und Geburts-
hilfe, zu suchen. «Für Patientinnen mit gravierenden
Hauterkrankungen unter Systemtherapeutika sind
dermatologische Visiten alle sechs bis acht Wochen
wünschenswert», erklärte Hofmann. Dadurch können
Medikamenten-getriggerte Komplikationen aufge-
spürt werden.
s
Pressemeldung DDG/AZA
Referenz: 1. Chen T et al.: Fertility Trends and Adverse Pregnancy Outcomes in Female Patients With Psoriasis in the
UK. JAMA Dermatol. 2023;159(7):736–744.
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