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KONGRESSBERICHT ZUM SCHWERPUNKT
DDG
Malignes Melanom
Erste Erfolge mit Tumorimpfung plus Checkpoint-Hemmer
Massgeschneiderte Therapien liegen im Trend. Bald soll es möglich sein, einen Wirkstoff ganz individuell gegen den jeweiligen Tumor des betreffenden Patienten herzustellen. Die Entwicklung der mRNA-Impfstoffe macht das möglich. In Kombination mit Checkpoint-Hemmern gibt es bereits Erfolge.
Kombinationstherapien sind heutzutage Standard bei der Tumorbehandlung. Und die Kombinationspartner werden immer individueller auf den jeweiligen Patienten zugeschnitten.
BRAF-Hemmer für die Hälfte der Melanompatienten
Die Entdeckung der BRAF-Mutation bei malignen Melanomen und die Entwicklung von Substanzen, die die Expression dieser Tumortreiber bremsen, hat einen grossen Fortschritt für die individualisierte Therapie gebracht. Da aber BRAF-Mutationen nur bei etwa der Hälfte der Melanom-Patienten vorkommen, ist die Therapie mit BRAF-Hemmern auch nur bei diesen Patienten erfolgversprechend.
der Corona-Pandemie – mittlerweile als die aussichtsreichste herauskristallisiert. Die mRNA-Tumorimpfung funktioniert so: s Dem Patienten wird Tumormaterial entnommen. s Die DNA und mRNA dieses Materials wird mit der
des gesunden Gewebes verglichen. Dabei werden die Mutationen für die Proteine der Neoantigene identifiziert. s Im nächsten Schritt wird die mRNA, die solche Neoantigene codiert,vermehrt. s Dann wird für den jeweiligen Patienten eine Charge des Impfstoffes hergestellt, der die mRNA von bis zu 34 solcher Neoantigene beinhaltet. s Dieser Impfstoff wird dem Patienten dann wieder intramuskulär verabreicht.
Tumorimpfung zu 100 Prozent personalisiert
Doch es gibt auch andere Wege für eine noch ausgeprägter zielgerichtete, individuellere Therapie, wie Prof. Carmen Loquai aus Bremen (D) bei der diesjährigen Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) berichtete. Am besten wäre eine nur auf den einzelnen Betroffenen entwickelte Behandlung. Und dies scheint mit der therapeutischen Tumorimpfung zu gelingen. Therapeutisch deshalb, weil die Krankheit nicht, wie bei Schutzimpfungen, verhindert werden kann, sondern mittels des Impfprinzips der individuelle Tumor eines Einzelnen bekämpft wird. Anders als bei der klassischen Schutzimpfung, bei der Antigene verabreicht werden, die von den Abwehrzellen (T-Zellen) erkannt und gegen die Antikörper gebildet werden, müssen bei der Tumorimpfung diese Antigene (Neoantigene) erst einmal dem Immunsystem präsentiert werden. Denn die Tumorzellen maskieren diese Antigene und schützen sich so vor dem Immunsystem. Anders ausgedrückt: Grundlage der Neoantigen-basierten Therapien sei die Erkennung des Neoantigens durch T-Zell-Rezeptoren, wodurch die Eliminierung der Tumorzellen durch die T-Lymphozyten induziert werde, erläuterte Loquai. Wenn auch die Neoantigen-Präsentation auch mittels Peptid- oder DNA-Impfstoffen möglich ist, hat sich diese Präsentation via mRNA – auch durch die Erfahrungen mit den mRNA-Impfstoffen während
Adjuvant bei fortgeschrittenem Melanom
Auch wenn erste Versuche mit der mRNA-Tumorimpfung vielversprechend waren, ist erfahrungsgemäss eine Kombination bei Tumorerkrankungen immer erfolgreicher als eine Monotherapie. Daher wurde jetzt auch untersucht, ob bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom die Kombination aus Impfung mit einer etablierten Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren besser ist als der Checkpoint-Hemmer allein. Wie Loquai berichtete, wurden 157 Patienten mit vollständig reseziertem kutanem Melanom mit hohem Risiko (Stadium IIIB/IIIC/IIID oder IV) im Verhältnis 2:1 (stratifiziert nach Stadium) randomisiert, um entweder den individualisierten Impfstoff mRNA4157 (kodiert bis zu 34 patientenspezifische TumorNeoantigene) in Kombination mit Pembrolizumab (n = 107) oder Pembrolizumab allein (n = 50) zu erhalten. mRNA-4157 (1 mg) wurde alle drei Wochen intramuskulär (insgesamt 9-mal) verabreicht, Pembrolizumab (200 mg) wurde alle drei Wochen intravenös für bis zu 18 Zyklen gegeben (1).
Senkung des Rezidiv-Risikos
Ergebnisse: Die Raten für rezidivfreies Überleben (RFS) im Zeitraum von 18 Monaten betrugen 78,6 Prozent in der Kombinationsgruppe, in der Monotherapiegruppe waren es 62,2 Prozent. Die Kombination zeigte eine protokolldefinierte statistische Signifikanz und eine klinisch bedeutsame Verbesserung
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des RFS im Vergleich zu Pembrolizumab, mit einer Verringerung des Risikos eines Rezidivs oder des Todes um 44 Prozent (p = 0,0266). Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 101 bzw. 105 Wochen wurde bei 24 von 107 Patienten (22,4%) in der Kombinationsgruppe und bei 20 von 50 Patienten (40%) in der Monotherapiegruppe ein Rezidiv oder Tod festgestellt. Die meisten behandlungsbedingten unerwünschten Ereignisse (UAW) waren leichter Natur (Grad 1–2). Die Zahl der Patienten, die über UAW des Grades 3
oder höher berichteten, war in beiden Behandlungs-
armen ähnlich (25% bzw. 18%). Als häufigste mRNA-
4157-bedingte Nebenwirkung des Grades 3 wurde
Müdigkeit berichtet.
s
Quelle: 52. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) vom 26. bis 29. April 2023 in Berlin.
Referenz: 1. Khattack A et al.: A personalized cancer vaccine, mRNA-4157, combined with pem-
brolizumab versus pembrolizumab in patients with resected high-risk melanoma: Efficacy and safety results from the randomized, open-label Phase 2 mRNA4157-P201/Keynote-942 trial. Cancer Res. 2023;83(suppl 8): CT001.
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