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BERICHT ZUM SCHWERPUNKT
Wenn Neurodermitis ins Auge geht
Viele Patienten, die unter Neurodermitis leiden, bekommen irgendwann auch Probleme an den Augen wie zum Beispiel eine Bindehautentzündung. Das haben dänische Dermatologen kürzlich nachgewiesen. Hautärzte sollten unbedingt auf dieses Risiko achten.
Wenn Patienten mit atopischer Dermatitis im Laufe ihres Lebens Erkrankungen an den Augenlidern und/ oder der Augenoberfläche entwickeln, kann dies einerseits auf die atopische Dermatitis direkt zurückgeführt werden, da die Neurodermitis sich durchaus auch an den Augen manifestieren kann. Die Augenbeschwerden können aber auch Folge einer Systemtherapie, zum Beispiel mit Biologika, sein, denn von diesen ist bekannt, dass sie solche Komplikationen an den Augen begünstigen können. Wissenschaftler der Abteilung für Dermatologie und Allergologie der Universität Kopenhagen wollten etwas genauer wissen, wie häufig eine atopische Dermatitis auch ins Auge gehen kann. Sie fragten dazu mehr als 7000 Patienten mit atopischer Dermatitis (Durchschnittsalter 39 Jahre), wie ihre Neurodermitis sich auspräge und mit welchen Begleiterkrankungen sie sich auseinandersetzen müssten. Hier wurden verschiedene okuläre Krankheitsbilder erfasst. Zusätzlich erkundigten sich die Forscher auch danach, welche Therapien die Patienten wegen ihrer Neurodermitis durchführten. Von den Teilnehmenden an der Studie wiesen knapp die Hälfte (49%) eine leichte atopische Dermatitis auf, ein gutes Drittel (35%) hatte eine moderate Neurodermitis, und 10 Prozent litten unter einer stark ausgeprägten atopischen Dermatitis. In 6 Prozent der Fälle lag eine inaktive AD vor. 44 Prozent beziehungsweise 56 Prozent der Befragten waren zudem von einem Asthma oder einer allergischen Rhinitis betroffen. Anhand der Befragungsergebnisse ermittelten die Wissenschaftler in der Folge die Lebenszeitprävalenz
für verschiedene Augenkomplikationen. Diese lag
für eine Konjunktivitis beziehungsweise ein Gersten-
korn (Hordeolum) mit 67 Prozent beziehungsweise 64
Prozent am höchsten. Mit deutlichem Abstand folg-
ten Blepharitis mit 11 Prozent und Keratitis mit 10
Prozent. Für Pterygium und Symblepharon lag die
Lebenszeitprävalenz bei 2 Prozent und für einen Ke-
ratokonus bei 1 Prozent. Die hohe Prävalenz für eine
Konjunktivitis zeigte sich daran, dass 13 Prozent der
Teilnehmenden zum Zeitpunkt der Befragung akut
unter einer Bindehautentzündung litten.
Wie die Forscher feststellten, waren Frauen deutlich
häufiger von solchen Augenkomplikationen betrof-
fen als Männer, und die Komplikationen traten mit
steigendem Alter öfter auf. Verglichen mit Patienten
mit inaktiver atopischer Dermatitis erhöhte sich das
Risiko, irgendwann einmal an einer Konjunktivitis zu
erkranken – je nach Schweregrad und Ausprägung
der Atopischen Dermatitis – um einen Faktor von 1,5
bis 2,2. Ein Asthma mit begleitender Rhinitis erhöhte
das Lebenszeitrisiko für die Bindehautentzündung
um 76 Prozent. Blepharitiden traten vor allem bei
schwerer atopischer Dermatitis auf, Träger von Kon-
taktlinsen litten dreimal häufiger unter Keratitiden.
Wie bereits erwähnt, wollten die Wissenschaftler
auch wissen, welchen Einfluss eine systemische The-
rapie auf die Entwicklung von Augenkomplikationen
hat. Hier zeigte sich, dass insbesondere eine Thera-
pie mit dem gegen IL-4- und den IL-13-Signalweg
gerichteten monoklonalen Antikörper Dupilumab
das Risiko für eine akute Konjunktivitis um 57 Prozent
erhöhte. Die Autoren der Studie empfehlen behan-
delnden Kollegen, sich dieser Augenproblematik bei
ihren AD-Patienten bewusst zu sein.
s
Begriffserklärung
Hordeolum: Gerstenkorn Pterygium: gefässhaltige Bindegewebswucherung an der Cornea Symblepharon: Zusammenwachsen der Bindehaut von Lid und Augapfel Keratokonus: kegelförmige Verformung der Kornea
Ingolf Dürr
Referenz: Rønnstad ATM et al (2022) J Eur Acad Dermatol Venereol. DOI: 10.1111/jdv.17832
Erstmals erschienen in DERMAforum 2022;12. Der Nachdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verlags und des Autors.
12 SZD 3/2023