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KONGRESSBERICHT ZUM SCHWERPUNKT
Bisher profitieren vor allem Haustiere
Neue Optionen einer Immuntherapie allergischer Erkrankungen
Wie lässt sich die spezifische Immuntherapie allergischer Erkrankungen weiter verbessern? Dazu stellte Prof. Thomas Kündig, Universitätsspital Zürich, am Allergy and Immunology Update in Grindelwald mehrere Möglichkeiten vor. Eine Weiterentwicklung dieser Optionen findet aktuell allerdings vor allem im Bereich der Tiermedizin statt.
«Eine spezifische Immuntherapie stellt bei Allergien eigentlich die beste Lösung dar, liefert sie doch einen guten, tiefgreifenden und anhaltenden Effekt», so Prof. Dr. med. Thomas Kündig, Universitätsspital Zürich. Allerdings kommt gerade die subkutane Immuntherapie eher selten zum Einsatz, da sie sehr zeitintensiv ist und mit Nebenwirkungen einhergehen kann. «Die sublinguale Immuntherapie löst zwar einen Teil dieser Probleme. Die Therapietreue über die Jahre ist jedoch auch hier schlecht», betonte er.
Injektion direkt in Lymphknoten
Aus diesen Gründen sind Kündig und sein Team seit etwa 20 Jahren auf der Suche nach neuen, verbesserten Möglichkeiten der Immuntherapie. Eine der Optionen, die sie dabei im Laufe der Jahre evaluiert haben, ist die Applikation des Impfstoffs direkt in einen Lymphknoten. Damit liesse sich die benötigte Menge an Impfstoff und die Applikationshäufigkeit reduzieren (1). In den entsprechenden Untersuchungen waren lediglich 3 Injektionen über einen Zeitraum von 2 Monaten notwendig, um eine gute Wirkung bei signifikant weniger Nebenwirkungen zu erreichen (2). Zudem hat sich die intralymphatische Immuntherapie als schmerzarm erwiesen. «Dieser Ansatz scheiterte jedoch daran, dass ein Impfstoff, der zur subkutanen Applikation zugelassen ist, nicht einfach intralymphatisch gespritzt werden darf», sagte Kündig. In weiteren Untersuchungen konnte mithilfe des wichtigsten Katzenallergens Fel d 1 gezeigt werden, dass eine Modifikation der Allergene die therapeutische Wirksamkeit einer spezifischen Immuntherapie verbessern und gleichzeitig die allergischen Nebenwirkungen verringern kann (3). «3 intralymphatische Applikationen des Impfstoffs bei Personen mit Katzenallergie zeigten eine sehr gute Wirksamkeit», so der Referent. Von dieser Weiterentwicklung profitiert hätten bisher allerdings vor allem Tiere, z. B. Hunde mit atopischer Dermatitis.
Verbesserte Wirkung dank virusähnlicher Partikel
«Die beste Lösung wäre eine Vakzine, die mit einer einzigen Applikation einen lebenslangen Schutz gewährleistet», führte Kündig weiter aus. «Damit wären Viren die besten Impfstoffe, da unser Immunsystem darauf ausgerichtet ist, uns nach einem ersten Kontakt lebenslag vor einer erneuten Erkrankung zu schützen», erläuterte er. Aus diesem Grund haben er und sein Team die Technik entwickelt, Allergene mithilfe eines Linkers an ein Viruskapsid zu binden. «Diese VLPs – Virus-Like Particles – sehen für das Immunsystem wie ein Virus aus, setzen sich aber aus einem Allergen zusammen», erklärte der Referent. In einer Phase-I-Studie führte bereits eine einmalige subkutane Applikation eines VLPs, das eine synthetisch hergestellte Aminosäurensequenz des Allergens Der p 1 (Haupt-Hausstaubmilbenallergen) trug, bei 24 gesunden Probanden zu hohen Antikörpertitern (4).
Geimpfte Katzen produzieren weniger Fel d 1
Im Rahmen weiterer Versuche wurden auch Fel d 1 tragende VLPs eingesetzt. Die Besonderheit ist allerdings, dass die Vakzine nicht den Tierhaltern mit Katzenhaarallergie appliziert wird, sondern den Katzen selbst (5). Die gut verträgliche Impfung führte bei den Tieren zur Produktion neutralisierender Anti-Fel-d-1Antikörper und zu einer stark reduzierten Ausscheidung von Fel d1 über den Speichel, was sich positiv auf die Symptome der Menschen auswirkte. Mit einem entsprechenden Impfstoff werden aktuell pivotale Studien durchgeführt. Zum Schluss ging Kündig auf den Einsatz monoklonaler Antikörper ein, z. B. zur Prophylaxe einer Erdnuss-induzierten Anaphylaxie. Eine Untersuchung zeigte, dass die Verabreichung humaner, Erdnussspezifischer monoklonaler Antikörper in der Lage war, entsprechend sensibilisierte Mäuse vor einer anaphylaktischen Reaktion zu schützen (6). «Der Effekt monoklonaler Antikörper ist hervorragend, allerdings nicht
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langlebig. Das heisst, diese passive Immuntherapie muss häufig wiederholt werden», schloss Kündig. s Therese Schwender
Quelle: 25th Allergy and Immunology Update (AIU), Schweizerische Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (SSAI), 27. bis 29. Januar 2023 in Grindelwald. Referenzen: 1. Martínez-Gómez JM et al.: Intralymphatic injections as a new administration route
for allergen-specific immunotherapy. Int Arch Allergy Immunol. 2009;150:59-65. 2. Senti G et al.: Intralymphatic allergen administration renders specific immunother-
apy faster and safer: a randomized controlled trial. Proc Natl Acad Sci USA. 2008;105:17908-17912. 3. Martínez-Gómez JM et al. : Targeting the MHC class II pathway of antigen presentation enhances immunogenicity and safety of allergen immunotherapy. Allergy. 2009;64:172-178. 4. Kündig TM et al.: Der p 1 peptide on virus-like particles is safe and highly immunogenic in healthy adults. J Allergy Clin Immunol. 2006;117(6):1470-1476. 5. Thoms F et al.: Immunization of cats to induce neutralizing antibodies against Fel d 1, the major feline allergen in human subjects. J Allergy Clin Immunol. 2019;144:193-203. 6. Paolucci M et al.: Targeting Ara h 2 with human-derived monoclonal antibodies prevents peanut-induced anaphylaxis in mice. Allergy 2023.. doi: 10.1111/ all.15659. Online ahead of print.
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