Transkript
KONGRESSBERICHTE ZUM SCHWERPUNKT
SGML
Lasertherapie
Pigmentierte Naevi: ein No-Go für Laser?
In der Schweiz ist die Laserbehandlung von melanozytären Naevi gemäss Artikel 6 V-NISSG verboten, in der deutschen Leitlinie zur Lasertherapie wird sie ebenfalls nicht empfohlen. Warum eigentlich? Das versuchte Dr. Alina Müller in ihrem Vortrag beim Jahreskongress der SGML zu erläutern.
Fast jeder hat Leberflecke und so mancher will sie aus kosmetischen Gründen loswerden. Doch nicht mit Lasern! Das ist in der Schweiz per Gesetz verboten, wie Dr. Alina Müller von der Universität Basel auf der Jahrestagung der Schweizer Gesellschaft für medizinische Lasertherapie berichtete. Melanozytäre Nävi müssen chirurgisch exzidiert und histologisch aufgearbeitet werden, heißt es im Gesetz weiter. Auch die deutsche Leitlinie für Laserbehandlung schliesst sich im Prinzip der Aussage an (1). Da Leitlinien keine Gesetzeskraft haben, werden darin lediglich Empfehlungen aufgrund der jeweiligen Studienlage und Expertenmeinungen gegeben. Aber hier heißt die einhellige Meinung: «Die Laserung eines pigmentierten melanozytären Naevus wird nicht empfohlen.»
Melanom nach Laser
Die Gründe liegen auf der Hand: Eine Lasertherapie erreicht nicht die tiefen Hautschichten. Sollte sich hinter dem Nävus also ein Malignom verbergen, könnten verbliebe Tumorzellen weiterwachsen und möglicherweise zu spät erkannt werden – mit fatalem Ausgang. Und tatsächlich gibt es immer wieder Berichte oder auch kleine Studien, die belegen, dass dies vorkommen kann – bei vermutlich hoher Dunkelziffer. Müller zitierte eine Studie, in der elf Fälle von Melanom nach Lasertherapie unter die Lupe genommen wurden. Bei neun dieser Patienten hatte vor der Lasertherapie keine histologische Untersuchung der Läsion stattgefunden (2).
Melanom durch Laser?
Von bereits bestehenden malignen Zellen, die durch die Laser nicht beseitigt werden, kann also ein Melanom ausgehen. Könnte die Lasertherapie selbst die Melanozyten mutieren lassen und so erst das Melanom auslösen? Hierzu berichtete Müller von einer Studie, in der das Genexpressionsprofil von Melanozyten nach Bestrahlung mit einem Q-Switched
Ruby-Laser (QSRL) untersucht wurde. Ergebnis: Die In-vitro-QSRL-Behandlung von primären Melanozyten verursachte keine grösseren Veränderungen der globalen Genexpression und insbesondere von Genen, die mit dem malignen Melanom in Verbindung stehen. Welche Auswirkungen die QSRL-Bestrahlung auf die Genexpression melanozytärer Zellen in vivo hat, konnte in dieser Untersuchung nicht geklärt werden (3). Nach Müllers Ansicht ist aber auf jeden Fall von einer Irritation der Melanozyten auszugehen.
Bei Ausnahmen: vorher biopsieren
Was aber tun, wenn die Naevi an ungünstigen Stellen liegen und die Exzision mit einer sichtbaren Narbe einhergehen würde? Wäre da der Laser nicht doch eine Alternative? Hierzu machen die deutschen Experten eine Einschränkung zu ihrem «Nein» beim Lasern von Naevi: «In begründeten Ausnahmefällen, z. B. bei kosmetisch starker Beeinträchtigung, kann die Laserung eines pigmentierten melanozytären Naevus erwogen werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Beurteilung und Laserung pigmentierter Hautveränderungen von erfahrenen Fachärzten durchgeführt werden. Und: vor der LaserBehandlung ist der Ausschluss von Malignoms erforderlich» (1). Der sicherste Weg dazu ist die Biopsie und nachfolgende histologische Aufarbeitung. Doch auch dieses Vorgehen ergibt keine 100-prozentige Sicherheit: in der von Müller zitieren Studie zu den Melanomen nach Laserbehandlung waren von den 11 Fällen immerhin 2 zuvor biopsiert worden, wobei keine malignen Zellen nachgewiesen wurden (2).
Inspektion plus Dermatoskopie
Bevor also das Messer oder auch der Laser angesetzt werden, sollte bei melanozytären Veränderungen genau hingeschaut werden – und zwar nicht nur mit dem blossen Auge, sondern auch mit dem Derma-
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toskop. Die Kombination bringt bezüglich der Melanom-Diagnostik deutlich mehr Sicherheit. Das wurde auch in einer Cochrane-Analyse nachgewiesen: Die Sensitivität betrug 92 Prozent für Dermatoskopie plus visuelle Inspektion im Vergleich zu 76 Prozent für visuelle Inspektion allein. Die Spezifität betrug 95 Prozent für die Kombination Dermatoskopie plus visuelle Inspektion und nur 75 Prozent für die visuelle Inspektion allein (4).
Auch bei Sommersprossen genau hinschauen
Dieses kombinierte Vorgehen empfiehlt sich auch vor einer Laserbehandlung bei vermeintlich harmlosen Pigmentveränderungen. Müller berichtete von einem Fall, bei dem sich hinter den Sommersprossen eine Lentigo maligna verbarg. Auch hier lautete die Empfehlung: Im Zweifel biopsieren.
Sonderfall Becker-Nävus
Bei einem klinisch eindeutigen Becker-Nävus genügt die Inspektion plus Dermatoskopie, da es sich bei dieser Veränderung um eine gutartige Hyperpigmentierung handelt. Im Gegensatz zu den Naevuszellnaevi finden sich hier keine Naevuszellnester oder vermehrte Melanozyten, sondern ausschliesslich eine gesteigerte Bildung von Melanin. Die Effloreszenz besteht nur selten seit der Geburt. Vielmehr tritt sie meist im 2. oder 3. Lebensjahrzent auf, wobei eher Männer betroffen sind (Geschlechterverhältnis m:w = 6:1). Die meist handtellergrossen hyperpigmentierten Areale an Rücken und Schultern – bei Männern nach der Pubertät auch oft behaart – stellen keine primäre Indikation für eine Laserbehandlung dar. Dennoch kann nach der deutschen Leitlinie eine Behandlung mit einem 694-nm-Rubinlaser, einem 532-nm-KTP(frequenzverdoppelter Nd:YAG)-Laser, einem 755-nm-Alexandritlaser oder einem 1064-nmNd:YAG-Lasers erwogen werden.
Sonderfall Nävus Ota
Beim Nävus Ota – auch Naevus fuscocaeruleus ophthalmomaxillaris genannt – handelt es sich um eine dunkelbläuliche bis bräunliche, unscharf begrenzte Hyperpigmentierung, die häufig bei Asiaten, vor al-
lem bei Japanern vorkommt. Die Veränderung ist nicht immer bereits bei der Geburt sichtbar. Diese Naevi können sich bis zum 10. Lebensjahr einstellen. Mädchen sind 3- bis 5-mal häufiger betroffen als Jungen. Bis zu 26 Prozent der Patienten zeigen eine bilaterale Ausprägung. Der ungewöhnliche, ins Bläuliche gehende Farbton entsteht durch eine ektopische Ansammlung von Melanozyten in der tiefen Dermis im Versorgungsgebiet des ersten oder zweiten Trigeminus-Astes. Hier ist die kosmetische Abdeckung Mittel der Wahl. Dennoch kann in Ausnahmefällen eine Laserbehandlung mit den gleichen Techniken wie beim BeckerNävus erwogen werden, die allerdings von erfahrenen Anwendern erfolgen sollte. Zudem empfehlen die deutschen Laserexperten hierbei, auf die korrekte Auswahl der Parameter bezüglich der Hauttypen und wegen der Nähe zum Auge auf einen grösstmöglichen Augenschutz zu achten.
Fazit
Müller fasste die Risiken der Laserbehandlung von
Nävi zusammen:
s Es besteht die Gefahr ein Melanom mit Laser zu
beschiessen, dass irrtümlich für einen Nävus ge-
halten wurde.
s Da es durch Lasertechnik unmöglich ist, alle Mela-
nozyten zu entfernen, könnten verbliebene Nä-
vuszellen zu einem Malignom entarten.
s Der verbliebene Rest-Nävus kann klinisch nicht
dauerhaft kontrolliert werden, ob sich daraus nicht
doch noch ein Melanom entwickelt.
s
Angelika Ramm-Fischer
Quelle: Kongress der Schweizer Gesellschaft für medizinische Laseranwendungen (SGML) «Laser and Procedures Zurich», am 23. Januar 2023 in Zürich.
Referenzen: 1. S2k-Leitlinie «Lasertherapie der Haut» (AWMFRegisternr.013-095) 2021,https://regis-
ter.awmf.org/assets/guidelines/013-095l_S2k_Lasertheraie-der-Haut_2022-03.pdf. 2. Delker S et al.: Melanoma diagnosed in lesions previously treated by laser therapy.
J Dermatol. 2017;44(1):23-28. 3. Hafner C et al.: Gene Expression Profiling of Melanocytes following Q-Switched
Ruby Laser Irradiation. Dermatology 2008;216:6-13. 4. Dinnes J et al.: Cochrane Skin Cancer Diagnostic Test Accuracy Group. Dermoscopy,
with and without visual inspection, for diagnosing melanoma in adults. Cochrane Database Syst Rev. 2018;12(12):CD011902.
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