Transkript
KONGRESSBERICHT
EADV 2022
Malignes Melanom
Schnellere Diagnose dank Präscreening beim Erstversorger
Mehr als 20 000 Menschen sterben jedes Jahr in Europa durch das maligne Melanom, das vor allem aufgrund der stetig steigenden Inzidenzen ein zunehmendes volkswirtschaftliches Problem darstellt (1). Entscheidend für das weitere Schicksal der Patienten ist die möglichst frühe Diagnose: Eine belgische Studie zeigte jetzt, dass durch ein dermatoskopisches Präscreening von verdächtigen Hautläsionen in der Primärversorgung wertvolle Zeit gewonnen werden kann (2).
Bei der Diagnose des malignen Melanoms gibt es weiterhin deutliche Verzögerungen. Einer frühen Diagnosestellung steht auch entgegen, dass viele Patienten nicht bei einem Dermatologen in Behandlung sind oder erst nach Monaten einen Termin erhalten. Mit dem Projekt TELESPOT (TELEdermoscopy Smartphone-based Pigmented lesion diagnosis Online Taskforce), einem neuen Diagnosetool für Gesundheitszentren zur Erstversorgung, wurde geprüft, ob ein vorgeschaltetes Screening in einem Zentrum zur Erstversorgung eventuell zu einer höheren Aufklärungsrate und zu einem rascheren Zugang zur weiteren Therapie führt (2). Jedes teilnehmende medizi nische Zentrum erhielt ein Smartphone und ein damit kompatibles Dermatoskop. Zudem wurde das Personal geschult, wie das Dermatoskop zu bedienen ist
Vitamin-D-Mangel verkürzt das Überleben
Eine retrospektive spanische Studie deutete auf einen signifikanten Zusammenhang zwischen zu niedrigen Vitamin-D-Spiegeln und dem Gesamtüberleben bei Melanompatienten hin. Zwischen 1998 und 2021 wurden 264 Patienten in diese Kohortenstudie eingeschlossen, bei denen der 25-Hydroxycholecalciferol-Spiegel nach der Diagnose eines malignen Melanoms gemessen wurde. Ein Vitamin-D-Spiegel von 10 ng/ml diente als Grenzwert, nach dem die Patienten in 2 Gruppen unterteilt wurden: < 10 ng/ml = Vitamin-D-Mangel und ≥ 10 ng/ml = normal/unzureichend. Sowohl der Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Spiegeln und Gesamtüberleben als auch zwischen Melanom-spezifischem Überleben wurde untersucht. In beiden Studienarmen waren die Ausgangsmerkmale vergleichbar: 63,8 Prozent der Teilnehmer hatten ein superfiziell spreitendes Melanom, die mediane Tumordicke lag bei 1,50 mm (Breslow-Index). Im Median waren die Patienten 57,51 Jahre alt, die überwiegende Mehrheit hatte einen Hauttyp II oder III bis IV, und mehr als die Hälfte der Patienten waren weiblich. Sowohl die univariate als auch die multivariate Analyse ergaben einen signifikanten Zusammenhang von zu niedrigem Vitamin-D-Spiegel und schlechterem Gesamtüberleben mit Hazard Ratios von 2,34 und 2,45 (p jeweils < 0,007). Überraschenderweise konnte dieser Zusammenhang nicht für das Melanom-spezifische Überleben bestätigt werden. Alles in allem bedarf es nach Ausführung der Autoren weiterer Studien, um die Beziehung zwischen Vitamin D und dem Überleben bei Melanom endgültig zu klären. Mit Spannung werden in diesem Zusammenhang die Resultate einer laufenden belgischen Phase-III-Studie erwartet, die die Auswirkung einer postoperativen Vitamin-D-Ergänzungstherapie auf den Melanomverlauf untersucht.
Susanne Kammerer
Quelle: Garcia-Darder I et al. : Worse overall survival associated with vitamin D deficiency in melanoma patients. EADV 2022, Poster P07627.
und wie grundlegende Anzeichen von malignen
Hautveränderungen im Dermatoskop aussehen.
Während der Besuche in den Zentren wurden fol-
gende Patienteninformationen festgehalten und
ebenfalls übermittelt: Alter, Geschlecht, Entwicklung
der Läsion im Zeitverlauf, anatomische Lage und Ver-
dachtsdiagnose mit entsprechenden Aufnahmen der
Läsionen. Diese Daten wurden zur Beurteilung durch
2 Experten an ein dermatologisches universitäres
Zentrum übermittelt. Die Experten sandten dann die
Diagnose und die Priorität der Behandlung (hohe
Priorität oder regulär) an die Zentren.
Insgesamt nahmen 7 Gesundheitszentren in Belgien
teil. 353 Läsionen von 241 Patienten wurden analy-
siert. Nur 3 Prozent der Bilder mussten wegen unge-
nügender Qualität erneut angefordert werden. Bei
89 Prozent aller Läsionen bestand eine reguläre Prio-
rität, bei den übrigen eine hohe Priorität.
Am häufigsten wurden gutartige Veränderungen wie
benigne Nävi (37,9%) und seborrhoische Keratosen
(27,5%) eingesandt. Bei 4,4 Prozent der eingesand-
ten Bilder handelte es sich um aktinische Keratosen,
danach folgten Angiome, dysplastische Nävi, Basal-
zellkarzinome (3,4%) und Plattenepithelkarzinome
(2,6%). Melanome repräsentieren 26 Prozent der Lä-
sionen mit hoher Behandlungspriorität.
Die mittlere Zeit vom Erstkontakt bis zum Kontakt mit
dem Chirurgen betrug in dem Projekt 12 Tage, 7-mal
schneller als bei konventionellen Behandlungswe-
gen. Insgesamt waren sowohl die Patienten als auch
die Ärzte mit diesem Vorgehen sehr zufrieden.
Die Autoren schlossen aus ihren Resultaten, dass das
TELESPOT-Projekt ein sinnvolles Werkzeug ist, um
Patienten mit verdächtigen Hautläsionen vorzuselek-
tieren und schneller als im üblichen Behandlungsver-
lauf einer Therapie zuzuführen.
s
Susanne Kammerer
Referenzen: 1. Forsea AM: Melanoma Epidemiology and Early Detection in Europe: Diversity and
Disparities. Dermatol Pract Concept. 2020;10(3):e2020033. 2. Damsin T et al.: TELESPOT Project, a teledermatoscopy tool for primary healthcare
centers for early skin cancer diagnosis in Belgium: intermediate results and satisfactionscores. EADV 2022, Poster P06467.
SZD 1/2023
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