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KONGRESSBERICHT
ESMO 2022
Malignes Melanom
Vielversprechende Resultate für Checkpoint-Immuntherapie
Die immunonkologischen Therapien mit Checkpoint-Inhibitoren sind Standard in der Behandlung der fortgeschrittenen Melanomerkrankung. Auch für die adjuvante und neoadjuvante Situation konnten vielversprechende Daten gezeigt werden. Bei der diesjährigen Jahrestagung der ESMO wurden Ergebnisse zum optimalen Einsatz der Immuntherapien präsentiert.
In der SWOG-S1801-Studie wurde untersucht, ob die neoadjuvante Checkpoint-Blockade beim resektablen Melanom tatsächlich eine Antitumor-Immunantwort hervorruft oder ob durch den neoadjuvanten Ansatz die potenziell kurative Operation möglicherweise nur verzögert oder sogar gefährdet wird (1). 345 Patienten mit resektablem Melanom im Stadium IIIB bis IV wurden in die Studie eingeschlossen, und 313 Patienten erhielten randomisiert eine adjuvante Behandlung (18 Zyklen Pembrolizumab nach Resektion) oder eine neoadjuvante plus adjuvante Behandlung (3 Zyklen Pembrolizumab vor und 15 Zyklen nach Resektion). Primärer Endpunkt war das ereignisfreie Überleben (EFS). Als Ereignisse galten Progression oder Toxizität, die eine Operation verhinderten, eine nicht innerhalb von 84 Tagen nach der Operation begonnene adjuvante Therapie, ein Melanomrezidiv nach der Operation sowie das Versterben aufgrund jedweder Ursache. Zur Zeit der Auswertung waren noch 41 bzw. 43 Patienten unter adjuvanter bzw. perioperativer Therapie, 40 bzw. 50 Patienten hatten die Studientherapie komplettiert, 71 bzw. 59 Patienten hatten die Therapie abgebrochen und 7 bzw. 2 Patienten hatten ihre Einwilligung entzogen. Mit der perioperativen Therapie wurde ein signifikant längeres EFS im Vergleich zur adjuvanten Therapie erreicht (Hazard Ratio [HR]: 0,58; p = 0,004). Nach 2 Jahren waren 49 Prozent der Patienten im adjuvanten Studienarm versus 72 Prozent im neoadjuvanten Arm ohne Ereignis. Der Unterschied im Gesamtüberleben (OS) erreichte nicht die statistische Signifikanz, das bei bisher nur 36 Todesfällen (HR: 0,63; p = 0,18).
kurz & bündig
s Die perioperative Pembrolizumabgabe verbessert den Therapieerfolg gegenüber der alleinigen adjuvanten Pembrolizumab-Therapie bei Patienten mit resektablem Melanom im Stadium IIIB bis IV.
s Finale Wirksamkeitsdaten der IMMUNED-Studie bestätigen eine signifikante Verbesserung der Prognose von Patienten im Stadium IV NED bei adjuvanter Therapie mit Nivolumab plus Ipilimumab.
Adjuvante Therapie mit Nivolumab und Ipilimumab im Stadium IV NED
In der prospektiven, randomisierten und plazebokontrollierten IMMUNED-Studie wurde 167 Patienten mit einem Melanom im Stadium IV ohne erkennbare Erkrankung (NED) nach kompletter Resektion oder Radiatio eine adjuvante Therapie mit Nivolumab plus Ipilimumab versus Nivolumab versus Plazebo gegeben (2). Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 27,4 Monaten wurde ein signifikant verbessertes rezidivfreies Überleben (RFS) in den Verumarmen gegenüber Plazebo gesehen. Mit nunmehr 49,2 Monaten medianer Nachbeobachtung wurden am ESMO-Kongress die finalen RFS-Daten sowie die ersten und finalen Ergebnisse zum OS präsentiert. Zu einer frühzeitigen Beendigung der Therapie kam es bei 78,6 Prozent der Patienten im Nivolumab/Ipilimumab-Arm, bei 59,3 Prozent der Patienten im Nivolumab-Arm und bei 78,8 Prozent der Patienten im Plazebo-Arm. Nur im Studienarm mit der doppelten Immunblockade brachen Patienten die Therapie häufiger bereits nach einer Dosis (21,4 vs. 1,7 vs. 1,7%) oder nach 2 Dosen (28,6 vs. 1,7 vs. 1,9%) ab. Insgesamt erhielten die Patienten im Median 8 Dosen im Nivolumab/Ipilimumab-Arm, 18 Dosen im Nivolumab-Arm sowie 19 Dosen im Plazebo-Arm. Die finalen Daten zum RFS zeigten ein signifikant verbessertes Ergebnis für die doppelte Immunblockade gegenüber Plazebo (HR: 0,25; p < 0,0001) sowie gegenüber der Nivolumab-Therapie (HR: 0,41; 0,22–0,78; p < 0,001). In den 3 Studienarmen wurde das Erreichen eines Plateaus der RFS-Rate bei 64 versus 31 versus 15 Prozent beobachtet. Der signifikante RFS-Vorteil übersetzte sich im Studienarm mit Nivolumab plus Ipilimumab gegenüber Plazebo auch in einen klinisch relevanten OS-Vorteil (HR: 0,41; p = 0,13). Im Vergleich zu Plazebo wurde das Risiko für ein Rezidiv durch Nivolumab um 40 Prozent (HR: 0,60; p = 0,02) und für das Versterben um 25 Prozent (HR: 0,75; ) reduziert. Nach 48 Monaten lebten noch 84 versus 73 versus 63 Prozent der Patienten in den 3 Studienarmen. Da Patienten des Plazebo-Arms nach Krankheitsrückfall mehrheitlich mit einer Anti-PD-1-
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basierten Therapie behandelt wurden, hatte das wahrscheinlich einen Einfluss auf das OS-Ergebnis, insbesondere im Vergleich von Nivolumab versus Plazebo. Wie bereits in anderen Studien beobachtet wurde, bestätigte sich in der IMMUNED-Studie die gute Wirksamkeit der immunonkologischen Therapie bei Patienten mit BRAF-Mutation. Die RFS-Raten nach 36 und 48 Monaten betrugen für diese Patienten 78 Prozent im Nivolumab/Ipilimumab-Arm, 40 Prozent im Nivolumab-Arm und 11 Prozent im PlazeboArm. Das Risiko zu versterben war für Patienten mit
BRAF-Mutation unter Nivolumab plus Ipilimumab gegenüber Plazebo um 90 Prozent reduziert. s
Ine Schmale
Quelle: European Society for Medical Oncology (ESMO) Congress 2022, 9. bis 13. September 2022 in Paris und virtuell
Referenzen: 1. Patel SP et al.: Neoadjuvant versus adjuvant pembrolizumab for resectable stage
III-IV melanoma (SWOG S1801). ESMO Congress 2022, Abstr. #LBA6. 2. Schadendorf D et al.: The IMMUNED study. Adjuvant nivolumab alone or in combi-
nation with ipilimumab versus placebo in stage IV melanoma with no evidence of disease: Overall survival results of IMMUNED, a randomized, double-blind multicenter phase 2 DeCOG trial. ESMO Congress 2022, Abstr. #784O.
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