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WEITERE BERICHTE
Tralokinumab gegen zu viel IL-13
Hohe Ansprechraten bei moderater bis schwerer atopischer Dermatitis
Die atopische Dermatitis, auch bekannt als Neurodermitis oder atopisches Ekzem, ist eine häufige chronische Entzündungserkrankung. Sie betrifft 10 bis 20 Prozent der Kinder und 2 bis 5 Prozent der Erwachsenen, das besonders in Industrieländern. Für viele Betroffene ist die Krankheit mit der trockenen, schuppenden Haut, dem typischen ausgeprägten Juckreiz und den ekzematösen Läsionen immer wieder sehr belastend.
Das berichtete PD Dr. Dr. Ahmad Jalili aus Buochs bei einer Presseveranstaltung von LEO Pharma in Zürich. Tatsächlich kann der Juckreiz bei vielen Patienten so quälend sein, dass sie nur schwer einschlafen und/ oder ständig in der Nacht aufwachen. Wer jedoch dem Drang erliegt, bei Juckreiz zu kratzen, produziert wunde Hautflächen. Und atopische Haut ist ohnehin häufig infiziert, zum Beispiel mit Bakterien oder Pilzen (1). Bis zu 60 Prozent der Patienten entwickeln zudem Komorbiditäten wie eine allergische Rhinitis oder ein Asthma (2, 3). Darüber hinaus führten auffällige Ekzeme leicht zur Stigmatisierung, erklärte der Dermatologe. All diese Symptome und Belastungen können die Psyche in Mitleidenschaft ziehen, und viele Betroffene schränken ihre Alltags- und sozialen Aktivitäten teilweise erheblich ein. Das kostet sie Lebensqualität. Letztlich können die Betroffenen eine Depression entwickeln.
Verletzte Haut belastet oft physisch und psychisch
Daten erwachsener Patienten mit moderater bis schwerer atopischer Dermatitis (n = 380) haben gezeigt, dass juckende, wunde, schmerzende, brennende Haut 87,6 Prozent von ihnen stark oder sehr stark belastete. Starke oder sehr starke Scham und Unsicherheit empfanden nach Angaben von Prof. Peter Schmid-Grendelmeier vom Universitätsspital in Zürich 61,6 Prozent der Studienpopulation, völlig frei davon waren nur 6,8 Prozent (2). Patienten mit schlechter Krankheitskontrolle sind offenbar besonders belastet. Dafür spricht der Vergleich von Betroffenen mit kontrollierter oder unzureichend kontrollierter, moderater/schwerer Krankheit (n = 1064). Deutlich mehr Patienten mit unzureichender Krankheitskontrolle wiesen im Vergleich zu denjenigen mit gut kontrollierter Erkrankung zum Beispiel Depressionen auf (64 vs. 53%; p = 0,0003). Auch Juckreiz und Schlafstörungen mit Auswirkungen auf das tägliche Leben betrafen in dieser Gruppe auffallend mehr Patienten (Juckreiz: 48 vs. 28%; p < 0,0001; Schlafstörungen; 24 vs. 9%; p < 0,0001) (4).
Atopische Dermatitis: Zu viel IL-13
In der Haut von Patienten mit atopischer Dermatitis ist Interleukin (IL) 13 überexprimiert. Gegenüber der Haut gesunder Kontrollen habe der mittlere IL-13Wert schon für Patienten mit atopischer Dermatitis bei läsionsfreier Haut mehr als das 11-Fache (p < 0,01 vs. Kontrolle) betragen, bei läsionaler Haut sei er auf das 34-Fache (p < 0,0001) gestiegen, so SchmidGrendelmeier. Die Menge an IL-13 in läsionaler Haut korrelierte zudem mit der Schwere der Krankheit (5). Tralokinumab (Adtralza®) ist ein voll humaner, monoklonaler Antikörper gegen IL-13. Er bindet mit hoher Affinität spezifisch an das Zytokin. Das hemmt die Bindung von IL-13 an seine Rezeptoren und damit die Weiterleitung von IL-13-vermittelten Signalen. Wirksamkeit und Sicherheit der neuen Substanz wurden inzwischen in mehreren Phase-III-Studien geprüft, zum Beispiel als Monotherapie im Vergleich zu Plazebo bei Patienten mit moderater bis schwerer atopischer Dermatitis (ECZTRA 1 und 2) (6). Die Daten stellte Prof. Stephan Weidinger von der Universitätsklinik Schleswig-Holstein, Campus Kiel (Deutschland), vor. Mit Tralokinumab fielen sowohl die EASI-75-Ansprechraten (eczema area and severity indes, EASI) nach 16 Wochen vs. Plazebo signifikant höher aus als auch die IGA-0/1-Ansprechraten (investigators global assessment, IGA). Auch bezüglich der Juckreizkontrolle und der Lebensqualität profitierten die mit Tralokinumab behandelten Patienten. Ausserdem hätten die meisten Patienten, die mit 2-wöchentlicher Gabe von 300 mg Tralokinumab in Woche 16 eine gute Response aufwiesen hätten, nach 52 Wochen noch gut angesprochen – ohne zusätzlichen Einsatz topischer Kortikosteroide, so Weidinger. s
Helga Brettschneider
Quelle: Presse-Round-Table «Launch von Adtralza® (Tralokinumab) in der atopischen Dermatitis» (Veranstalter: LEO Pharma) am 1. Juni 2022 in Zürich.
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WEITERE BERICHTE
Referenzen: 1. Simpson EL: Comorbidity in atopic dermatitis. Curr Dermatol Rep. 2012;1:29-38. 2. Simpson EL et al.: Patient burden of moderate to severe atopic dermatitis (AD): In-
sights from a phase 2b clinical trial of dupilumab in adults. J Am Acad Dermatol. 2016;74:491-498. 3. DermaNet, Kompetenznetz niedergelassener Dermatologen Schweiz, https:// dermanet.ch, letzter Zugriff 8.8.2022. 4. Wei W et al.: Extent and consequences of inadequate disease control among adults with a history of moderate to severe atopic dermatitis. J Dermatol. 2018;45:150157. 5. Tsoi LC et al.: Atopic Dermatitis is an IL-13-dominant disease with greater molecular heterogeneity compared to psoriasis. J Invest Dermatol. 2019;139:1480-1489. 6. Wollenberg A et al.: Tralokinumab for moderate-to-severe atopic dermatitis: results from two 52-week, randomized, double-blind, multicentre, placebo-controlled phase III trials (ECZTRA 1 and ECZTRA 2). Br J Dermatol. 2021;184(3):437-449.
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