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KONGRESSBERICHT
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S2k-Leitlinie «Chronischer Pruritus»
Pruritus als fächerübergreifendes Leitsymptom vieler Erkrankungen
Chronischer Juckreiz wird häufig mit Hauterkrankungen assoziiert. Er ist jedoch ein Leitsymptom vieler, auch internistischer Erkrankungen. Eine Expertengruppe unter der Federführung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) mit Schweizer Beteiligung hat die S2k-Leitlinie «Chronischer Pruritus» aktualisiert und trägt damit dazu bei, die Diagnostik und die Therapie zu standardisieren. Die Leitlinie gibt ausführliche Therapieempfehlungen zu bestimmten Pruritusformen und -ausprägungen und betont die Notwendigkeit, die subjektive Belastung der Patienten für Diagnose und Behandlung zu erheben und zu berücksichtigen.
Als fächerübergreifendes Leitsymptom geht der chronische Pruritus (CP) mit hoher Krankheitslast und erheblichem Leiden einher. Wenn es irgendwo am
Kasten:
Alternative Strategien, um den Juck-Kratz-Kreislauf zu durchbrechen
s Juckende Haut prinzipiell zuerst mit kühlenden und juckreizlindernden Lotionen, Cremes oder Salben eincremen, statt zu kratzen.
s Das Kratzbedürfnis umleiten: Anstatt die Haut zu kratzen, Bettdecke, Kissen oder Sofa bearbeiten.
s Körper und Seele zur Ruhe kommen lassen mit autogenem Training, progressiver Muskelentspannung oder Akupunktur.
Körper juckt, erfüllt das eine wichtige Warnfunktion – vielleicht ist es ein Fremdkörper (Insekten oder Parasiten) oder ein schädlicher Kontakt mit einem Pflanzenbestandteil, auf den es zu reagieren gilt? Ein akuter Juckreiz ruft eine Juckempfindung und das Verlangen hervor, sich zu kratzen. Der Pruritus kann aber auch lang anhalten, und nach über 6 Wochen gilt er als chronisch. «Manche Menschen denken beim Thema Jucken sofort an die Haut, an Neurodermitis oder Schuppenflechte. Pruritus ist aber ein fachübergreifendes Leitsymptom zahlreicher Erkrankungen», erklärt Prof. Sonja Ständer vom Universitätsklinikum Münster (UKM), die Leiterin des UKM-Kompetenzzentrums Chronischer Pruritus sowie Koordinatorin und Erstau-
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torin der Leitlinie. Der chronische Pruritus kann auch Symptom eines Diabetes mellitus oder eines chronischen Nierenleidens sein. Er kann bei einer Eisenmangelanämie oder im Zusammenhang mit Infektionen wie HIV-Infektion oder Herpes zoster (Gürtelrose) auftreten. «Pruritus ist eine interdisziplinäre diagnostische und therapeutische Herausforderung, und es ist daher sinnvoll, das Symptom chronischer Pruritus unabhängig von der Grunderkrankung in den Blick zu nehmen», sagt Ständer. Unter anhaltendem Juckreiz bei verschiedenen zugrunde liegenden Erkrankungen leiden in Deutschland etwa 13 bis 17 Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Nur die Hälfte von ihnen erhält eine kontinuierliche ärztliche Betreuung, und nur 7 Prozent erhalten eine Therapie (1). Um die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit CP zu verbessern, hat eine interdisziplinäre Gruppe von Fachleuten nun die seit 2005 bestehende Leitlinie aktualisiert (2). «Aus zahlreichen Studien ist bekannt, dass CP mit einem erheblichen subjektiven Leiden einhergeht», betont Ständer. Für viele Menschen ist der Juck-Kratz-Zyklus ein Teufelskreis, der Entzündungen aufrechterhält, wodurch es immer wieder zu Blutungen, Krusten und Narben kommt. Die Krankheitslast der Betroffenen äussert sich in Schlafstörungen, Ängsten, Depressivität, niedrigem Selbstwertgefühl und dem Erleben von Stigmatisierung. Die Folgen können sozialer Rückzug, Depression oder sogar Suizidalität sein. Deshalb werde in der Leitlinie empfohlen, die subjektive Belastung und die psychischen Auswirkungen zu erheben und bei Bedarf adäquat zu behandeln, berichtet Ständer. Dazu werde empfohlen, ein Symptomtagebuch zu führen, wofür es mittlerweile Apps gibt (z. B. ItchyApp). Die so gesammelten Informationen erleichterten es dann im Gespräch mit den Ärzten, den Verlauf zu beurteilen und die richtigen Therapieent-
Die S2k-Leitlinie online: https://derma.de/leitlinien/detail/news/ chronischer-pruritus/index.php
scheidungen zu treffen, ergänzt Prof. Silke Hofmann aus Wuppertal (D). Es gibt keine allgemeingültige, einheitliche Therapie bei CP. Das liegt an der hohen Diversität der möglichen Ursachen und an den unterschiedlichen Patientenkollektiven. Deshalb sollten individuelle Therapiepläne erstellt werden. In der Leitlinie geben Tabellen einen Überblick über evidenzbasierte, symptomatische Therapien, die aus allgemeinen Verhaltensempfehlungen, Fototherapie, topischen und systemischen Medikamenten bestehen. Auf der Basis von Fallberichten und Studien bei der Prurigo nodularis kommt die Expertengruppe zu einigen neuen Empfehlungen. Für die systemische Therapie werden nun nach UV-Fototherapie und Gababentin oder Pregabalin als 3. Wahl Immunsuppressiva wie Ciclosporin, Methotrexat oder Azathioprin empfohlen. Das Biologikum Dupilumab kann zur Therapie bei chronisch nodulärer Prurigo (derzeit noch off-label) ebenfalls erwogen werden. An der S2k-Leitlinie waren insgesamt 17 Fachgesellschaften und Organisationen beteiligt. Als Vertreter der Schweizerischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (SGDV) wirkte Dr. Markus Streit vom Kantonsspital Aarau mit. Mit dem Gastroenterologen Prof. Andreas Kremer vom Universitätsspital Zürich war noch ein weiterer Schweizer Experte involviert. Patientinnen und Patienten wurden über Fokusgruppen eingebunden. Die Leitlinie richtet sich an Expertinnen und Experten aus den Fächern Dermatologie, Allergologie, Nephrologie, Hämatologie, Gastroenterologie, innere Medizin und Psychosomatik, die in der ambulanten, tagesklinischen und stationären Versorgung und im Rehabilitationsbereich tätig sind. Aber auch für Gynäkologie, Pädiatrie und Allgemeinmedizin können die Empfehlungen hilfreich sein. s
Adela Žatecky
Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG)
Referenzen: 1. Ständer S et al.: Prevalence of Chronic Pruritus in Germany: Results of a Cross-
Sectional Study in a Sample Working Population of 11 730. Dermatology 2010;221:229–235. 2. Ständer S et al.: S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus. (AWMF-Register-Nr.: 013-048) 2022.
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