Transkript
KONGRESSBERICHT ZUM SCHWERPUNKT
EADV 2021
Manipulationen am Hautmikrobiom
Neuer Forschungstrend bei atopischer Dermatitis
Bei der atopischen Dermatitis liegen Manipulationen am Hautmikrobiom wie Mikrobiomtransplantation und Bakterientherapie derzeit im Forschungstrend. Darüber berichtete Dr. Ante Karoglan aus Magdeburg (D) am virtuellen EADV-Kongress 2021.
Bei atopischer Dermatitis ist die Kolonisationsdichte mit Staphylococcus aureus erhöht, besonders auf läsionaler und weniger ausgeprägt auch auf nicht läsionaler Haut. Durch die Dominanz von Staph. aureus resultiert im Vergleich zum Hautmikrobiom von gesunden Personen eine geringere Diversität anderer Bakterien. Bei Patienten, die mit Dupilumab behandelt wurden, nahm in einer Studie die Besiedelung mit S. aureus ab und die mikrobielle Diversität zu.
Mikrobiomtransplantation und Bakterientherapie
Verursacht das gestörte Mikrobiom der Haut das atopische Ekzem oder ist umgekehrt die Hautkrankheit verantwortlich für die Störung des Mikrobioms? Forscher hoffen, durch experimentelle Manipulationen des Mikrobioms Antworten auf diese pathogenetisch und therapeutisch wichtige Frage zu finden. Wenn sich die Krankheitsaktivität bessert, nachdem das gestörte Mikrobiom verändert und in einen gesunden Zustand versetzt worden ist, besteht wahrscheinlich ein kausaler Zusammenhang zwischen gestörtem Mikrobiom und atopischer Dermatitis. Der Referent berichtete über drei Strategien der Mikrobiommanipulation: s Transplantation des Hautmikrobioms s Bakterientherapie s Änderung des Hautmikrobioms durch präbioti-
sche Substanzen. Bevor das Hautmikrobiom einer gesunden Person auf die erkrankte Hautregion des Empfängers transplantiert wird, kann das gestörte Mikrobiom mit topischen Desinfektionsmitteln reduziert werden. Die Sammlung des Spender-Mikrobioms sei schwierig, aber die Transplantation des gesamten Mikrobioms habe den Vorteil, dass die einzelnen Keime in ihren gegenseitigen symbiotischen Beziehungen bleiben könnten, sagte der Referent. Statt das gesamte Mikrobiom zu übertragen, können einzelne Bakterienstämme entnommen und als Reinkultur in hoher Konzentration auf die Haut einer erkrankten Person appliziert werden (Bakterientherapie). Beispielsweise wurden drei von gesunden Personen entnommene Isolate von Roseomonas mucosa (einem kommensalen gramnegativen Bakteriums) aufgrund ihrer Fähig-
keit zur Wachstumshemmung von S. aureus für eine klinische Studie ausgewählt (1). Die kultivierten Bakterien wurden auf die Haut von Patienten mit atopischer Dermatitis (10 Erwachsene und 5 Kinder im Alter von 9 bis 14 Jahren) übertragen. Bei der Bakterienbehandlung kam es zur signifikanten Abnahme der Besiedelung mit S. aureus, der Krankheitsaktivität und des Verbrauchs von topischen Kortikosteroiden (1). Auch «Postbiotika» (abgetötete Bakterien) oder Zelllysate können zur Beeinflussung des Mikrobioms verwendet werden. Durch Versorgung der Haut mit Präbiotika kann das Wachstum spezifischer, für die Hautgesundheit nützlicher Bakterien stimuliert werden. Ein Nachteil dieser Methode ist, dass der Effekt indirekt zustande kommt, wobei nicht genau voraussagbar ist, welcher Keim vom Präbiotikum profitiert.
Topische Behandlung mit antimikrobiellen Peptiden
Die topische Anwendung von antimikrobiellen Peptiden wird als weiterer innovativer Therapieansatz bei atopischer Dermatitis erforscht. Die Wirkung von Omiganan, einem synthetischen antimikrobiellen Peptid mit Aktivität gegen Staph. aureus, wurde bei 80 Patienten mit leichter bis moderater atopischer Dermatitis im Rahmen einer randomisierten, kontrollierten Phase-II-Studie getestet (2). Während 28 Tagen wurde Omiganan in verschiedenen Konzentrationen zweimal täglich auf alle Läsionen topisch appliziert. Im Vergleich zum wirkstofffreien Vehikel beeinflusste Omiganan die Dysbiose günstig, indem das antimikrobielle Peptid die Besiedelung mit Staph. aureus reduzierte und die Bakteriendiversität erhöhte. Allerdings konnte mit dieser Monotherapie keine signifikante klinische Besserung erreicht werden. s
Alfred Lienhard
Quelle: Vortrag D3T03.4A «Skinbacterial transplant in atopic dermatitis: known, unknown and emerging trends» beim 30. Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) am 2. Oktober 2021.
Referenzen: 1. Myles I et al.: First-in-human topical microbiome transplantation with Roseomonas
mucosa for atopic dermatitis. JCI Insight. 2018;3(9):e120608. 2. van der Kolk T et al.: Topical anti-microbial peptide omiganan recovers cutaneous
dysbiosis but does not improve clinical symptoms in patients with mild-to-moderate atopic dermatitis in a phase 2 randomized controlled trial.J Am Acad Dermatol. 2020;S0190-9622(20)32659-1.
14 SZD 1/2022