Transkript
KONGRESSBERICHT ZUM SCHWERPUNKT
EADV 2021
Hidradenitis suppurativa
Update zur Therapie mit Biologika
Derzeit werden zahlreiche innovative Behandlungen für die Hidradenitis suppurativa (HS) entwickelt. Darüber berichtete John Ingram aus Cardiff (UK) am virtuellen EADV-Kongress 2021.
Die HS ist eine chronisch rezidivierende, entzündliche Hautkrankheit, die von terminalen Haarfollikeln ausgeht, wobei die schmerzhaften, tief sitzenden, entzündlichen Läsionen nach der Pubertät in Körperzonen mit apokrinen Schweissdrüsen, am häufigsten in den Axillen, inguinal und anogenital erscheinen. Der TNF-a-Blocker Adalimumab ist derzeit das Biologikum der ersten Wahl zur Behandlung der moderaten bis schweren HS (1). In zweiter Linie kommt Infliximab in Betracht. Als Adalimumab-Dosierungsschema wird empfohlen: 160 mg initial (in Woche 0), 80 mg in Woche 2, danach 40 mg wöchentlich beginnend in Woche 4. Die Dosierung von 40 mg jede Woche habe sich in Studien als wirksam erwiesen, während mit 40 mg jede zweite Woche kein Nutzen nachweisbar sei, so der Referent. Aus der komplexen Pathogenese der HS lassen sich zahlreiche weitere Möglichkeiten für gezielte medikamentöse Beeinflussungen ableiten. Als Zielmoleküle kommen z. B. IL-17, IL-23, IL-1 und Matrix-Metalloproteinasen in Betracht. Phase-III-Studien werden derzeit mit dem IL-17A-Blocker Secukinumab (siehe Kasten) und dem IL-17A/F-Blocker Bimekizumab durchgeführt. Resultate dieser Studien seien aber noch nicht publiziert worden, sagte Ingram. Bimeki-
Sonnige Studien in Zeiten von Corona
SUNSHINE und SUNRISE sind zwei randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudien der Phase III, welche die Wirksamkeit und die Sicherheit des IL-17A-Blockers Secukinumab bei der Behandlung von Patienten mit moderater bis schwerer HS evaluieren. Bei Studienteilnehmern, die von einer SARS-CoV-2-Infektion betroffen waren, ergaben sich für die Behandlung keine neuen Sicherheitsbedenken. Nachdem die Patienten von den COVID-19-Symptomen genesen waren, konnte die Therapie mit Secukinumab fortgesetzt werden. Von März 2020 bis Juli 2021 kam es bei 54 von insgesamt 1068 Patienten zu SARS-CoV-2Infektionen. 4 blieben asymptomatisch, 26 entwickelten leichte, 20 moderate und 4 schwere Symptome. 4 Patienten wurden während durchschnittlich 5 Tagen hospitalisiert. Alle Patienten sind wieder genesen, es kam zu keinem Todesfall. 9 Patienten erlitten die SARS-CoV-2-Infektion vor der Woche 16 (entweder unter Secukinumab oder Plazebo), 45 Patienten (83%) nach der Woche 16 (alle unter Secukinumab). Die Studienmedikation wurde bei 28 Patienten vorübergehend unterbrochen, wobei in 19 Fällen nur eine Dosis ausgelassen wurde. Kein Patient brach die Studienteilnahme ab.
Quelle: 30th EADV Congress (virtuell), 29.9. bis 2.10.2021, e-Poster P0447 von Muscianisi E et al.
zumab wurde in einer Phase-II-Studie, an der Patien-
ten mit moderater bis schwerer HS teilnahmen, direkt
mit Adalimumab und Plazebo verglichen. Das pri-
märe Behandlungsziel (Hidradenitis suppurativa clini-
cal response = HiSCR) wurde mit Bimekizumab
(n = 46) in 57 Prozent, mit Adalimumab (n = 22) in
60 Prozent und mit Plazebo (n = 22) in 24 Prozent der
Fälle erreicht. Das Therapieziel HiSCR ist erreicht,
wenn die Zahl von Abszessen und entzündlichen
Knoten um mindestens 50 Prozent abgenommen
hat. Bimekizumab war in der Studie gut verträglich
(Candidiasis bei 3 von 46 Patienten).
In Phase II der klinischen Entwicklung von HS-Thera-
pien befindet sich zurzeit eine breite Palette von
Wirkstoffen, z. B. Brodalumab (Blocker der Unterein-
heit A des IL-17-Rezeptors), die IL-23-Blocker Gusel-
kumab und Risankizumab, der IL-1a-Inhibitor Berme-
kimab,TYK-2-InhibitorenundKomplementinhibitoren
wie der Anti-C5a-Antikörper Vilobelimab (IFX-1). Bei-
spielsweise wurde der IL-1a-Inhibitor Bermekimab in
einer Open-label-Studie der Phase II bei 24 Patienten
mit moderater bis schwerer HS nach Versagen eines
TNF-a-Blockers und bei 18 Patienten ohne
TNF-a-Blocker-Vorbehandlung getestet (2). Die Pa-
tienten erhielten pro Woche 400 mg Bermekimab
subkutan (total 13 Dosen). In der Gruppe mit vorheri-
gem Therapieversagen erreichten 63 Prozent der Pa-
tienten das Behandlungsziel HiSCR, in der Gruppe
ohne Vorbehandlung mit einem TNF-a-Blocker wa-
ren es 61 Prozent. Demnach eignet sich dieses Biolo-
gikum möglicherweise für die Behandlung von
Patienten, die zuvor nicht auf TNF-a-Blocker ange-
sprochen haben.
s
Alfred Lienhard
Quelle: Session D2T02, Vortrag «TNF inhibitors and novel biologics for hidradenitis suppurativa» beim 30. Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) am 1. Oktober 2021.
Referenzen: 1. Zouboulis C et al.: Hidradenitis suppurativa/acne inversa: a practical framework for
treatment optimization – systematic review and recommendations from the HS ALLIANCE working group. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2019;33:19-31. 2. Gottlieb A et al.: A phase II open-label study of bermekimab in patients with hidradenitis suppurativa shows resolution of inflammatory lesions and pain. J Invest Dermatol. 2020;140:1538-1545.
22 SZD 1/2022