Transkript
KONGRESSBERICHT ZUM SCHWERPUNKT
EADV 2021
Basistherapie bei atopischer Dermatitis
Defekte Hautbarriere mit innovativen Topika reparieren
Für die Kontrolle der atopischen Dermatitis ist es wichtig, den pH-Wert der Hautoberfläche günstig zu beeinflussen. Über neue Möglichkeiten zur pH-Wert-Korrektur und zur Reparatur der defekten Hautbarriere sprach Prof. Michael Cork aus Sheffield (UK) am virtuellen EADV-Kongress 2021.
Die pH-Wert-Dysregulation spielt für die Beeinträchtigung der Hautbarriere eine zentrale Rolle. Der pH-Wert an der Oberfläche gesunder Haut beträgt 5,0, bei atopischer Dermatitis liegt er bei 7,0, und im akuten Ekzemschub kann er bis auf 8,5 ansteigen. Die Proteaseaktivität ist in gesunder Haut normalerweise ausgeschaltet, bei atopischer Dermatitis und im akuten Schub aber eingeschaltet. Die bei erhöhtem pHWert in der Hornschicht aktivierten Proteasen bauen vermehrt Korneodesmosomen ab, was die Kohäsion der Korneozyten beeinträchtigt und mehr Abschilferung bewirkt. Bei saurem pH-Wert sind Enzyme aktiv, die für die Bildung von Ceramiden der Lipidlamellen verantwortlich sind. Bei höherem pH-Wert werden sie inaktiviert, wodurch die Hautbarriere geschwächt wird. Wenn es gelingt, den pH-Wert zu senken und ihn für viele Stunden tief zu halten, ist das von grossem Nutzen, weil die Proteaseaktivität in der Hornschicht verringert wird und die Hautbarriere durch physiologische Lipide repariert werden kann.
Innovative Creme senkt den pH-Wert und verbessert die Hautbarrierefunktion
Eine innovative topische Formulierung (Ceradan® Advanced Creme, Firma Hyphens, mit UK-Patent) verwendet ein Puffersystem, um den Haut-pH-Wert während 12 Stunden zu senken, dadurch die Proteaseaktivität zu unterdrücken und die Lipidproduktion anzukurbeln. Die Creme weist einen stabilen pHWert von 4 auf und enthält physiologische Lipide (Ceramide, Cholesterin, freie Fettsäuren im Verhältnis 3:1:1) sowie Zinkoxid. Das Forschungsteam von Cork zeigte bei Erwachsenen mit atopischer Dermatitis im Rahmen einer vehikelkontrollierten Doppelblindstudie, dass es bei 2-mal täglicher Behandlung mit der Creme gelingt, den pH-Wert der Hautoberfläche am Unterarm während 8 Wochen bei 4,5 zu halten (1). Die Hautbarrierefunktion besserte sich, gemessen an der Abnahme des transepidermalen
Wasserverlusts (TEWL). Als Ausdruck der verbesserten Hautbarrierefunktion war nach 8 Wochen Behandlung mit der verumhaltigen Creme auch der Schutz gegen Hautirritation gesteigert. Das zeigte sich bei der Patch-Testung mit Natriumlaurylsulfat, indem die Empfindlichkeit im Vergleich zur Haut, die mit dem Vehikel gepflegt wurde, signifikant reduziert war.
Ersatz physiologischer Lipide stärkt die Hautbarriere
Bei atopischer Dermatitis ist der Lipidgehalt im Stratum corneum reduziert. In den Lipidlamellen zwischen den Korneozyten liegen die Lipide gewissermassen lose, statt eng aneinander im Bilayer gepackt zu sein. Dadurch wird die Hautbarriere durchlässiger, die Haut wird trockener und reagiert empfindlicher auf Irritanzien und Allergene. In der Restore-Studie konnte das Forschungsteam von Cork zeigen, dass eine neuartige Feuchtigkeitscreme, die mehrere Wirkstoffe enthält, die Hautbarriere wesentlich besser stärken und reparieren kann als ein einfaches Emolliens (1). Die CeraVe-Feuchtigkeitscreme, die in der kontrollierten Doppelblindstudie getestet wurde, ist mit Humectants (Glyzerin und Hyaluronsäure als Feuchthaltestoffe) und zur Stärkung der Hautbarriere mit physiologischen Lipiden (Ceramiden, Triglyzeriden, Cholesterin, Phytosphingosin) angereichert. Eine «multivesikuläre Emulsionstechnologie» bewirkt, dass die Haut kontinuierlich während mehrerer Stunden mit Feuchtigkeit versorgt wird. Als Vergleichsprodukt diente Zerobase-Creme, ein in UK häufig verwendetes, Paraffin-haltiges, okklusives, einfaches Emolliens. Während 4 Wochen pflegten 34 Probanden (Alter 20 bis 89 Jahre) mit trockener, zu atopischem Ekzem neigender Haut 2-mal täglich Unterarme (volar) und Unterschenkel mit der Testcreme auf der einen und der Vergleichscreme auf der anderen Seite (randomisiert). Messungen nach 28 Tagen ergaben, dass die Testcreme den Lipidgehalt bis tief
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ins Stratum corneum erhöhte und die Lipidstruktur verbesserte. Um die Integrität der Hautbarriere (kohäsive Kraft) zu bestimmen, wurde die Hautoberfläche mit 20 konsekutiven Tape-Strips experimentell gelockert. Danach wurde der TEWL gemessen. Mit der Testcreme war der TEWL niedrig und die Integrität der Hautbarriere stark, mit dem Vergleichsemolliens war der TEWL dagegen hoch. Die Testcreme sei viel besser geeignet, um die Hautbarrierestruktur zu reparieren, sagte der Referent. Die Testcreme ver-
stärkte die Hydrierung der Haut, reduzierte sichtbare
Trockenheitszeichen und verminderte die Empfind-
lichkeit gegenüber Irritanzien.
s
Alfred Lienhard
Quelle: Vortrag D1T12.1C «Treatment of atopic dermatitis» beim 30. Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) am 30. September 2021, virtuell.
Referenz: 1. www.sheffielddermatologyresearch.com
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