Transkript
KONGRESSBERICHT SGDV
Kutane Nebenwirkungen der Checkpoint-Blockade
Wechselwirkungen zwischen Mikrobiom und Immuntherapie?
Kutane Nebenwirkungen bei onkologischen Immuntherapien können sich zu einem Problem auswachsen, das die gesamte KraeheBnebhuaenhdl,luLnugkagse_f2ä0h0rd11e5t._N04e.udenrge Studien deuten darauf hin, dass sich das Hautmikrobiom und Checkpoint-Inhibitoren ge-
genseitig beeinflussen könnten. Der Dermatologe Dr. Lukas Krähenbühl will herausfinden, ob auch die Hautnebenwirkun-
gen und die Immuntherapie damit in Verbindung stehen.
Die Hemmung des Immuncheckpoint-Systems bei Patienten mit metastasiertem malignen Melanom sowie mit vielen anderen Krebsarten hat bereits vielfach ihre Wirksamkeit bewiesen. Allerdings ist diese Strategie, bei der letztlich entzündliche Immunprozesse entfesselt werden, mit einer Reihe von immunvermittelten Nebenwirkungen assoziiert.
Lukas Krähenbühl
Kutane Nebenwirkungen
Zwar können solche Nebenwirkungen viele Organe betreffen, die frühesten und häufigsten immunver-
mittelten Nebenwirkungen zeigen sich jedoch auf
der Haut. So leiden jeweils ungefähr ein Drittel, die
Hälfte bzw. eine Mehrheit der Patienten mit An-
Kraehenbuehl, Lukas_2001ti1-P5D_01/6P.dDn-Lg1-, Anti-CTLA-4- oder Kombinationsbe-
handlung unter kutanen Manifestationen (1). Diese
zeigen sich häufig als starker Juckreiz ohne sichtba-
ren Hautausschlag, aber auch als makulopapulöse,
ekzematiforme, lichenoide oder seltener bullöse und
psoriasiforme Veränderungen. Selten sind schwere
kutane Komplikationen wie DRESS (Drug Rash with
Eosinophilia and Systemic Symptoms), Stevens-John-
son-Syndrom (SJS) oder eine toxische epidermale
Nekrolyse (TEN) zu beobachten. In den meisten Fäl-
len können kutane Nebenwirkungen mit mittel- bis
hochpotenten Kortikosteroiden behandelt werden.
Trotzdem besteht bei hartnäckigen Beschwerden
stets die Gefahr, dass es zu Therapieunterbrechun-
gen oder gar -abbrüchen kommt, die den Erfolg der
gesamten Krebsbehandlung in Frage stellen können.
Beeinflussen sich Mikrobiom und Immuntherapie?
Schon lange ist bekannt, dass zwischen dem Mikrobiom im Darm und dem Immunsystem eine sehr enge Wechselwirkung besteht. Tatsächlich spricht bei einem vielfältigen und gesunden Mikrobiom auch die Immuntherapie besser an. So reagierten Krebspatienten gemäss Studien auf eine Immuntherapie stärker, wenn ihnen zuvor gesunde Darmflora transplaniert wurde. Zudem lässt ein Experiment von Wissenschaftlern der amerikanischen Westküste aufhorchen. Diese hatten die Haut von Mäusen mit genetisch veränderten Bakterien kolonisiert, die bestimmte Proteine produzieren. Als ihnen dann anschliessend Tumoren implantiert wurden, die wie-
derum die gleichen Proteine exprimieren, wurden die implantierten Melanomzellen vom Immunsystem besser kontrolliert. Die hypothetische Schlussfolgerung: Möglicherweise besitzt das Hautmikrobiom ebenfalls Antigene, die den Tumorantigenen ähneln. Daraus entwickelte der derzeit mit einem Fellowship des Schweizer Nationalfonds in New York forschende Krähenbühl eine Hypothese: Wenn die Immuntherapie auch mit dem Mikrobiom auf der Haut eine Wechselwirkung eingeht, können möglicherweise auch die kutanen Nebenwirkungen einer Immuntherapie vom Mikrobiom beeinflusst werden.
Veränderte Hautflora – mehr Nebenwirkungen
Für seine Untersuchungen nutzte Krähenbühl den
Umstand, dass ein Teil der Patienten wegen unter-
schiedlichen Infektionen antibiotisch behandelt wer-
den muss. Durch eine solche Antibiotikatherapie
wird auch das Hautmikrobiom sowohl in seiner Quan-
tität als auch in seiner Zusammensetzung in Mitlei-
denschaft gezogen. Die Frage lautete nun: Kommt
es bei mit Immuntherapie behandelten Patienten
nach dem Antibiotikagebrauch häufiger zu Hautne-
benwirkungen? Tatsächlich wurden innerhalb der
zwei Monate nach antibiotischer Behandlung dop-
pelt so häufig kutane Nebenwirkungen beobachtet
als unter Immuntherapie ohne kürzlich erfolgte anti-
biotische Behandlung.
Möglicherweise spielen auch Pilze oder Viren auf der
Haut eine Rolle. «Die Mikrobiomforschung ist sehr
stark auf die Bakterien fokussiert. Im Darm ist das
auch berechtigt, aber auf der Haut sind gerade die
Pilze sehr präsent und möglicherweise relevant»,
sagt Krähenbühl. Der gebürtige Berner hofft, durch
ein besseres Verständnis dieser Zusammenhänge ein
weiteres Puzzleteilchen zu liefern, um eines Tages die
kutanen Nebenwirkungen bei Immuntherapien zu-
rückdrängen zu können. Für seine Forschungen er-
hielt der 33-jährige auf der SGDV-Jahrestagung 2021
den Lilly Immunodermatology Award.
s
Klaus Duffner
Referenz: 1. Wang E, Kraehenbuehl L et al.: Immune-related cutaneous adverse events due to
checkpoint inhibitors. Ann Allergy Asthma Immunol. 2021;126:613-622.
SZD 5/2021
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