Transkript
KONGRESSBERICHT ZUM SCHWERPUNKT
EADV
Psoriasis in der Pandemie
Ängste und unbeantwortete Fragen zur Biologikatherapie und COVID-19-Impfung
Die Ergebnisse zweier Studien, die auf dem 30. EADV-Jahreskongress vorgestellt wurden, beleuchten die Sicherheit biologischer Therapien bei Psoriasis sowie die Gründe für die zögerliche Haltung gegenüber der COVID-19-Impfung bei Psoriasispatienten.
Eine spanische Forschergruppe hat die Einstellung zur COVID-19-Impfung bei mit Biologika behandelten Patienten mit Psoriasis und/oder Psoriasis-Arthritis untersucht (1). Um den Auswahl-Bias herkömmlicher klinischer Umfragen zu minimieren, bei denen überwiegend Daten von motivierten Patienten erfasst werden, die zudem durch die Anwesenheit eines Arztes beeinflusst werden könnten, wurden hier Statements aus Beiträgen in sozialen Medien (Facebook, Instagram, Twitter) zugrunde gelegt. Wie Dr. Álvaro González-Cantero aus Madrid (E) berichtete, wurden zwischen Januar und März 2021 10 922 Social-Media-Beiträge von Psoriasispatienten aus den USA, aus Grossbritannien, Frankreich, Deutschland und aus Spanien anhand von vordefinierten Schlüsselwörtern erfasst. Daraus liessen sich wiederum 624 Beiträge herausfiltern, die sich direkt mit dem Impfthema befassten und von den Forschern ausgewertet wurden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Zurückhaltung bei der COVID-19-Impfung bei Psoriasispa-
Einfluss der COVID-19-Impfung auf die Biologikatherapie
5% 9% 53%
33%
Keine Änderung Verzögerung der Therapie Stopp der Therapie Keine Einleitung der Therapie
Abbildung: Die häufigste Empfehlung der Behandler war eine Verzögerung der Biologikatherapie (1)
tienten auf Sicherheitsbedenken und die Sorge vor einer Verschlimmerung der Grunderkrankung zurückzuführen ist. 52 Prozent der Kommentatoren waren skeptisch oder negativ gegenüber der COVID-19Impfung eingestellt. Hauptbedenken gegen die Impfung betrafen mögliche Impfnebenwirkungen, Auswirkungen auf die Autoimmunreaktionen, die der Psoriasis zugrunde liegen, und fehlende Studiendaten. Darüber hinaus klagten die Patienten über das Fehlen von Informationen zur Wechselwirkung der COVID-19-Impfung mit der Biologikatherapie und zur Effektivität der Impfung bei immungeschwächten Patienten. Nur jeder Dritte, der sich impfen liess, setzte im Rahmen der Impfung seine biologische Therapie unverändert fort, die Mehrzahl davon auf Anraten ihres Behandlers. Über die Hälfte der Patienten verzögerte die Einnahme, 9 Prozent berichteten sogar über einen Therapiestopp (siehe Abbildung). «Mit Blick auf die Zukunft wissen wir, dass wir diese Ergebnisse berücksichtigen und die Patienten über die Bedeutung, Sicherheit und Wirksamkeit des COVID-19-Impfstoffs aufklären müssen», sagte González-Cantero: «Wir hoffen, dass wir mit einer Akademie wie der EADV zusammenarbeiten können, um mit Aufklärung gegen die Impfmüdigkeit anzugehen.»
Keine Unterschiede im Infektionsrisiko
Tatsächlich können Biologikatherapien bei Psoriasis mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden sein. Doch die unterschiedlichen Ziel-Signalwege sowie die unterschiedliche Selektivität ihrer Hemmung lassen vermuten, dass es hier Unterschiede zwischen den Biologika geben könnte. In einer weiteren Real-World-Studie untersuchte eine niederländische Arbeitsgruppe die Auswirkungen verschiedener Biologika auf das Risiko von Atemwegsinfektionen und schwerwiegenden Infektionen, einschliesslich COVID-19 (2). Es wurde eine Kohorte von 714 Psoria-
10 SZD 5/2021
KONGRESSBERICHT ZUM SCHWERPUNKT
sispatienten mit 1325 Behandlungsepisoden aus dem BioCAPTURE-Register analysiert; gemeldet wurden 2224 Atemwegsinfektionen, davon 1,3 Prozent schwerwiegend, und insgesamt 63 schwerwiegende Infektionen. Die Analyse ergab keine Unterschiede zwischen den Biologika Adalimumab, Etanercept, Infliximab, Ustekinumab, Secukinumab, Ixekizumab und Guselkumab bezüglich des Risikos für Atemwegsinfektionen, und auch für schwere Infektionen wurde kein Zusammenhang festgestellt. Im Jahr 2020 wurden insgesamt 15 SARS-CoV-2-Infektionen bei 358 in diesem Zeitraum behandelten Patienten erfasst; die Inzidenzrate lag bei 3,8 (95%-KI: 2,2–6,1) pro 100 Patientenjahre. Eine genauere Auswertung ergab keine erhöhte Empfänglichkeit von Psoriasispatienten für die SARS-CoV-2-Infektion. «Unsere Analyse zeigt keine Unterschiede im Risiko für Atemwegsinfektionen zwischen Biologika, einschliesslich der neueren IL-17- und IL-23-Inhibitoren, in einer prospektiven Kohorte von Psoriasispatien-
ten. Darüber hinaus deuten unsere vorläufigen Er-
gebnisse darauf hin, dass biologische Behandlungen
keinen Einfluss auf die Empfänglichkeit von Psoriasis-
patienten für SARS-CoV-2-Infektionen haben, ob-
wohl dies noch weiter untersucht werden muss», be-
tonte Erstautorin Dr. Lara van der Schoot aus
Nijmegen (NL): «Diese Ergebnisse sind von grossem
klinischen Nutzen und werden dazu beitragen, die
Entscheidungen der Patienten in Bezug auf die Be-
handlungsoptionen und die Wahl der Psoriasis-
therapie zu unterstützen.»
s
Adela Žatecky
Quelle: EADV-Pressekonferenz, online am 30. September 2021.
Referenzen: 1. González-Cantero A et al. : Understanding real-world experiences and the impact of
COVID-19 vaccination on the associated use of biologics in patients with psoriasis and psoriatic arthritis through social media monitoring. Abstract no 181 submitted to EADV 30th Congress 2021. 2. van der Schoot L et al.: Risk of serious and respiratory tract infections in psoriasis patients treated with biologics: results from the Biocapture registry. Abstract no. 1161 submitted to EADV 30th Congress 2021.
EADV