Transkript
KONGRESSBERICHT
DDG 2021
Krätzemilben bekämpfen – aber richtig
Therapieversagen bei Skabies – Resistenz oder Anwendungsfehler?
Wenn die Skabiestherapie keinen Erfolg hat, wird schnell vermutet, dass die Milben gegen Permethrin, den Wirkstoff der ersten Wahl, resistent werden. Doch eher sind Anwendungsfehler der Grund, warum die topische Krätzetherapie nicht wirkt.
Unter anderem gemäss Krankenkassendaten und Apothekenverkaufszahlen aus Deutschland ist die Inzidenz der Skabies in den letzten Jahren gestiegen. Für Infektiologen liegt der Gedanke nahe, dass Resistenzentwicklungen bei dem am häufigsten eingesetzten Wirkstoff Permethrin dafür die Ursache sein könnten. Permethrin ist ein Nervengift. Es bewirkt, dass sich die Natriumkanäle der Nervenzellen nicht mehr schliessen. Das führt bei den Milben zu unkontrollierbaren Nervenimpulsen, zur Lähmung und später zum Tod. Bei nicht ausreichender Dosis können allerdings viele der kleinen Spinnentiere Permethrin enzymatisch entgiften und sich wieder erholen.
Resistenz durch mehr Eliminationsenzyme?
Mittlerweile gibt es Berichte, dass 5 bis 10 Prozent der Milben eine geringere Empfindlichkeit gegen Permethrin aufweisen. Ob tatsächlich eine Resistenz gegen Permethrin vorliege, sei schwierig nachzuweisen, denn Testmöglichkeiten wie bei einem Antibiogramm gebe es nicht, berichtete Prof. Cord Sunderkötter aus Halle (Saale/D). Denkbar wären eine genetische Resistenz durch Knock-down-Mutationen oder die Induktion von Eliminationsenzymen wie Glutathion-S-Transferase, so Sunderkötter.
Permethrin-Anwendung – gar nicht so einfach
Eher jedoch seien Anwendungsfehler die Ursache, warum die Krätze nicht verschwinde – wobei die Fehler bei der topischen Skabiestherapie mit PermethrinCreme (5%) nicht nur bei den Patienten lägen, wie Prof. Johannes Wohlrab aus Halle (Saale/D) erläuterte. Theoretisch soll die Permethrin-Creme auf der Haut schmelzen, durch die Kapillarkräfte in die Milbengänge eindringen und dort die Milben vergiften. Duschen die Patienten vor der Anwendung, quillt die Hornschicht der Haut auf, und die Milbengänge sind dadurch abgedichtet. Die kutane Bioverfügbarkeit im tiefen Stratum corneum sinke nach dem Waschen um 30 bis 50 Prozent, so Wohlrab. Bei vielen Topika lässt sich die Wirksamkeit durch Okklusion, z. B. mit Verbänden, steigern. Bei der Per-
methrin-Creme ist das nicht der Fall – hier sinkt die Bioverfügbarkeit im tiefen Stratum corneum ebenfalls um die Hälfte. Wichtig bei der topischen Krätzetherapie ist, dass wirklich das gesamte Integument eingecremt wird. Keine Stelle soll vergessen werden, das betrifft auch Zehen- und Fingerzwischenräume, hinter den Ohren oder am Rücken. Doch das wirft oft technische Probleme auf: Jeder, der sich schon einmal mit Sonnenmilch den Rücken einreiben wollte, weiss, dass man selbst nicht an alle Körperstellen herankommt.
Problem Viskosität
Hinzu kommt, dass die Creme recht zäh ist, was die Anwendung erschwert. Abhilfe könnten hier Massnahmen schaffen, die das Vehikel flüssiger machen. Eine davon: Creme erwärmen. Bei einer Temperatur von 40 °C steigt zudem die kutane Bioverfügbarkeit auf das 4-Fache. Auch ein Vehikel mit niedrigerer Viskosität als die Creme würde das Auftragen wesentlich erleichtern und die Bioverfügbarkeit um etwa 30 Prozent steigern. Allerdings gibt es das nicht als Fertigarzneimittel. Wohlrab schlug eine Magistralrezeptur mit 10 Teilen Permethrin (25% Rezepturkonzentrat) auf 40 Teile Isopropylmyristat MD (abgefüllt in eine Tropfflasche oder eine Dosierpumpe mit maximal 0,5 ml pro Hub) vor.
Alternative Systemtherapie
Alternativ zu Permethrin wäre eine Creme mit Ivermectin (1%). Allerdings ist diese Creme als Fertigarzneimittel bei Skabies nicht zugelassen. Für die systemische Therapie kann Ivermectin – sogar bei Kindern – eingesetzt werden. Die Standarddosierung beträgt 200 µg/kg Körpergewicht bei Personen über 15 kg, mit einer Wiederholung nach 7 bis 14 Tagen. s
Angelika Ramm-Fischer
Quelle: Session der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Infektiologie und Tropendermatologie (ADI-TD): «Aktuelles aus der Dermatoinfektiologie» (AKS12) und Track «Infektiologie: Alte und neue Herausforderungen» bei der 51. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), 13. bis 17. April 2021.
28 SZD 3/2021