Transkript
DDG 2021
Infektionskrankheiten
Kuhpocken – Gefahr für Immunsupprimierte
Auch wenn die Kuhpocken als harmlos gelten: Für Immunsupprimierte kann eine Infektion mit dem Orthopoxvirus, das auch von Katzen übertragen wird, lebensgefährlich werden.
Beim Stichwort Kuhpocken fällt den meisten nur ein, dass diese harmlose Infektion zur Entwicklung des Impfstoffs gegen die schwarzen Pocken geführt hat. Zur Zeit Edward Jenners Ende des 18. Jahrhunderts waren die Kuhpocken tatsächlich unter den namensgebenden Rindern verbreitet. Heute wird diese Virusgattung als Orthopoxvirus bezeichnet.
Virenreservoir wilde Nager
Das Erregerreservoir stellten heutzutage nicht mehr Kühe dar, sondern hauptsächlich wild lebende Nager wie Mäuse, wie PD Dr. Sibylle Schliemann aus Jena (D) berichtete. Auf den Menschen werden die Erreger meist durch Katzen, die ins Freie dürfen, übertragen. Erkranken können alle Säugetiere. Beim Menschen ist die Erkrankung in der Regel selbstlimitierend. Das gilt allerdings nicht für immunsupprimierte Patienten.
Fatales Fallbeispiel
Schliemann berichtete von einem jungen Mann, der wegen einer Nierentransplantation unter Immunsuppression stand und sich in der Klinik mit starkem Krankheitsgefühl, einer lividen Schwellung am Kleinfingergrundgelenk der rechten Hand und der ent-
sprechenden axillären Lymphknotenschwellung vor-
stellte. Er gab an, von seiner Katze kürzlich gekratzt
und gebissen worden zu sein. Zusätzlich zu der
Schwellung an der Hand fanden sich vereinzelte Bläs-
chen und genabelte Papeln. Bei der umfangreichen
Diagnostik konnte schliesslich mittels Histologie und
PCR die Diagnose Kuhpocken gestellt werden.
Nach Absetzen der Immunsuppression verschlech-
terte sich der Zustand des Patienten trotz intensiv-
medizinischer Betreuung und aufwendiger Antibiose
zusehends. Der junge Mann verstarb an Sepsis und
Herzversagen.
Schliemann wies aufgrund dieser traurigen Erfahrung
darauf hin, dass Patienten mit Immunsuppression
keine Haustiere halten sollten, weil diese immer ein
Reservoir für Keime seien. Insgesamt werde ein An-
stieg der Kuhpockeninfektionen seit den Achtziger-
jahren registriert. Ursache sei vermutlich eine sin-
kende (Herden-)Immunität gegen die Viren, seitdem
in den Siebzigerjahren die Impfung gegen Pocken
mit dem Vacciniavirus eingestellt wurde.
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Angelika Ramm-Fischer
Session «Globale Dermatologie in den Zeiten des Klimawandels» bei der 51. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), 15. April 2021.
SZD 3/2021
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