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KONGRESSBERICHT
Wundheilung
Immunmodulatoren sind im Kommen
Mit Immunmodulatoren lässt sich auch die Wundheilung beeinflussen: sowohl zur Abbremsung überschiessender Immunreaktionen – beispielsweise bei Pyoderma gangraenosum mit TNF-α-Blockern – als auch zur Stimulation von Granulationsgewebe bei Ulcus cruris.
Unabhängig davon, wie eine Wunde entsteht – z. B. mechanisch, durch Verbrennung oder Erfrierung, aufgrund von Durchblutungsstörungen: Der Körper kann sie in den meisten Fällen reparieren. Dabei lässt sich die Wundheilung in zwei zeitlich überlappende Phasen mit unterschiedlichen Typen von Immunreaktionen einteilen: ▲ Bei Typ I geht es vor allem um die Abwehr von
Keimen und die beginnende Gewebegranulation. ▲ Typ II führt in erster Linie zu Gewebewachstum
und Narbenbildung. Doch nicht immer funktionieren diese Reparaturmechanismen reibungslos. Problematisch bei der Wundheilung sind meist lokale Faktoren – z. B. die gestörte Rheologie bei Ulcus cruris und/oder Systemerkrankungen, beispielsweise die atopische Dermatitis. Die Erkenntnisse aus der Immunforschung haben auch neue Impulse bei der Therapie von schlecht heilenden Wunden gesetzt. Denn Zytokine steuern auch die Wundheilung. So sind bei der Keimabwehr in der ersten Phase der Wundheilung (Typ I) vor allem TNF-α, IL-12, IL-23 und IL-17 beteiligt. Im weiteren Verlauf werde das Gewebewachstum von IL-4, IL-13, IL-5 und dem TGF-β (TGF: tissue growth factor) beeinflusst (siehe Abbildung), erläuterte Prof. Dr. Sabine Eming aus Köln (D) auf der Jahrestagung der Rheinisch-Westfälischen Dermatologischen Gesellschaft (DWFA).
Kommt es zu Störungen der Wundheilung, kann durch Immunmodulatoren die Aktivität einzelner Zytokine beeinflusst werden. Eming betonte, dass in diesem Zusammenhang nicht von Immunsuppression, sondern von Immunmodulation gesprochen werden sollte. Denn das Immunsystem lässt sich sowohl bremsen als auch stimulieren.
Ulcus cruris: Makrophagen stimulieren
Eming nannte als Beispiel für eine Stimulation das Ulcus cruris: Bei chronischen Wunden komme es häufig zu einer Immuntoleranz, weil Bakterien-Lipopolysaccharide (LPS) die Bildung von Wachstumsfaktoren in den Makrophagen bremsten. Mit β 1,3/1,6-Glucan, einem effektiven, natürlichen Immunmodulator, wird die Aktivität der Makrophagen wieder stimuliert. Es kommt in der Folge wieder zur Gewebegranulation und im besten Fall zum Wundschluss.
Pyoderma gangraenosum: TNF-α hemmen
Allerdings kann das Immunsystem auch zu stark reagieren. Beispielsweise wenn in der Typ-I-Phase die anfängliche Abwehr – an der auch TNF-α beteiligt ist – nicht wieder zurückgefahren wird. Hier berichtete Eming von einem Mann, dessen grossflächige Wunden nicht abheilten. Er litt unter einem PASH-Syndrom: Pyoderma gangraenosum, Akne und Hidradenitis suppurativa. Erst die Kombination aus Antibiotika und einem TNF-α-Blocker (off label), der die überschiessende Abwehr hemmt, liess das entzündliche Geschehen zurückgehen.
IL-4-Blocker auch bei Morphea?
Ein an der Typ-II-Wundheilung beteiligtes Zytokin ist IL-4, das unter anderem die Fibrosierung des Gewebes – die letzte Phase der Wundheilung, d. h. die Narbenbildung – steuert. Bei der Regulation der makromolekularen Organisation der extrazellulären Matrix stösst IL-4 über die Makrophagen die Stimulation der Fibroblasten an. So ist überschiessendes IL-4 auch an der Lichenifizierung bei atopischer Dermatitis beteiligt. Mit Dupilumab, das für die Behandlung der atopischen Dermatitis zugelassen ist, lässt sich
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die Aktivität von IL-4 bremsen. Das kann man sich
auch bei einer anderen pathologischen Fibrosierung
zunutze machen: bei der zirkumskripten Skleroder-
mie, der Morphea. Mit der IL-4-Blockade könnten die
Aktivierung von Makrophagen, T- und B-Lymphozy-
ten, die Kollagensynthese und die Proliferation von
Fibroblasten gesenkt werden.
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Angelika Ramm-Fischer
Quelle: Session «Praktisches Wundmanagement» bei der virtuellen Jahrestagung der Rheinisch-Westfälischen Dermatologischen Gesellschaft (DWFA 2020), am 28. November 2020.
Studienpatienten mit Morphea gesucht
Nach vielversprechenden Einzelfallbeobachtungen hat Dr. Sabine Eming eine Phase-II-Studie mit Morphea-Patienten gestartet, für die sie noch Teilnehmer sucht. Dermatologen, die Patienten mit Plaque-Morphea behandeln und Interesse an der Studie haben, möchten sich bitte melden unter sabine.eming@uni-koeln.de.
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