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KONGRESSBERICHT ZUM SCHWERPUNKT
SWISS DERMA DAY 2021
Laser- oder Kryolipolyse zum Bodysculpturing
Womit lassen sich hartnäckige Fettpölsterchen besser beseitigen?
Um unschöne Fettpölsterchen zu beseitigen, stehen heutzutage verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Zwei Methoden zur gezielten Entfernung von Doppelkinn, Lovehandels und Co. haben sich dabei besonders herauskristallisiert: die Kryo- und die Laserlipolyse. Doch welche ist eher zu empfehlen? Welche ist schmerzärmer, welche effektiver? Dr. Bettina Rümmelein aus Zürich ist diesen Fragen nachgegangen.
Der Wunsch, sich einem Schönheitsideal anzunähern, ist so alt wie die Menschheit. Allerdings waren die Möglichkeiten dazu noch nie so gross wie heute. Dr. Bettina Rümmelein, Leiterin der Smartaging Swiss Academy AG in Zürich und Präsidentin der Schweizer Gesellschaft für medizinische Laseranwendungen (SGML), nannte als Zeichen des steigenden Bedarfs den wachsenden Markt an Geräten zur nicht invasiven und invasiven Körpermodellierung: In den USA hat der Umsatz solcher Geräte die Milliardenmarke in US-Dollar bereits überschritten.
Modellkörper – nicht einfach zu erreichen
Bodysculpturing heisst hier ein Zauberwort. Das Hinzufügen ist relativ simpel: Ein Silikonimplantat in Brust (nicht nur in die weibliche), Wade oder Po lässt sich chirurgisch schnell einbauen und ist weitaus weniger anstrengend als ein gezielter Muskelaufbau. Schwieriger wird es mit dem Wegnehmen von Gewebe: Operative Eingriffe sind mit reichlich Komplikationen verbunden. Das heisst, um Diät und Training kommt der Abspeckwillige nicht herum. Doch selbst wenn diese Massnahmen erfolgreich zu einem
© Rümmelein Abbildung 1: Laserlipolyse
schlankeren Äusseren führen, bleiben oft noch unschöne Pölsterchen an den falschen Stellen, z. B. der berüchtigte Reithosenspeck, die Lovehandels an den Hüften oder das Doppelkinn.
Liposuktion risikoreich
Die klassische Methode, um diesem «Gewebeüberschuss» zu Leibe zu rücken, ist die Liposuktion. Das Fettabsaugen ist allerdings ein traumatischer Eingriff, der eine Narkose erfordert und auch nach der Operation sehr schmerzhaft ist, mit grossen Blutergüssen einhergeht und längere Ausfallzeiten bedingt. Nicht zu vernachlässigen sind auch das Infektionsrisiko und die Narbenbildung. Hinzu kommt, dass das Ergebnis nicht immer symmetrisch ist und so keineswegs die ästhetischen Erwartungen der Patienten erfüllt.
Grosse Auswahl bei den minimalinvasiven Methoden
Deshalb wendet man sich immer mehr von der Liposuktion ab, hin zu nicht oder nur minimalinvasiven Methoden. Diese sind grundsätzlich für gesunde Personen mit einem Body-Mass-Index (BMI) unter 30 geeignet, die kleinere lokale Fettdepots loswerden wollen. Die Palette der minimalinvasiven Verfahren zur lokalen Fettreduktion ist bereits gross. Rümmelein stellte eine kleine Auswahl vor: s Hitzeverfahren: hochfrequenter Ultraschall (z. B.
Ultraformer®HIFU Medical), Laserlipolyse (z. B. Scizer by Classys, SculpSure) (Abbildung 1) s Kryolipolyse (CLATUU by Classys, Cool-Sculpting®, Clatuu Alpha®) (Abbildung 2) s Radiofrequenzverfahren (Velashape III) s Stosswellentherapie (AWT by Storz) s Kombinationsgeräte (z. B. Velashape III mit Vakuum-, Infrarot- und Radiofrequenz) s Nahrungsergänzungsmittel s Injektionslipolyse. Hier komme der niedergelassene Dermatologe ins Spiel, so Rümmelein. Denn diese Verfahren sollten nicht zuletzt wegen der Patientensicherheit in der
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Hand des Arztes bleiben. Rümmelein hat sich hier wissenschaftlich zwei dieser Methoden genähert: der Kryolipolyse und der Laserlipolyse.
Kryolipolyse
Bei der Kryolipolyse wird zunächst die zu behandelnde Stelle mit einer Spezialfolie bedeckt, die die Haut vor Erfrierungen schützt. Dann wird die Stelle von einem Ansaugstutzen angesaugt und für etwa eine Stunde auf 4 bis –9 °C kontrolliert heruntergekühlt. Dabei kristallisieren die Adipozyten. Nach der Kältephase wird das behandelte Areal mit warmen Tüchern wieder «aufgetaut» (Abbildung 3). Dieser Teil der Behandlung ist meist recht schmerzhaft; es sollte deshalb vorbeugend mit einem Analgetikum, z. B. Novaminsulfon, behandelt werden.
Wirkmechansimus Der gezielt gesetzte Kälteschaden führt zur Apoptose der Fettzellen, zur Infiltration mit Makrophagen und zum Abtransport der Zellbestandteile durch das Lymphsystem (1). Nach 2 bis 3 Monaten ist der Fettabbau am behandelten Areal abgeschlossen.
© Rümmelein Abbildung 2: Kryolipolyse
Effektivität Im Hinblick auf die Effektivität berichtete Rümmelein von einer Studie, in der sich die mittlere Fettschichtreduktion auf 14,9 bis 43,2 Prozent für Körperbereiche und auf bis zu 35,2 Prozent bei Behandlung im Bereich des Unterkiefers (Doppelkinn!) beläuft (2).
Nebenwirkungen, Kontraindikationen Durch die Kälte können bei entsprechender Disposition paroxysmale Kältehämoglobinurie, Kryoglobulinämie oder Kälteurtikaria auftreten. Bei diesen Patienten verbietet sich eine solche Behandlung. Ebenfalls kontraindiziert ist die Kryolipolyse bei diabetischer Neuropathie, Hernien (vor allem bei Anwendung im Bauchbereich) oder Herzschrittmacherträgern.
Vorteile s keine Anästhesie erforderlich s keine Ausfallzeit s besonders geeignet für Patienten mit hartnäcki-
gen lokalen Fettdepots mit schneller Gewichtszunahme in kurzer Zeit s Dauer der Behandlung etwa 40 bis 60 Minuten s geringe Schmerzen zu Beginn, etwa 5 bis 10 Minuten während des Beginns bzw. beim Ansaugen; nach der Behandlung kommt es zum Wiederaufwärmungsschmerz s häufigste unerwünschte Ereignisse: Erytheme, Taubheitsgefühl/Parästhesie, Blutergüsse, Ödeme s schwerwiegendere Komplikationen: starke/anhaltende Schmerzen, Dysästhesie, Hyperpigmentierung der Haut, motorische Neuropathie, paradoxe adipöse Hyperplasie.
© Rümmelein
Abbildung 3: Deformierte Behandlungszone nach der Applikation von Vakuum und Kälte
Insgesamt wird die Methode als sichere Behandlung beurteilt. Die meisten der berichteten unerwünschten Ereignisse sind minimal und klingen in der Regel schnell ab (3).
Laserlipolyse
Auch bei der Laserlipolyse werden die Fettzellen zerstört – allerdings durch Hitze. Das Vorgehen ist ähnlich wie bei der Kryolipolyse: Ein Gurt mit Aussparungen wird fest auf das zu behandelnde Areal geschnallt. In die Aussparungen werden die Behandlungsköpfe des Lasers eingeklinkt. Eine Kontaktkühlung sorgt für
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Kryolipolyse Laserlipolyse
Fettreduktion ist erreichbar +
Fettreduktion ist erreichbar +
Behandlung: Behandlung:
Dauer: 40–60 min –
Dauer: 20 min +
Komplexes Handling –
Komplexes Handling, die
Gelpad erforderlich, grosser
Applikatoren können sich lösen –
Wäscheverbrauch –
Schmerzen in der Ansaugphase und
Leichte Schmerzen während der
beim Wiederaufwärmen während
gesamten Behandlung mit kurzen
der Behandlung – Erholungsphasen –
Nach der Behandlung:
Nach der Behandlung:
Schmerzen möglich –
keine Schmerzen berichtet +
Taubheitsgefühl möglich –
Taubheitsgefühl nicht bekannt +
Kann von jedem angewendet
Kann nur von Ärzten
werden ➞ grosse Zahl an
ausgeführt werden +
Mitbewerbern, Preisdruck –
Sicherheit und Patientenkomfort während der Behandlung.
Wirkmechanismus Das Laserlicht durchdringt mit der Wellenlänge von 1060 nm die Fettschicht und erhitzt das Fettgewebe auf 42 bis 47 °C. Diese Temperatur ist notwendig, um die strukturelle Integrität der Zellmembran zu schädigen, was zu einem verzögerten Absterben der Fettzellen führt. Die Zellreste werden über das Lymphsystem abtransportiert.
Effektivität Wie gut mittels Laser das Fett zum Schmelzen gebracht wird, hat unter anderem eine Studie zur histologischen und klinischen Effektivität der Laserlipolyse ergeben: Histologisch konnte über einen Zeitraum von 24 Wochen die kontinuierliche Abnahme der Fettzellen belegt werden. Zudem war die Behandlung gut verträglich und auch makroskopisch effektiv. Hautschäden wurden nicht beobachtet, ebenso konnten keine statistisch signifikanten Veränderungen der Blutfette oder der Leberwerte festgestellt werden (4). Rümmelein zitierte noch weitere Studien zur Effektivität der Laserlipolyse im Bauchbereich und an den Flanken. Hier waren die Patienten zu über 90 Prozent mit dem Ergebnis zufrieden, was sich auch in der Fotodokumentation objektivieren liess.
Nebenwirkungen An Nebenwirkungen werden vor allem leichte Schmerzen während der Behandlung angegeben. Der behandelte Bereich bleibt danach für bis zu 3 Wochen leicht bis mittelschwer empfindlich (ähnlich einem «Muskelkater»).
Kontraindikationen s Absolut:
– offene Verletzungen und Wunden – Hernien (Bauchbereich) – Schwangerschaft/Stillen s Relativ: – Erkrankungen mit Immunsuppression oder Ein-
satz von Immunsuppressiva – Verwendung von Thrombozytenaggregations-
hemmern, Thrombolytika oder Antikoagulanzien – auf Narbengewebe, das die Behandlung beeinträchtigen könnte – 1 Woche vor und nach der Behandlung keine starke Sonnenbestrahlung und keine Tätowierungen im Behandlungsbereich – Einnahme von fotosensibilisierenden Medikamenten sollte immer abgefragt werden.
Vorteile s keine Anästhesie, keine Ausfallzeit s besonders geeignet für Patienten mit hartnäcki-
gen lokalen Fettdepots und mit schneller Gewichtszunahme in kurzer Zeit s kurze Dauer: 25 Minuten s simultane Straffung des Gewebes durch die Hitze s sichere Behandlung, die meisten Nebenwirkungen sind minimal und klingen schnell ab.
Kryo- oder Laserlipolyse?
Was ist nun besser: die Kryo- oder die Laserlipolyse?
Das sei nicht so einfach zu beantworten, hauptsäch-
lich weil die Datenlage eher mager sei, so Rümme-
lein. Die meisten Studien sind von den Geräte-
herstellern initiiert, was Interessenkonflikte und kom-
merzielle Verzerrungen nahelegt. Des Weiteren man-
gelt es häufig an einer strengen wissenschaftlichen
Methodik im Studiendesign.
Rümmelein hat allerdings eine kleine Head-to-head-
Studie aufgespürt. In dieser Studie wurden 6 Patien-
ten jeweils auf einer Rumpfseite (Flanke, Love-
handles) mit Laser- bzw. Kryolipolyse behandelt, die
Gegenseite bekam keine Behandlung. Das Ergebnis
zeigte jedoch keine signifikanten Unterschiede zwi-
schen den beiden Verfahren: Unter der Lasertherapie
reduzierte sich die Fettschicht um 24 Prozent, bei der
Kryolipolyse waren es 22 Prozent (5).
Um die Frage, womit sich die Fettpölsterchen am
besten beseitigen lassen, zu beantworten, hat Rüm-
melein aus den Studien sowie aus ihren eigenen Er-
fahrungen die Vor- und Nachteile zusammengestellt
(siehe Tabelle).
s
Angelika Ramm-Fischer Quelle: Swiss Derma Day 2021, online am 28. Januar 2021.
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Referenzen: 1. Pugliese D et al.: Histopathological Features of Tissue Alterations Induced by Cryo-
lipolysis on Human Adipose Tissue. Aesthet Surg J. 2020;40(7):761-766. 2. Atiyeh BS et al.: Cryolipolysis (CLL) for Reduction of Localized Subcutaneous Fat:
Review of the Literature and an Evidence-Based Analysis. Aesthetic Plast Surg. 2020;44(6):2163-2172. 3. Hedayati B et al.: Adverse Events Associated With Cryolipolysis: A Systematic Review of the Literature. Dermatol Surg. 2020;46 Suppl 1:S8-S13. 4. Decorato JW et al.: Clinical and Histological Evaluations of a 1060 nm Laser Device for Non-Invasive Fat Reduction. Paper presented at: American Society for Laser Medicine and Surgery; 2014, Phoenix, AZ. 5. Decorato JW et al.: Clinical Evaluations of a 1060 nm Laser Device for Non-Invasive Fat Reduction as compared to Cryolipolysis. Paper presented at: American Society for Laser Medicine and Surgery; 2015, Kissimmee, FL.
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