Transkript
KONGRESSBERICHT ZUM SCHWERPUNKT
EADV 2020
Platelet-Rich-Plasma bei androgenetischer Alopezie
Kontroversen um die Wirksamkeit der PRP-Behandlung
Die Behandlung von Haarausfall mit Platelet-Rich-Plasma (PRP) aus Eigenblut wird immer populärer. Aufgrund der vorhandenen Studien ist aber noch nicht klar, ob die Therapiemethode tatsächlich wirksam ist. Über das Pro und Kontra von PRP bei androgenetischer Alopezie sprachen zwei Experten am virtuellen EADV-Kongress 2020.
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Pietro Gentile, Rom (I), vertrat die Ansicht, dass PRP bei androgenetischer Alopezie wirksam sei. In einem systematischen Review analysierte er 12 randomisierte, klinische Studien. 10 dieser Studien berichteten über positive Effekte von PRP bei androgenetischer Alopezie (1). In einer eigenen, kleinen, randomisierten, plazebokontrollierten Studie konnte der Referent mit PRP bei androgenetischer Alopezie positive Effekte erzielen (2). Bei 23 Männern wurde in 3 Behandlungssitzungen im Abstand von 30 Tagen 0,1 ml PRP pro cm2 in ausgewählte, von Haarausfall betroffene Kopfhautareale injiziert, während physiologische Kochsalzlösung (Plazebo) in andere betroffene Areale desselben Probanden injiziert wurde. Die Kopfhaut wurde fotografiert, und die Haardichte (Anzahl Haare pro cm2) wurde mittels TrichScan computergestützt berechnet. 3 Monate nach Behandlungsbeginn betrug die Zunahme der Haardichte in der mit PRP behandelten Region durchschnittlich 45,9 Haare pro cm2. Die Zunahme war signifikant, verglichen mit der Kontrollregion, in der es zu einer Abnahme der Haardichte von durchschnittlich 3,8 Haaren pro cm2 kam. Neuerdings hat der Referent die manuelle Injektion verlassen. Er empfiehlt jetzt die mechanische und kontrollierte Injektion mit einer Injektionspistole, die sicherstellt, dass für jeden Quadratzentimeter 0,2 ml PRP in der gewünschten Tiefe von 5 mm injiziert werden (3).
PRP als Monotherapie nicht wirksam?
PRP als Monotherapie verbessere das Haarwachstum bei Männern mit androgenetischer Alopezie nicht, sagte Paul Gressenberger, Graz (A). Er stützte sich dabei auf die Resultate einer randomisierten, plazebokontrollierten Pilotstudie, in der er insgesamt 30 Männer mit unbehandelter androgenetischer Alopezie behandelt hatte (4). In Intervallen von 4 bis 6 Wochen wurden 20 Männer fünfmal mit PRP und 10 Männer als Kontrollen mit physiologischer Kochsalzlösung behandelt. Die Wirksamkeit der Therapie wurde mittels TrichoScan-System evaluiert. Ein unabhängiger Experte beurteilte zudem die klinische Bes-
serung anhand der Fotodokumentation. Bei der ers-
ten Follow-up-Untersuchung (4 Wochen nach der
letzten Behandlung) hatte die Anzahl Haare pro cm2
im Median um 6,5 (in der Plazebogruppe um 9) ab-
genommen. Bei der zweiten Kontrolle (6 Monate
nach der letzten Behandlung) betrug die Abnahme
ab Studienbeginn im Median 9 Haare pro cm2 in der
PRP-Gruppe und 12 in der Plazebogruppe. Die visu-
elle Beurteilung anhand von Fotos lautete bei keinem
Patienten «viel besser». Bei der ersten Kontrollunter-
suchung wurde bei je drei Patienten in der PRP- und
in der Plazebogruppe eine geringe Verbesserung
festgestellt. Obschon die Studie keinen stimulieren-
den Effekt von PRP auf das Haarwachstum belegen
konnte, gaben zwei Drittel der Patienten an, dass die
PRP-Therapie ihre Alopezie verbessert habe (4).
Der Referent fand in der Literatur 10 randomisierte,
kontrollierte Studien zur Behandlung der androgene-
tischen Alopezie mit PRP. 6 Studien lieferten positive
und 4 Studien negative Resultate. Die Studien mit
positiven Ergebnissen wiesen bei unterschiedlichem
Studiendesign methodische Schwächen auf. Erst
wenn ein standardisiertes Behandlungsprotokoll vor-
handen sei und Ergebnise einer methodisch ein-
wandfreien, grossen, randomisierten, kontrollierten
Studie vorlägen, werde sich zeigen, ob PRP bei an-
drogenetischer Alopezie tatsächlich von Nutzen sei,
betonte Gressenberger.
s
Alfred Lienhard
Referenzen: 1. Gentile P et al.: Systematic review of platelet-rich plasma use in androgenetic alo-
pecia compared with minoxidil, finasteride, and adult stem cell-based therapy. Int J Mol Sci 2020; 21: 2702. 2. Gentile P et al.: The effect of platelet-rich plasma in hair re?growth: A randomized placebo-controlled trial. Stem Cells Transl Med 2015; 4: 1317–1323. 3. Gentile P et al.: Mechanical and controlled PRP injections in patients affected by androgenetic alopecia. J Vis Exp 2018; issue 131: e56406. 4. Gressenberger P et al.: Platelet-rich plasma for androgenetic alopecia treatment: A randomized placebo-controlled pilot study. Acta Derm Venereol 2020; 100: adv00247.
Quelle: «Platelet rich plasma: does it really work?», Kontroverse von Pietro Gentile, Rom, und Paul Gressenberger, Graz, am virtuellen EADV-Kongress, 31. Oktober 2020, Präsentation Controversies V.
SZD 2/2021