Transkript
KONGRESSBERICHT
Psoriasis und SARS-CoV-2
Bessere Prognose bei Beibehaltung der biologischen Therapie
Psoriasispatienten haben laut aktuellem Wissensstand kein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit SARS-CoV-2 oder für assoziierte Komplikationen. Es ist aber zu beachten, dass ältere Patienten (> 60 Jahre) und Patienten mit Komorbiditäten mit besonderer Vorsicht und als Risikogruppe betrachtet werden müssen. Zu den Komorbiditäten, welche das Risiko für schwerwiegende Erkrankungen durch COVID-19 erhöhen können, gehören chronische Erkrankungen wie z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, schwerer Bluthochdruck, Lebererkrankungen, Nierenerkrankungen und Erkrankungen der Atemwege (u. a. COPD). Eine bestehende Biologikatherapie sollte nicht prophylaktisch abgesetzt werden, berichtete PD Dr. Dr. Ahmad Jalili aus Buochs an einer Onlinefortbildung für Dermatologen.
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Generell erfolgt die Einleitung einer Therapie mit Biologika oder systemischen Immunsuppressiva nach einer individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung. Immunmodulatorische Therapien sollten in Zeiten von COVID-19 nicht prophylaktisch gestoppt werden, berichtete Jalili. Es gelte, inflammatorische Schübe zu vermeiden, denn diese könnten das Risiko für COVID-19-assoziierte Komplikationen erhöhen, wie bei Patienten mit aktiven, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen habe gezeigt werden können. Bei den Patienten unter biologischer oder Systemtherapie, die positiv auf COVID-19 getestet wurden, soll man die biologische Therapie abbrechen oder verschieben, bis sich der Patient von COVID-19 erholt hat (in Übereinstimmung mit den Schweizer Richtlinien zur Behandlung von Patienten mit aktiven Infektionen unter biologischer Therapie). Bei den Patienten, die für die Einleitung einer biologischen oder Systemtherapie in Betracht gezogen werden, sollte man bei Low-Risk-Patienten den Nutzen/das Risiko vor Therapieeinleitung bewerten; dabei wird berücksichtigt, dass bei jeder Person schwerwiegende Komplikationen aufgrund einer COVID-19-Infektion auftreten können. Die Therapieentscheidung sollte wie immer nach detaillierter Erklärung, sorgfältiger Abwägung und mit dokumentiertem Einverständnis erfolgen. Die klinischen Fälle, ihre Behandlung und die Ergebnisse sollten erfasst und kommuniziert werden, um den Einfluss von COVID-19 auf den Krankheitsverlauf von Patienten mit immunvermittelten, entzündlichen Erkrankungen in Zukunft besser abschätzen zu können.
PsoProtect liefert Daten zu Risikofaktoren Aus diesem Grund habe man bereits im März und April 2020 verschiedene dermatologische COVID-19-
Register aufgebaut, berichtete Jalili weiter. Die meisten Psoriasispatienten sind in dem internationalen Register PsoProtect erfasst, das derzeit (Stand Februar 2021) 864 Patienten mit Plaque-Psoriasis und 21 Patienten mit Psoriasis pustulosa aus insgesamt 88 Ländern umfasst. Das Durchschnittsalter dieser Patienten liegt bei 50 Jahren; 59 Prozent sind Männer und 41 Prozent Frauen. Bei 67 Prozent wurde COVID-19 bestätigt, bei 33 Prozent aufgrund klinischer Symptome vermutet (1). In einer Zusammenfassung von Daten der ersten 666 Patienten wurden die Verläufe und Therapien näher analysiert. 16 Prozent der Psoriasispatienten wurden wegen COVID-19 hospitalisiert. 827 erholten sich wieder, 47 entwickelten Langzeitkomplikationen, und 11 Patienten verstarben im zeitlichen Zusammenhang mit ihrer COVID-19-Erkrankung. Bezüglich der Psoriasistherapie bei Beginn von COVID-19 ergab sich folgendes Bild: 206 Patienten erhielten einen TNF-α-Hemmer, 192 einen IL-23-Hemmer, 136 einen IL-17-Hemmer, 91 eine konventionelle systemische Therapie, 40 ein hemmendes Small Molecule, 27 Patienten erhielten Kombinationstherapien, und 96 erhielten keinerlei systemische Therapien. Bei 4 Patienten war aufgrund der Teilnahme an einer klinischen Studie die geblindete Therapie unklar. Bei denjenigen, die Biologika erhielten, wurde im Verlauf von COVID-19 bei etwa der Hälfte das Biologikum abgesetzt und bei der anderen Hälfte fortgeführt. Eine Erklärung für die so häufige Fortführung könnte nach Einschätzung von Jalili allerdings auch in den häufig grossen Intervallen zwischen den Injektionen liegen, sodass möglicherweise während der Akuterkrankung überhaupt keine Injektion vorgesehen war. In einer Auswertung der PsoProtect-Daten wurde der Frage nachgegangen, wie sich der Medikamenten-
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einsatz auf den Verlauf von COVID-19 auswirkt (2). Das Ergebnis: 21 Prozent der Patienten mussten hospitalisiert werden. Risikofaktoren für die Hospitalisierung waren männliches Geschlecht, nicht weisse Ethnizität sowie Komorbiditäten. 93 Prozent der Patienten erholten sich vollständig von COVID-19, 5 Prozent behielten langfristige Einschränkungen, und 2 Prozent verstarben. Hospitalisierungen waren bei Psoriasispatienten ohne eine Biologikatherapie häufiger als unter Beibehaltung einer Biologikatherapie. Zwischen den einzelnen Biologikaklassen wurden keine signifikanten Unterschiede registriert (2). Wie Jalili weiter berichtete, habe sich bei Patienten unter Biologika auch ein um 50 Prozent reduziertes Mortalitätsrisiko ergeben.
Fazit
Die Daten des Registers PsoProtect zeigen, dass Pso-
riasispatienten, sowohl mit als auch ohne systemi-
sche Therapien, nach derzeitigem Wissensstand kein
erhöhtes COVID-19-Risiko aufweisen. Vorsicht gebo-
ten ist bei älteren Patienten (> 60 Jahre) sowie bei
Patienten mit Komorbiditäten wie Herz-Kreislauf-Er-
krankungen, Diabetes, schwerem Bluthochdruck, Le-
ber- und Nierenerkrankungen sowie Erkrankungen
der Atemwege (z. B. COPD). Zu beachten sind auch
die psychologischen Konsequenzen der Schutzmass-
nahmen. Vor dem Hintergrund, dass Depressionen
bei Psoriasispatienten häufig sind, wies Jalili auf die
Wichtigkeit hin, mit den Patienten in Kontakt zu blei-
ben. Hier sollte, soweit es geht, auch die Telederma-
tologie genutzt werden.
s
Infokasten:
COVID-19-Infobroschüre für Patienten
Alle wesentlichen Fakten über COVID-19 sind in dem von der European Lung Foundation (ELF) veröffentlichten «COVID-19-Factsheet» zusammengefasst. Es enthält in patientenverständlicher Darstellung allgemeine Informationen über das Virus, die typischen Symptome, Risikofaktoren und unterschiedlichen Krankheitsverläufe sowie Tipps, was man im Falle einer Infektion zur Symptomlinderung und Verhinderung von Folgeansteckungen tun kann. Darüber hinaus werden die unterschiedlichen Testmethoden erklärt und der aktuelle Stand zu den Möglichkeiten der Impfung beschrieben. Auf der letzten Seite ist eine Liste von Links mit weiterführenden Informationen.
Die 13-seitige Infobroschüre ist derzeit in 22 Sprachen als Download auf der Homepage der ELF verfügbar:
Adela Žatecky
Quelle: Webinar «Psoriatische Erkrankungen und SARS-CoV-2», online am 26. Januar 2021 (Sponsoren: Amgen und Abbvie)
Referenzen: 1. www.psoprotect.org 2. Mahil SK et al.: Factors associated with adverse COVID-19 outcomes in patients with
psoriasis — insights from a global registry–based study. J Allergy Clin Immunol. 2021;147(1):60-71.
https://www.europeanlung.org/en/covid-19/covid-19-informationand-resources/covid-19-factsheet
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