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KONGRESSBERICHT ZUM SCHWERPUNKT
DERM 2020
Akne vulgaris
Topische Retinoide 4.0
Topische Retinoide, die heute zur Behandlung von Aknepatienten eingesetzt werden, wirken nicht nur der Entzündung entgegen, sondern vermindern auch die Narbenbildung – und das selbst bei grossflächiger Anwendung wie bei ausgeprägter Stammakne ohne systemische Nebenwirkungen.
Moderne retinoidhaltige Externa haben sich bei der Therapie von Aknepatienten bewährt: Sie verbessern nicht nur das Hautbild, indem sie die Entzündungen zurückdrängen, sondern sie wirken auch der Bildung von atrophen Aknenarben entgegen.
Weniger Narben mit ADA/BPO
Wie PD Dr. Markus Reinholz aus München (D) berichtete, lassen sich unter einer Behandlung mit der Kombination aus dem Retinoidderivat Adapalen (ADA) und Benzoylperoxid (BPO) in einer Creme (0,3% ADA/2,5% BPO, Epiduo®) nicht nur die entzündlichen Läsionen um fast 90 Prozent senken. Auch die Narben (gemessen im SGA: scar global assessment) bessern sich bei jedem dritten Patienten bereits nach einer Woche Behandlung (1). Bei Studienende nach 24 Wochen hatten sich in der Verumgruppe die Narben um durchschnittlich 15,5 Prozent zurückgebildet, in der nur mit Vehikel behandelten Gruppe waren die Werte im SGA gegenüber dem Ausgangswert um 14,4 Prozent gestiegen.
Retinoidrezeptor γ in der Epidermis
Aber die Retinoidforschung hat noch weitere Fortschritte gemacht. So weiss man heute, dass die synthetischen Derivate des Retinols (Vitamin A) ihre Wirkung über die Bindung an nukleäre Retinoidrezeptoren (RAR: retinoid acid receptor) und die anschliessende Modifikation der Genexpression entfalten. Es existieren die drei RAR-Subtypen α, β und γ: s RAR-α ist im Körper ubiquitär verteilt. s RAR-β findet sich in verschiedenen Epithelien und
der Dermis, vor allem in Fibroblasten; die genaue Funktion von RAR-β ist noch nicht vollständig geklärt. s RAR-γ kommt vor allem in der Epidermis und im Infundibulum des Haarfollikels vor, hier wird über RAR-γ vor allem die terminale Differenzierung von Keratinozyten gesteuert. Trifaroten ist ein Agonist mit starker Wirkung auf RAR-γ und sehr viel schwächerer an RAR-α und RAR-β. Im Tiermodell entfaltete es die gleiche komedolytische Wirkung wie andere Retinoide bei etwa zehnfach niedrigerer Dosis. Unklar ist allerdings bisher der exakte Prozess, wie Trifaroten die Entzündungen in der Epidermis und somit die Akneläsionen reduziert. Laut Reinholz bildet somit Trifaroten die vierte Generation von Retinoiden in der Aknetherapie. Wegen der hohen Selektivität komme es kaum zu einer sys-
temischen Absorption und Akkumulation. Aufgrund dieser Eigenschaften ist der Wirkstoff in der topischen Zubereitung auch für den grossflächigen Einsatz geeignet.
Trifaroten – ein neuer RAR-γ-Agonist bei Stammakne
Damit ist Trifaroten besonders für Aknepatienten ge-
eignet, die ihre Pickel nicht nur im Gesicht, sondern
auch auf Brust und Rücken haben – und das ist etwa
die Hälfte aller Aknebetroffenen. Eine reine Stamm-
akne hingegen finde sich nur bei etwa 2 Prozent der
Patienten, sagte Reinholz.
Der Münchner Dermatologe präsentierte Ergebnisse
der PERFECT-Studie, in der Patienten mit Akne im
Gesicht und am Stamm entweder mit einer Creme
mit Trifaroten (50 µg/g Vehikel; n = 598) oder nur mit
der Cremegrundlage (n = 609) über 12 Wochen be-
handelt wurden (2). Das Ergebnis: In der Verum-
gruppe gingen die entzündlichen Läsionen im Ge-
sicht um 66 Prozent zurück, an Brust und Rücken
betrug der Rückgang 65 Prozent im Vergleich zum
Ausgangswert.
Dabei ist das Externum gut verträglich – auch in der
Langzeitbehandlung. Reinholz berichtete über eine
multizentrische, offene, 52-wöchigen Studie, bei der
473 Patienten mit moderater Gesichts- und Stamm-
akne Trifaroten 50 µg/g Creme erhielten (3). Trifaro-
tenbezogene, behandlungsbedingte unerwünschte
Ereignisse (UAW) wurden bei 12,6 Prozent der Patien-
ten berichtet, und keines davon war schwerwiegend.
Die meisten UAW waren kutan und traten während
der ersten drei Monate auf, sie waren in Bezug auf
die lokale Verträglichkeit meist leicht oder mittel-
schwer. Aufgrund der Selektivität auf RAR-γ kommt
es kaum zu systemischer Absorption und Akkumula-
tion und somit auch nicht zu systemischen UAW.
Das Fazit von Reinholz: Trifaroten 50 µg/1 g Creme
erweitert das therapeutische Spektrum für Akne-
patienten mit Stammbeteiligung.
Trifaroten ist in den USA als Aklief® und in der EU als
Selgamis® zugelassen.
s
Angelika Ramm-Fischer
Quelle: Online-Satellitensymposium «Neue Therapie-Highlights zu Akne, Rosazea und hellem Hautkrebs» (Veranstalter: Galderma), anlässlich des Kongresses DERM 2020 (Frankenthal/D) am 17. Oktober 2020.
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KONGRESSBERICHT ZUM SCHWERPUNKT
Referenzen: 1. Dréno B et al.: Prevention and Reduction of Atrophic Acne Scars with Adapalene
0,3%/Benzoyl Peroxide 2,5% Gel in Subjects with Moderate or Severe Facial Acne: Results of a 6-Month Randomized, Vehicle-Controlled Trial Using Intra-Individual Comparison. Am J Clin Dermatol 2018; 19(2): 275–286. 2. Tan J et al.: Randomized phase 3 evaluation of trifarotene 50 �g/g cream treatment of moderate facial and truncal acne. J Am Acad Dermatol 2019; 80(6): 1691–1699. 3. Blume-Peytavi U et al.: Long-term safety and efficacy of trifarotene 50 µg/g cream, a first-in-class RAR-γ selective topical retinoid, in patients with moderate facial and truncal acne. J Eur Acad Dermatol Venereol 2020; 34(1): 166–173.
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