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EADV
Feldkanzerisierung im Fokus
Aktuelles zur Behandlung aktinischer Keratosen
Sowohl Schädigungen der Epidermis als auch der Dermis tragen zum Prozess der Feldkanzerisierung bei. Dabei entstehen aktinische Keratosen, und schliesslich kann es zu invasiven Plattenepithelkarzinomen der Haut kommen. Über die Pathogenese und die Therapie der Feldkanzerisierung sprach Prof. Günther Hofbauer, Wetzikon, am virtuellen EADV-Kongress 2020.
In der Epidermis werden im Rahmen der Feldkanzerisierung basale Keratinozyten durch UV-B und UV-A geschädigt, sodass epitheliale Mutationen auftreten. Es kommt zur Hyperproliferation präkanzeröser Keratinozyten, die sich schliesslich in neoplastische Zellen transformieren (aktinische Keratosen, Plattenepithelkarzinom). Veränderungen in der Dermis tragen ebenfalls zur Feldkanzerisierung der darüber liegenden Epidermis bei. Unter UV-A-Einfluss verändern sich Fibroblasten zu krebsassoziierten Fibroblasten, die diverse Faktoren sezernieren (z. B. Wachstumsfaktoren, Matrixmetalloproteinasen, Periostin, Tenascin C), sodass ein tumorerzeugendes Milieu entsteht.
Behandlungen bei Feldkanzerisierung im Vergleich
Sonnenschutzmittel sind nicht nur als Primärprävention, sondern auch als feldbezogene Therapie aktinischer Keratosen wirksam. Regelmässig jeden Tag angewendet, können Sonnenschutzmittel die Anzahl aktinischer Keratosen um bis zu ein Drittel reduzieren (Tabelle).
Eine gut konzipierte, direkte Vergleichsstudie untersuchte unter Real-Life-Bedingungen die Wirksamkeit von 4 feldbezogenen Therapiemodalitäten (1). Dabei erwies sich 5Fluorouracil als die wirksamste der 4 Behandlungsoptionen. 624 Patienten mit 5 oder mehr aktinischen Keratosen in einem Feld von 25 bis 100 cm2 am Kopf und Hals wurden randomisiert 4 gleich grossen Behandlungsgruppen zugewiesen: 5-Fluorouracil Creme 5%, Imiquimod Creme 5%, MAL-PDT (photodynamische Therapie mit Methylaminolevulinat), Ingenolmebutat Gel 0,015%. Wenn das Ansprechen auf die erste Behandlung ungenügend war, konnte nach der ersten Kontrolluntersuchung (in der Imiquimod-Gruppe nach 1 Monat, in den anderen 3 Gruppen nach 3 Monaten) eine zweite Behandlung durchgeführt werden. Als Therapieerfolg wurde eine Reduktion von ≥ 75 Prozent bei der Anzahl aktinischer Keratosen im Zeitraum von Studienbeginn bis 12 Monate nach Therapieende gewertet. Der Anteil an Patienten mit Therapieerfolg betrug in der 5-Fluorouracil-Gruppe 74,7 Prozent, in der Imiquimod-Gruppe 53,9 Prozent, in der MAL-PDT-Gruppe 37,7 Prozent und in der Ingenolmebu-
Tabelle:
Wirksamkeit topischer Behandlungen bei aktinischen Keratosen
Behandlungsmodalität ohne Behandlung (Plazebogruppe in Studien) Sonnenschutzmittel 5-Fluorouracil 5% 5-Fluorouracil 0,5% + Salicylsäure 10% Imiquimod 5% Imiquimod 3,75% Diclofenac 3% + Hyaluronsäure MAL-PDT Kryotherapie
(nach Michel Gilliet)
Reduktion der Anzahl aktinischer Keratosen bis 21% 17%–36% 70%–78% 55%–77% 50%–84% 34%–36% 19%–70% 69%–93% 39%–88%
28 CongressSelection Dermatologie | Januar 2021
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tat-Gruppe 28,9 Prozent. Ingenolmebutat ist in der Schweiz seit Februar 2020 wegen Bedenken bezüglich möglicher Hautmalignitätsrisiken nicht mehr erhältlich. In einer retrospektiven Kohortenstudie wurde unter Reallife-Bedingungen untersucht, ob 2 feldbezogene Behandlungen von aktinischen Keratosen das spätere Auftreten von Keratinozytenkarzinomen (Basalzellkarzinom, Plattenepithelkarzinom) unterschiedlich reduzieren (2). Während der Beobachtungszeit von 2 und 5 Jahren verringerte 5-Fluorouracil (5062 Patienten) das Risiko für ein Auftreten von Keratinozytenkarzinomen im Vergleich zu Imiquimod (638 Patienten) signifikant um 14 Prozent.
Behandlung mit Hydrochlorothiazid vermeiden
Der Referent machte darauf aufmerksam, dass einige fotosensibilisierende Medikamente zur Bildung von hellem Hautkrebs beitragen können. Eine landesweite dänische Fallkontrollstudie fand eine starke Assoziation zwischen der verwendeten kumulativen Dosis von Hydrochlorothiazid und einem erheblich erhöhten Risiko für Plattenepithelkarzinome der
Haut und in geringerem Mass auch für Basalzellkarzinome
(3). Der Referent empfahl, Thiaziddiuretika und Chinolone
abzusetzen. Zur Hypertonietherapie seien aus dermatoonko-
logischer Sicht ACE-Hemmer geeignet, weil sie mit einer Ri-
sikoreduktion von 10 Prozent für Plattenepithelkarzinome
der Haut assoziiert seien.
s
Alfred Lienhard
Quelle: «Field cancerisation: Act locally, think distant», Vortrag von Günther Hofbauer, Wetzikon, am virtuellen EADV-Kongress, 29. Oktober 2020, Präsentation D1T02.4B.
Referenzen: 1. Jansen M et al.: Randomized trial of four treatment approaches
for actinic keratosis. N Eng J Med 2019; 380: 935–946. 2. Neugebauer R et al.: Comparative effectiveness of treatment of
actinic keratosis with topical fluorouracil and imiquimod in the prevention of keratinocyte carcinoma: a cohort study. J Am Acad Dermatol 2019; 80: 998–1005. 3. Pedersen S et al.: Hydrochlorothiazide use and risk of nonmelanoma skin cancer: A nationwide case-control study from Denmark. J Am Acad Dermatol 2018; 78: 673-681.
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