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BERICHTE ZUM SCHWERPUNKT
Psoriasis und Gefässerkrankungen
Systemtherapie mit Immunologika senkt auch das kardiovaskuläre Risiko
Mit der spezifischen Hemmung von proinflammatorischen Zytokinen lassen sich nicht nur Psoriasis-Plaques, sondern auch atherosklerotische Plaques zurückdrängen. Das bedeutet für Psoriatiker mit systemischer Therapie, dass auch ihr Infarktrisiko sinkt.
Foto: © NIH
Die Schuppenflechte wird heutzutage als systemische inflammatorische Erkrankung begriffen, bei der sich die Entzündung nicht nur an der Haut und den Gelenken abspielt, sondern auch an den Gefässen. Deshalb gilt die Psoriasis als eigenständiger Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen …
Nehal N. Mehta: «Noch nie zuvor waren wir in der Lage, eine derartige Ausheilung eines entzündlichen Plaques beim Menschen zu zeigen. Biologika-Therapie reduziert die systemische Entzündung und Immunaktivierung, und sie hat einen günstigen Einfluss auf die Verbesserung der allgemeinen Gefässgesundheit.»
Hochrisikoplaques in den Koronarien
… und zwar als ein starker: So gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen Psoriasis und der Entwicklung von Hochrisiko-Koronarplaques. Als Hochrisikoplaques gelten sie, weil sich damit das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, verfünffacht. Diese Atherome, die sich ins Lumen der Gefässe vorwölben und es einengen, bestehen aus einem lipidreichen nekrotischen Kern mit Zelldetritus und werden als «Lipid-rich necrotic core» (LRNC) bezeichnet. Wenn diese Plaques rupturieren, kommt es zur akuten Thrombosierung und zum Verschluss des Gefässes – also zum Infarkt.
Entzündung verursacht Infarkt
Ursache für ein Aufbrechen dieser Plaques sind Entzündungsvorgänge. Werden diese inflammatorischen Prozesse gehemmt, sinkt auch das Infarktrisiko. Allerdings klappt das nicht mit einer Entzündungshemmung nach dem «Giesskannenprinzip», wie beispielsweise bei einer Behandlung mit systemischen Kortikoiden. Vielmehr müssen hier spezifische Entzündungsvorgänge gebremst werden. Offenbar ist das der Fall bei der Zytokinhemmung, die bei der systemischen Therapie der schweren Psoriasis erzielt wird. Dazu werden unter anderem gegen Interleukin (IL) 17 und IL-23 gerichtete monoklonale Antikörper, TNF-α-Hemmer oder auch Small Molecules wie Apremilast eingesetzt.
Herz-CT bringt es an den Tag
Dass diese Substanzen auch die Atherome beeinflussen, konnte nun erstmals mit einer neuen bildgebenden Technik nachgewiesen werden. Unter der Leitung von Prof. Nehal N. Mehta (National Institutes of Health in Bethesda, Maryland) wurde eine laufende
Beobachtungsstudie aufgelegt. Daran nahmen 209 Patienten mittleren Alters (37–62 Jahre) mit Psoriasis teil. Von diesen erhielten 124 eine Therapie mit Immunologika, 85 wurden der Kontrollgruppe zugeteilt und mit topischen Cremes sowie Lichttherapie behandelt. Die Studienteilnehmer waren mittleren Alters, überwiegend männlich mit ähnlichem kardiometabolischem und Psoriasis-Status zwischen den Behandlungsgruppen. Allerdings wiesen die Teilnehmer mit einer schweren Psoriasis einen höheren Body-Mass-Index (BMI), einen höheren CRP-Wert (= C-reaktives Protein; ein Mass für systemische Entzündungen) und höhergradige Plaques in den Koronararterien auf. Um die Auswirkungen der Biologika auf die Koronarien, genauer gesagt auf die Hochrisikoplaques LRNC, zu messen, unterzogen die Forscher alle Studienteilnehmer speziellen Computertomografie(CT-)Scans am Herzen vor dem und ein Jahr nach dem Therapiebeginn. Die CT-Ergebnisse der beiden Gruppen wurden dann miteinander verglichen.
Signifikanter LRNC-Rückgang
Bei allen Teilnehmern zu Studienbeginn waren die LRNC mit dem Framingham-Risiko-Score und dem Schweregrad der Psoriasis abgeglichen worden. Nach einem Jahr hatten die Teilnehmer, die eine systemische Biologikatherapie erhalten hatten, eine Reduktion der LRNC von 3,12 mm2 auf 2,97 mm2 (p = 0,028). In der Kontrollgruppe ohne Immunologikatherapie wurde keine signifikante Änderung der LRNC-Grösse festgestellt: Vom Ausgangswert 3,12 mm2 zu Beginn waren die LRNC nach einem Jahr sogar etwas gewachsen, und zwar auf 3,34 mm2 (p = 0,06). Die Veränderung der LRNC war im Vergleich zu der Gruppe, die keine Biologika erhalten hatte, signifikant (p = 0,004) und blieb es auch nach Bereinigung um kardiovaskuläre Risikofaktoren und den Schweregrad der Psoriasis (p = 0,033). Anders ausgedrückt: In der Verumgruppe konnte eine 8-prozentige Reduktion der koronaren Plaques im Vergleich zum Ausgangswert festgestellt werden. Bei der Kontrollgruppe waren die Atherome leicht
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© American Heart Association
gewachsen. Damit entspricht die Reduktion der Plaques an den Koronarien ungefähr derjenigen, die sich durch Statine erreichen lässt; hier wird die Reduktion mit 6 bis 8 Prozent beziffert. Nach Ansicht der Autoren gibt die Studie Hinweise darauf, dass sich mit der Behandlung systemischer Entzündungen bei Psoriasis auch die Grösse der LRNC reduzieren lässt. Wie genau allerdings der Wirkmechanismus funktioniert und ob diese Therapie auch zu einer Senkung der Infarktinzidenz bei Psoriatikern führt, müsse durch grössere und längere prospektive Folgestudien untersucht werden. s
Angelika Ramm-Fischer
Quelle: Choi H et al.: Treatment of Psoriasis With Biologic Therapy Is Associated With Improvement of Coronary Artery Plaque Lipid-Rich Necrotic Core. Circulation: Cardiovascular Imaging 2020; 13 (9). DOI: 10.1161/CIRCIMAGING.120.011199
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