Transkript
FORTBILDUNG ZUM SCHWERPUNKT
Laserbehandlung von Nageldeformitäten – ein Fallbericht
Spontane Rückbildung von PincerNails im Rahmen der NagelpilzLaserbehandlung
Verbesserungen von Nageldeformitäten nach Laserbehandlungen sind vielfach in der Literatur beschrieben und werden auch in der Laserpraxis beobachtet. Wir berichten hier beispielhaft über einen eigenen Fall, in dem sich unter der Laserbehandlung einer Onychomykose auch die Pincer-Nails der Patientin gebessert haben.
SZD 5/2020
ALINA MÜLLER
Pincer-Nails, auch Zangen- oder Röhrennägel genannt, sind eine Nageldeformität, die erstmals 1968 von Cornelius und Shelley beschrieben wurde (1). Sie sind durch eine übermässige Querkrümmung verdickter Nägel gekennzeichnet, wodurch in ausgeprägten Fällen das Nagelbett am freien Nagelrand zangenartig umfasst wird. Komplikativ kann es zu Paronychien oder im späteren Stadium zur partiellen Resorption der knöchernen Endphalanx und zur Ausbildung von subungualen Traktionsosteophyten kommen (2). Die Ätiologie ist noch nicht vollständig geklärt. Man unterscheidet zwischen hereditären und erworbenen Formen, wobei bei der hereditären Form in der Regel eine symmetrische Ausprägung vorliegt. Erworbene Formen können unter anderem posttraumatisch durch Schädigung der Nagelmatrix, bei Deformitäten der Phalanx (z. B. Hallux valgus, degenerative Osteoarthritis) oder durch Raumforderungen in der Nagelmatrixregion hervorgerufen werden (2). Die Patienten sind oft stark in ihrem Alltag eingeschränkt und klagen, abgesehen vom unschönen ästhetischen Aspekt, über Schmerzen und Probleme beim Laufen oder Tragen geschlossener Schuhe. Therapeutisch kommen je nach Ausprägung konservative und operative Verfahren infrage. Symptomatisch kann man durch das Abfräsen oder Aufweichen der Nagelplatte mit 40-prozentigem Harnstoff die Schmerzen reduzieren. Bei leichteren Formen kommen oft spezielle Metall- oder Kunststoffspangen zum Einsatz, welche am Nagel fixiert werden und Zug auf diesen ausüben, um der Deformierung entgegenzuwirken. Bei stärkerer Ausprägung sind häufig chirurgische Verfahren notwendig, die eine Verschmälerung der Nagelplatte und -matrix oder eine Verbreiterung des Nagelbetts nach Abtragung des darunter liegenden Osteophyten zum Ziel haben. Die letzte Option bei therapierefraktären Fällen ist die vollständige Verödung der Nagelmatrix (2).
Der Fall
Eine 49-jährige Patientin stellte sich mit therapierefraktärer Onychomykose der Grosszehennägel vor. Zuvor waren bereits eine zweijährige topische Therapie mit Clotrimazol sowie eine systemische antimykotische Therapie erfolgt. Bei Erstvorstellung zeigten sich die beiden Grosszehennägel verdickt, wobei vor allem der rechte Nagel eine röhrenartige Deformität aufwies. Die Patientin klagte über Schmerzen und die Unfähigkeit, geschlossene Schuhe zu tragen. Therapeutisch wurden eine topische Therapie mit Ciclopirox 8% Nagellack und eine systemische Niedrigdosistherapie mit Terbinafin eingeleitet. Zusätzlich erhielt die Patientin bei ausgeprägtem Befund und hohem Leidensdruck regelmässige Behandlungen mit einem halbleitenden Diodenlaser mit der Wellenlänge 1064 nm, welche dem Standard der Nd:YAGLasersysteme entspricht, das in Kombination mit einer medizinischen Pediküre. Die Besserung sowohl der Onychomykose als auch der Nageldeformitäten ist in den Abbildungen dokumentiert.
Praktisches Vorgehen
Während der Behandlung wird mit dem 1 mm grossen Spot so lang horizontal und vertikal über den Nagel und die umgebende Nagelhaut gefahren, bis der Patient einen leichten Schmerz angibt. Wichtig ist, dass die Bewegung kontinuierlich erfolgt, damit es zu keiner lokalen Überhitzung eines einzelnen Areals kommt. Diese Prozedur wird für jeden Nagel je nach Verträglichkeit drei- bis viermal wiederholt. Patienten, welche aufgrund von neurologischen Erkrankungen keinen Schmerz empfinden, können nicht behandelt werden, da sonst die Gefahr von thermischen Schäden besteht. In unserer Praxis folgen wir einem Protokoll, wonach die ersten vier Behandlungen wöchentlich und die darauffolgenden monatlich stattfinden. In der Regel
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FORTBILDUNG ZUM SCHWERPUNKT
Abbildung 1: Rechter Grosszehennagel bei Erstvorstellung
Eine keratolytische Therapie mit 40-prozentiger Harnstoffpaste ist für den Patienten recht aufwendig, da jeden Tag der aufgeweichte Teil des Nagels entfernt und die Salbe erneut unter Okklusion aufgebracht werden muss. Des Weiteren muss sehr sorgfältig gearbeitet werden, um die Paste nur auf den Nagel und nicht auf die umgebende Haut aufzutragen. Spangenbehandlungen beinhalten das Risiko von Verletzungen und Entzündungen (6) und können als störend empfunden werden. Die Laserbehandlung der Nägel ist hingegen schnell und schmerzarm, es kommt lediglich zu einem leichten Wärmegefühl. Auch für andere Nagelveränderungen, zum Beispiel die Nagelpsoriasis, scheint diese Therapieart vielversprechend zu sein. So berichteten beispielsweise Kartal et al. über Verbesserungen nach Behandlungen mit dem Nd:YAGLaser (7, 8).
Abbildung 2: Nach 8 Behandlungen
Diskussion
Die Autorin möchte mit diesem Artikel auf ein be-
merkenswertes Phänomen hinweisen: Die Rückbil-
dung teilweise auch massiver Krümmungen von Ze-
hennägeln durch kontrollierte Keratolyse mit 40-pro-
zentiger Harnstoffpaste ist beschrieben, viel häufiger
sieht man jedoch in der Praxis – da die Keratolyse
aufwendig und langwierig ist – den Zustand nach
operativem Vorgehen (z. B. Emmert-Plastik).
Begradigungen pathologisch gekrümmter und oft
onychomykotischer Nägel wurden bei unserer Klien-
tel unter einer standardisierten Lasertherapie regel-
mässig beobachtet. Wir empfehlen deshalb, die In-
dikation für eine chirurgische Intervention in diesem
Fall sehr zurückhaltend zu stellen.
s
Korrespondenzadresse:
Alina Müller Dr. Rümmelein AG – House of Skin & Laser Medicine Grütstrasse 55,8802 Kilchberg ZH Bürglistrasse 11, 8002 Zürich Enge E-Mail: mueller@dr-ruemmelein.ch
Abbildung 3: Abschlusskontrolle
sind mindestens acht Behandlungen notwendig. Die Effektivität der Nagelpilzbehandlung mit dem Nd:YAG-Laser (1064 nm), welcher im Vergleich zu Lasersystemen mit niedrigeren Wellenlängen tiefer ins Gewebe eindringen kann, wurde in zahlreichen Studien bestätigt (3–5).
Schlussfolgerung
Dieser Fall zeigt, dass sich Pincer-Nails auch ohne invasive Massnahmen zurückbilden können.
Referenzen: 1. Cornelius CE, Shelley WB: Pincer nail syndrome. Arch Surg 1968; 96: 321–322. 2. Braun-Falco O: Dermatologie. Springer Verlag 2019. 3. Kalokasidis K et al.: The Effect of Q-Switched Nd:YAG 1064 nm/532 nm Laser in the
Treatment of Onychomycosis In Vivo. Dermatology Research and Practice 2013; 4: 379725. 4. Okan G et al.: The Effect of Long-Pulsed Nd:YAG Laser for the Treatment of Onychomycosis. J Am Podiatr Med Assoc 2017; 107(1): 54–59. 5. Elmorsy EH et al.: Long-Pulsed Nd:YAG (1064 nm) Laser Versus Q-Switched Nd:YAG (1064 nm) Laser for Treatment of Onychomycosis. Lasers Surg Med 2020; 52(7): 621–626. 6. Mainusch OM. Konservative Therapie des Röhrennagels. hautnah dermatologie 2020; 36(1): 16–19. 7. Kartal SP et al.: Long-Pulsed Nd: YAG Laser Treatment for Nail Psoriasis. Dermatol Surg 2018; 44(2): 227–233. 8. Khashaba SA et al.: Efficacy of long-pulsed Nd-YAG laser in the treatment of nail psoriasis: a clinical and dermoscopic evaluation. Journal of Dermatological Treatment 2019; DOI: 10.1080/09546634.2019.1668908.
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