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KONGRESSBERICHT
Post-AAD 2020
Fortgeschrittenes Melanom
Vorteile einer kombinierten Checkpoint-Blockade in der adjuvanten Melanomtherapie
Auch nach einer Melanomresektion sind Rezidive häufig und die Überlebenszeiten der Patienten begrenzt. Zu den Highlights des diesjährigen, virtuell abgehaltenen Meetings der American Academy of Dermatology (AAD) gehört deshalb eine deutsche Studie, die den Vorteil der Nivolumab-basierten adjuvanten Therapie bei Patienten mit reseziertem Stadium-IVMelanom gezeigt hat. Über diese Studie berichtete Prof. Antonio Cozzio aus St. Gallen beim ebenfalls virtuellen 4. Post AAD Highlight Meeting 2020.
Referenz: 1. Zimmer L et al.: Adjuvant
nivolumab plus ipilimumab or nivolumab monotherapy versus placebo in patients with resected stage IV melanoma with no evidence of disease (IMMUNED): a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 2 trial. Lancet 2020; 395(10236): 1558–1568.
Die Checkpoint-Inhibitoren haben die Therapie des fortgeschrittenen und metastasierten Melanoms revolutioniert: Die PD-1-Rezeptor-Hemmer Nivolumab und Pembrolizumab sowie der CTLA-4-Antikörper Ipilimumab sind bereits bei Patienten in diesen Tumorstadien erfolgreich im Einsatz. Nun wurde in der Phase-II-Studie IMMUNED der Einsatz dieser Checkpoint-Inhibitoren als adjuvante Therapie bei Patienten nach der Resektion eines Melanoms im Stadium IV (ohne aktive Krankheit) untersucht (1). Insgesamt 167 erwachsene Patienten (18–80 Jahre) aus 20 deutschen Zentren wurden in die plazebokontrollierte Doppelblindstudie aufgenommen. Bei allen war zuvor ein Melanom im Stadium IV chirurgisch oder radiotherapeutisch behandelt worden, und als Einschlusskriterium durfte kein Hinweis auf eine Resterkrankung vorliegen. Vorbehandlungen mit Immuntherapien oder immunsuppressive Therapien in den letzten 30 Tagen waren ebenfalls Ausschlusskriterien. Die Patienten wurden randomisiert entweder mit der Kombination aus Ipilimumab und Nivolumab (3 mg/kg KG Ipilimumab plus 1 mg/kg KG Nivolumab i.v. alle 3 Wochen für insgesamt 4 Anwendungen, danach 3 mg/kg KG Nivolumab alle 2 Wochen), mit Nivolumab allein (3 mg/kg KG i.v. alle 2 Wochen) oder mit Plazebo behandelt. Der erste und nach den Worten von Cozzio wichtigste Endpunkt war das rezidivfreie Überleben – und diesbezüglich lieferte die Kombinationstherapie die mit Abstand besten Resultate: Diesen Endpunkt erreichten nach 12 Monaten 75 Prozent unter der Kombinationstherapie und 52 Prozent unter der Nivolumab-Monotherapie, verglichen mit 32 Prozent unter Plazebo. Auch nach 2 Jahren waren die Patienten der Verumgruppen signifikant im Vorteil, mit einem rezidivfreien Überleben von 70 Prozent unter der Kombination und 42 Prozent unter der Monotherapie, während zu diesem Zeitpunkt in der Plazebogruppe nur noch 14 Prozent rezidivfrei waren. Die Hazard Ratio für ein Rezidiv lag damit für die adjuvante Kombina-
tionstherapie gegenüber Plazebo bei 0,23. Im Er-
gebnis erwiesen sich somit sowohl die Ipilimumab/
Nivolumab-Kombination als auch die Nivolumab-
Monotherapie als signifikant besser gegenüber Pla-
zebo. Die Subgruppenanalysen bestätigten zudem,
dass alle Patientengruppen profitierten. Von der
Kombinationstherapie profitierten insbesondere die-
jenigen Patienten mit einer BRAF-Mutation.
Dass die Ergebnisse für Nivolumab insgesamt etwas
schlechter ausfielen als in der Zulassungsstudie
CheckMate, ist nach Einschätzung der Autoren da-
durch zu erklären, dass die Patienten dieser aktuellen
Studie deutlich schwerere Vorerkrankungen hatten
als in den Zulassungsstudien. Dementsprechend war
auch die Nebenwirkungsrate hoch: Nebenwirkungen
der Grade 3 bis 4 traten bei 71 Prozent der Patienten
in der Kombinationstherapiegruppe auf; bei 62 Pro-
zent führten sie zum Abbruch der adjuvanten Thera-
pie, und zwar im Median bereits nach 2 Gaben der
adjuvanten Kombination. Unter Nivolumab-Mono-
therapie kam es noch bei 27 Prozent zu Nebenwir-
kungen der Grade 3 bis 4 und bei 13 Prozent zum
Therapieabbruch. Der Vorteil der adjuvanten Thera-
pie blieb aber trotz des Therapieabbruchs bestehen.
Möglicherweise würden daher tiefere Dosen an Ipili-
mumab/Nivolumab genügen, um den adjuvanten
Effekt zu erzielen, so die Vermutung der Autoren.
IMMUNED sei damit die erste doppelblinde, rando-
misierte Studie, welche bei der Melanomerkrankung
im resezierten Stadium IV eine Verbesserung des re-
zidivfreien Überlebens zeigen konnte, so das Fazit
von Cozzio. Als limitierend erwies sich allerdings die
hohe Nebenwirkungsrate. Es bleibe deshalb wichtig,
die Gesamtüberlebenszahlen abzuwarten, um die
Frage nach dem konkreten Vorteil der adjuvanten
Therapie für die Patienten zu beantworten.
s
Adela Žatecky
Quelle: 4. Post AAD Highlight Meeting (virtuell) am 2. Juli 2020
20 SZD 4/2020