Transkript
BERICHTE ZUM SCHWERPUNKT
Juckreiz bei allergischen Erkrankungen
Periostin als Startermolekül des neuronalen Pruritus-Signalweges
Das in der Haut häufig exprimierte Protein Periostin kann direkt Hautneurone aktivieren, die für die Weiterleitung von Juckreiz zuständig sind. Werden die Periostin-Rezeptoren an diesen Neuronen geblockt, vermindert sich der Pruritus.
Juckreiz ist ein quälendes Symptom: Es bringt die Betroffenen um den Schlaf – bei Kleinkindern unter Umständen auch die ganze Familie. Wenn es juckt, kratzt man sich – allerdings führt heftiges und andauerndes Kratzen zur Lichenifizierung und unter Umständen auch zu grossen Wundflächen, was Superinfektionen nach sich ziehen kann. Bisher sind die therapeutischen Möglichkeiten, den Juckreiz in den Griff zu bekommen, eingeschränkt. Am effektivsten sind hier immer noch Glukokortikoide – jedoch mit den bekannten Nebenwirkungen. Grund genug, hier in die Grundlagenforschung einzusteigen. Da Juckreiz auch der «kleine Bruder des Schmerzes» genannt wird, lohnt der Blick auf Erkenntnisse aus der Neurophysiologie. Bekannt ist, dass der Pruritus von neuronalen Projektionen in der Haut durch dorsale Wurzelganglien – sensorische Zellcluster an den Wurzeln der Spinalnerven – ins Rückenmark weitergeleitet wird.
Periostin: «On»-Knopf für den Juckreiz
Doch wie werden diese Neurone angeregt? Dieser Frage gingen Wissenschaftler der North Carolina State University in Raleigh (NC, USA) nach und wurden fündig: Das Team um Dr. Santosh Mishra fand heraus, dass das in der Haut produzierte Protein Periostin Teil der allergischen Reaktion ist. Periostin kann direkt mit sensorischen Neuronen in der Haut
interagieren und so quasi den Juckreiz anschalten. Die Forscher identifizierten auch an den sensorischen Neuronen mit αvβ3 den Rezeptor, an dem das Periostin andockt.
Juckreiz ausschalten
Wurden Mäuse mit chemisch induzierter atopischer Dermatitis bzw. Ekzemen einem gängigen Allergen wie Hausstaubmilben ausgesetzt, stieg die PeriostinProduktion in der Haut und damit auch der Juckreiz. Blockierte man hingegen den Rezeptor αvβ3 auf den Neuronen, kratzten sich die Mäuse weniger, der Pruritus verminderte sich somit – er wurde sozusagen ausgeschaltet.
Hoffnung auf Antipruritustherapie
Somit ist die erste Station des Signalweges von Juck-
reiz bei Ekzemen identifiziert – und auch ein Weg,
diese Verbindung zu unterbrechen, indem der Re-
zeptor blockiert wird. Die Autoren hoffen, mit ihren
Ergebnissen zu neuen Therapien beizutragen, die
letztlich Patienten vom Juckreiz befreien.
s
Angelika Ramm-Fischer
Quelle: Mirsha S et al.: The Periostin Activation of Integrin Receptors on Sensory Neurons Induces Allergic Itch, Cell Reports, 2020, DOI: 10.1016/j.celrep.2020.03.036
SZD 3/2020
11