Transkript
FORTBILDUNG
«Genitourinary syndrome of the menopause»
Lasertherapie als Option bei vulvovaginaler Atrophie
Rund 50 Prozent aller Frauen in der Postmenopause haben Symptome des «genitourinary syndrome of the menopause» (GSM). Dieses Syndrom umfasst, ergänzend zur vulvovaginalen Atrophie (VVA), zusätzlich die durch absinkende Hormonspiegel entstehenden Symptome der ableitenden Harnwege. Als Option zur Behandlung etabliert sich zunehmend die Lasertherapie.
HARALD MEDEN UND CHRISTOPH ZELLER
SZD 3/2020
Zu den typischen Symptomen des GSM gehören genitale Trockenheit, Dyspareunie, Irritation des Gewebes, Brennen und Juckreiz an der Vulva und der Vagina sowie Dysurie, vermehrter Harndrang und Urge-Symptomatik. Die gängigen Behandlungsmethoden sind nur bei einem Teil der Patientinnen erfolgreich. Daher hat die Entwicklung neuer Methoden eine besondere Bedeutung. Eine dieser neuen Methoden ist die Lasertherapie. In diesem Artikel wird auf die Therapie mit dem CO2-Laser fokussiert, des weiteren sind auch Behandlungen mit dem ErbiumLaser in der Literatur bei VVA gut dokumentiert. .
Terminologie: GSM folgt VVA
Das GSM ist ein Komplex von Symptomen der Vulva, der Vagina und der ableitenden Harnwege, welcher bei postmenopausalen Frauen auftritt (1). Der neue Begriff wurde 2014 eingeführt und löste die bis dahin verwendeten Diagnosen vulvovaginale Atrophie (VVA) und atrophische Kolpitis ab. Die neue Terminologie GSM beinhaltet alle urogenitalen Symptome, die in der Menopause durch den Hormonabfall hervorgerufen werden können und sich an den Labien, am Introitus, an der Vagina, der Urethra und der Blase manifestieren. Ergänzend zu den Symptomen der VVA sind Belastungsinkontinenz, Dranginkontinenz und Bakteriurie typische Symptome des GSM. Sowohl die VVA als auch das GSM sind häufig unterdiagnostiziert und auch untertherapiert.
Ätiologie
Vor dem Einsetzen des Klimakteriums besteht die Vagina aus dicken Lagen gesunder Zellen. Das Wachstum und die Entwicklung dieser Zellen werden durch Östrogene beeinflusst. Das vaginale Epithel bleibt mehrschichtig, und die Vagina bleibt insgesamt elastisch.
Infolge der menopausal absinkenden Östrogenspiegel entwickelt sich eine progressive, chronische Involution des vulvovaginalen Gewebes. Die daraus entstehenden Symptome sind Ausdruck der morphologischen und funktionellen Veränderungen: Die Haut der Vagina wird dünner und ist weniger elastisch. Die Vagina wird insgesamt enger und kürzer. Die Oberfläche der Vagina erscheint trocken, und es können Blutungen nach minimalem Trauma entstehen. Die Vulva wird atrophisch und leichter vulnerabel, insbesondere im Bereich der Klitoris. Die Atrophie der Vagina kann mit der Zeit zunehmen und die Lebensqualität deutlich negativ beeinflussen. Etwa 50 Prozent der postmenopausalen Frauen entwickeln eine VVA (2). Dabei kann die Intensität variieren. Die genannten Symptome können einen erheblichen emotionalen Stress erzeugen und zu sexuellen Funktionsstörungen führen. Da die Lebenserwartung immer mehr zunimmt, können die Beschwerden für die Dauer von mehr als einem Drittel der Lebenszeit bestehen. Zur Behandlung der Symptome der VVA werden meist folgende Behandlungsoptionen genutzt: a) hormonfreie Produkte zur Lokaltherapie oder b) eine lokale Hormontherapie. Mittel zur Befeuchtung können die vaginale Irritation während sexueller Aktivitäten reduzieren, stellen jedoch keine langfristige Lösung dar. Zur niedrig dosierten lokalen Östrogentherapie gibt es nur wenige Daten zur Langzeitsicherheit, und es gibt kaum Informationen bei Hochrisikopatientinnen. Weitere Besonderheiten dieses Therapiekonzepts sind das erneute Auftreten der Symptome nach Beendigung der Therapie und die Wirksamkeit allein in der oberflächlichen Schicht der Vaginalhaut. Seit mehreren Jahren gibt es einen wachsenden Bedarf für eine sichere und langfristig wirksame Therapieoption, die auch die tieferen Schichten der Vaginalhaut erreicht. Die Lasertherapie ist ein neues
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FORTBILDUNG
Therapie mit mikroablativem CO2-Laser
Akute thermale Phase (48–72 Std.) Ödem Freisetzung chemischer Mediatoren Kollagenschrumpfung
Proliferationsphase (30 Tage) Fibroblastenbildung Neue dermale Matrixmoleküle Neue Kollagenfasern
Remodellierungsphase Ende der inflammatorischen Infiltration Reife Kollagenfasern Neues elastisches Bindegewebe
CO2-Laser induziert ▲ Hitzeschockreaktion ▲ Produktion von Hitzeschockproteinen (HSP70) ▲ Aktivierung von Growth-Factor β ▲ Aktivierung von Fibroblasten
Bildung von Kollagen und extrazellulärer Matrix
Konzept bei Patientinnen mit GSM und durch eine wachsende Akzeptanz und Verbreitung charakterisiert.
Studienergebnisse zur vaginalen Lasertherapie
Zur vaginalen Lasertherapie wurden verschiedene Systeme eingesetzt. Die meisten wissenschaftlichen Daten auf der Basis systematischer Untersuchungen basieren auf der CO2-Laser-Technologie. Dieser Laser erzeugt infrarote Strahlen, die Hitze erzeugen und das Wasser in den Zellen des behandelten Gewebes vaporisieren. Der grundsätzliche Mechanismus des Lasereffekts basiert auf der Bildung supraphysiologischer Hitze mit nachfolgender lokaler Hitzeschockreaktion. Hitzeschockproteine (HSP) schützen Zellen durch Translokation oder Restrukturierung von Proteinen, die durch Stress denaturiert wurden; sie verhindern dadurch eine zu starke Aggregation. HSP spielen eine Rolle in der koordinierten Expression zahlreicher Wachstumsfaktoren, wie TGF-b, welches eine Schlüsselrolle bei der entzündlichen Reaktion hat und für den fibrogenen Prozess relevant ist (3,4). Die Anwendung mit fraktioniertem CO2-Laser führt zu Veränderungen in zwei Phasen: akuten thermoablativen Veränderungen, danach folgt die Proliferation. Die Lasertherapie stimuliert die Synthese von neuem Kollagen und neuer Komponenten der Matrix in dem behandelten Gebiet (Tabelle). In der vaginalen Therapie wird die CO2-Laser-Technologie eingesetzt, um eine Regeneration mit minimalem Aufwand zu erreichen. So werden die Elastizität und die Hydratation der Vaginalwand verbessert, was zu einer Linderung der Beschwerden führt. Gaspar et al. konnten als erste Arbeitsgruppe signifikante, histologisch nachweisbare Verbesserungen in Gewebeproben aus der Vagina zeigen, nachdem eine Therapie mit fraktioniertem mikroablativem CO2-Laser durchgeführt worden war. Sie beobachteten günstige Effekte in den drei Schichten der Vaginalwand, das im Gegensatz zur Behandlung mit Östrogenen oder mit anderen lokalen Therapien, die ausschliesslich eine Wirkung auf das Epithel zeigten (3). Der fraktionierte Laser kann in tieferen Schichten der Schleimhaut der Vagina wirken und sowohl die extra-
zelluläre Matrix reaktivieren als auch die Bildung von Kollagen, was zu Veränderungen des vaginalen Gewebes führt, mit nur minimalem Trauma der oberflächlichen Schicht. Salvatore et al. veröffentlichten eine Pilotstudie zur Behandlung der VVA bei postmenopausalen Frauen, wobei ein fraktionierter CO2-Laser eingesetzt wurde (4). Die Ergebnisse zeigten, dass die Laserbehandlung erfolgreich war und die Symptome der VVA gebessert wurden. Die Linderung der Symptome der vaginalen Trockenheit, des vaginalen Brennens und des vaginalen Juckens, der Dyspareunie und der Dysurie war statistisch signifikant (p < 0,001). Nach dieser Studie wurden weitere Studiendaten verschiedener Arbeitsgruppen veröffentlicht. Dabei bestätigten sich positive Ergebnisse zur Praktikabilität und Wirksamkeit. Das konnte durch eigene Resultate mit dem für diese Indikation zugelassenen CO2-Laser MonaLisa Touch (Fa. Lasermed AG, Roggwil) bestätigt werden (5). Soeben wurde die grösste Studie zur Wirksamkeit der CO2-Laser-Therapie bei GSM veröffentlicht – eine Multizenterstudie mit den Daten von 645 Patientinnen. Bei allen Patientinnen fand sich im Vergleich zu der Situation vor der Therapie nach der Laserapplikation eine signifikante Verbesserung der Symptome Dyspareunie, Schmerzen im Introitus vaginae, vaginale Trockenheit, Jucken, Brennen und pH-WertVeränderung bei gleichzeitig guter Toleranz der Behandlung (6). Praktische Aspekte Wie bei allen medizinischen Verfahren liegt es in der Verantwortlichkeit des behandelnden Arztes zu prüfen, ob die Lasertherapie eine geeignete Methode in der individuellen Situation ist. Die Laserbehandlung wird gut toleriert. Nebenwirkungen sind selten. ▲ Lasertherapie der Vagina: Die meisten Patientin- nen erleben die vaginale Anwendung nicht als schmerzhaft. Es ist keine Vorbehandlung und keine Nachbehandlung erforderlich. Zumeist werden 3 Lasertherapien im Abstand von 4 Wochen durchgeführt, danach folgt eine Auffrischung nach Ablauf eines Jahres in Form von einer Sitzung. ▲ Lasertherapie der Vulva: Die Lasertherapie der Vulva wird im Vergleich zur vaginaler Lasertherapie mit einem anderen Applikator durchgeführt. Um auch die Lasertherapie der Vulva schmerzfrei durchführen zu können, hat sich die Vorbehandlung mit Emla Creme 5% unmittelbar vor der Laserbehandlung bewährt. Zumeist werden 3 Lasertherapien der Vagina und der der Vulva im Abstand von 4 Wochen durchgeführt, danach folgt eine einmalige Auffrischung nach Ablauf eines Jahres. 24 SZD 3/2020 FORTBILDUNG Kosten: In Einzelfällen wurde die Lasertherapie der Vagina von der Krankenkasse erstattet, die meisten Patientinnen müssen die Behandlung jedoch selbst bezahlen. hormonhaltigen Lokaltherapien. Letzteres gilt insbe- sondere für Frauen, bei denen eine Hormonersatz- therapie kontraindiziert ist oder nicht gewünscht wird. s Zusammenfassung Die Behandlung der Vagina und der Vulva mit dem CO2-Laser bei Frauen mit VVA/GSM ist ein klinisch erprobtes und zuverlässiges Behandlungsverfahren. Die Durchführung der Therapie ist gut praktikabel, sicher und effektiv. Diese Form der Lasertherapie ist eine schonende Alternative im Vergleich zu anderen hormonfreien und Kontaktadresse: Prof. Dr. med. Harald Meden Spezialarzt Gynäkologie und Geburtshilfe FMH Praxis am Bahnhof Rüti Dorfstrasse 43, 8630 Rüti Tel: 055-555 05 05 E-mail: meden@praxisambahnhof.ch SZD 3/2020 25