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KONGRESSBERICHT
WCD 2019
24. Weltkongress der Dermatologie
Umfassender Blick tief unter die Haut und weit über die Haut hinaus
Scheuklappen-Fachwissen war gestern – das Weltbild des zeitgemässen Dermatologen umfasst nicht nur die Haut, sondern reicht in beide Richtungen weit über sie hinaus. Diesem Prinzip versuchte der diesjährige Weltkongress der Dermatologie (WCD), der vom 10. bis zum 15. Juni 2019 in Mailand stattfand, mit Themen gerecht zu werden, die weit über den medizinisch-dermatologischen Tellerrand hinausreichten. Hier zwei besonders eindrückliche Beispiele:
Das Universum – vom Anfang bis zu seinem Ende
«Niemand auf der Welt kann erklären, warum der Urknall passierte – aber er passierte», so erklärte uns Prof. Thomas Boller vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik aus Garching (D) das Universum. Durch anschauliche Beispiele machte er deutlich, dass die Grösse des Universums letztlich unfassbar ist – und doch ist es endlich, zudem auch noch flach, und weitet sich immer weiter aus. Während wir, wenn wir mit Lichtgeschwindigkeit reisen könnten, schon nach einer Sekunde am Mond angelangt wären, bräuchten wir bis zur Sonne schon einmal 8 Minuten, bis zum allernächsten benachbarten Stern des Sonnensystems 4 Jahre und bis zur entferntesten Galaxie des Universums 13 Milliarden Jahre. Die weitere Expansion wird das Universum verändern: In 5 Milliarden Jahren wird keine Neubildung von Sternen mehr möglich sein, das Licht und der Schall werden ausgehen, es wird kalt werden und das Leben, so wie wir es kennen, wird aussterben. Doch die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt – und so bleibt doch noch die Hoffnung, dass alles ganz anders kommt und unser Universum vielleicht mit einem Paralleluniversum kollidiert.
Generation Y übernimmt – wie ticken die Ärzte von morgen?
Doch lange vor dem Ende des Universums wird erst einmal die Generation der heutigen Verantwortungsträger den nächsten Generationen das Feld räumen. Allein das wird die Welt verändern, denn jede Generation ist anders, hat andere Ziele und andere Wertmassstäbe. Die machte der Generationsforscher Dr. Paul Redmond aus Liverpool (GB) deutlich: L Babyboomer (Jahrgänge 1946–1963) sind die Ge-
neration der Idealisten. Ihre Entscheidungen werden getragen von Werten wie Sicherheit und Stabilität. Sie legen Wert auf eine gute Reputation und Erfolgsbilanz. Loyalität ist ihnen wichtig; sie sind gut vernetzt und reich an Kontakten. Bei Kontaktaufnahme sollte man lieber zum Telefon als zu E-Mail und Messenger-Apps greifen. L Generation X (Jahrgänge 1964–1979) ist die Generation mit Betonung der «Work-Life-Balance». Ihre Entscheidungen werden getragen von den Leitwerten der Unabhängigkeit und Annehmlichkeit. Zeit ist für sie somit ein kostbares Gut. Sie misstrauen Organisationen und offiziell festgelegten Abläufen, sind aber auf der Suche nach Möglichkeiten der persönlichen Entwicklung. Man kann sie am besten mit einer personalisierten Kommunikation ansprechen. Da sie sich um vieles sorgen, kann man sie gut erreichen, indem man in Aussicht stellt, ihr Leben einfacher zu machen. L Generation Y (Jahrgänge 1980–1999) ist eine bürgerlich geprägte Generation, die am besten auf eine klare und transparente Kommunikation anspricht. Diese Ansprache sollte man kurz und authentisch halten. Denn die Menschen erwarten schnelle, effiziente und mühelose Interaktionen. Konversationen sollte man mit «Warum …» beginnen, so der Tipp von Redmond. Die Herausforderungen und Risiken, die heute im Leben gemeistert werden müssen, haben sich zudem geändert. Übergewicht und seine Folgen sind heute, zumindest in unserer Welt, eine grössere Herausforderung als Hunger. Was gewaltsame Todesfälle angeht, so werden von der nachwachsenden Genera-
Foto: AZA
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tion mehr Menschen an Selbstmord sterben als zusammen genommen an den Folgen von Krieg und Kriminalität. Darüber hinaus wird diese Generation nie den «Luxus der Anonymität» haben, denn diese Anonymität ging mit dem heutigen technischen Fortschritt verloren. Dass dieser Fortschritt auch Schattenseiten hat, davor warnte Redmond eindringlich: «Es gibt eine grosse Gefahr für uns alle: In dem Bemühen, mit dem ganzen technologischen Fortschritt Schritt zu halten, verpassen wir den Moment. Wir verpassen die Freude und die Annehmlichkeiten des JETZT», so Redmond abschliessend: «Also nehmen Sie Ihre Smartphones runter und geniessen Sie diese fabelhafte Konferenz.»
SZD berichtet vom Dermatologie-Weltkongress
Für alle, die nicht selbst vor Ort sein konnten, hat die SZD-Redaktion viele dieser fabelhaften Momente eingefangen. In diesem Heft berichten wir auf den folgenden Seiten über die Fortschritte auf dem Gebiet der androgenetischen Alopezie und beleuchten die Fakten um das «Post-Finasterid-Syndrom». Im nächsten Heft der SZD werden wir wichtige Präsentationen zur Psoriasis vorstellen. Weitere Highlights vom Weltkongress wird es in unserem Kongressheft «CongressSelection Dermatologie» geben, das im Januar 2020 im Rosenfluh-Verlag erscheinen wird. L
Adela Žatecky
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