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HIGHLIGHTS AUS DER LITERATUR
Onychocryptosis
Mehr Lebensqualität durch Phenolkauterisation
Eingewachsene Zehennägel nennt man in der Fachsprache Onychocryptosis. Bei älteren Patienten lassen sie sich besser mit einer chemischen Matrixektomie behandeln als mit der operativen Nagelbettexzision wie der Emmert-Plastik. Für die Patienten steigt damit die Lebensqualität.
Eingewachsene Zehennägel sind schmerzhaft – jeder Schritt tut weh. Das ist besonders problematisch bei älteren Menschen, da es ihre oft ohnehin verminderte Gehfähigkeit noch weiter einschränkt. Dazu kommt noch, dass diese Dauerentzündung am Fuss auch eine mögliche Eintrittspforte für Keime ist, was bei der häufig verringerten Abwehr der Senioren schwerwiegende Folgen haben kann.
Emmert-Plastik suboptimal
Bis vor wenigen Jahren galt die Operation, das heisst die Keilexzision des Nagelbettes oder die EmmertPlastik, als Mittel der Wahl bei Onychocryptosis. Optimal sind diese Eingriffe nicht, denn häufig wird bei diesen Operationen die Matrix nur unvollständig exzidiert. Der Matrixrest kann dann einen bizarr geformten «Spickel» bilden: einen kleinen, manchmal aber sehr schmerzhaften spiessförmigen Nagelanteil, der seitlich aus dem Nagelbett ragt und seinerseits Beschwerden verursacht. Zudem sind postoperativ meist starke Analgetika und eine längere Ruhigstellung und Hochlagerung des Fusses erforderlich.
Chemische Matrixektomie hat sich etabliert
Deshalb hat sich seit einiger Zeit die chemische Matrixektomie etabliert, bei der die seitlichen Nagelmatrixhörner mit Phenol kauterisiert werden. Phenolum liquefactum wirkt stark desinfizierend und hat auch kaustische und proteindenaturierende Eigenschaften. In Lokalanästhesie wird ein schmaler seitlicher Nagelstreifen mit einer schmalbackigen Nagelzange so abgetrennt, dass mit der Zange auch das seitliche Matrixhorn luxiert werden kann. Dazu muss der proximale Nagelwall nicht inzidiert werden. In die durch die Teilextraktion der Nagelplatte entstandene Höhle, am Ort des Matrixhorns, wird mit dünnen Wattestäbchen Phenol während mehrerer Minuten eingerieben. Dadurch wird die Matrix an dieser Stelle definitiv chemisch zerstört. Wegen der schmerzstillenden Wirkung von Phenol genügen postoperativ meistens ein bis zwei Tabletten eines nicht steroidalen Analgetikums, und der Patient kann nach ein bis zwei Tagen wieder weitgehend ohne Einschränkung
gehen. Die entstandene Nekrosehöhle muss zwei bis drei Wochen lang antiseptisch behandelt werden.
Weniger postoperative Beschwerden, mehr Lebensqualität
Das Resultat ist ein im Vergleich zur Keilexzision
weniger stark verschmälerter Nagel bei deutlich
geringeren postoperativen Beschwerden. In einem
Cochrane-Review konnte zudem gezeigt werden,
dass die Rezidivraten nach Phenolkauterisierung
deutlich geringer sind als nach Keilexzisionen (1).
Spanische Ärzte unter der Leitung von Dr. Ricardo
Becerro de Bengoa Vallejo von der Klinik für Podia-
trie der Universität Madrid gingen der Frage nach, ob
dieses schonendere Verfahren bei alten Patienten
mit rezidivierenden und schmerzhaften eingewach-
senen Zehennägeln die Lebensqualität erhöht (2).
52 Patienten im Alter von durchschnittlich 74 Jahren
unterzogen sich einer Nageloperation mit chemi-
scher Matrixektomie (Phenol). Zur Bewertung des
Therapieergebnisses füllten die Patienten den Man-
chester-Oxford Foot Questionnaire (MOXFQ) sowie
die Borg-CR-10-Skala vier Wochen vor und drei
Monate nach der Operation aus.
Nach der Operation war die Lebensqualität besser,
die MOXFQ-Scores waren gesunken. Männer und
Frauen zeigten ähnliche Ergebnisse (p > 0,05), mit
Ausnahme bei der Borg-CR-10-Skala, in der Frauen
über mehr verbleibende Schmerzen berichteten als
Männer.
L
Angelika Ramm-Fischer
Referenzen: 1. Eekhof JA et al. (2012): Interventions for ingrowing toenails. Cochrane Database
Syst Rev 2012; 4:CD001541. 2. Becerro de Bengoa Vallejo R et al. (2019): Quality of life improvement in aged
patients after toenail surgery; Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie; DOI: https://doi.org/10.1007/s00391-019-01504-8.
16 SZD 4/2019