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KONGRESSBERICHT
Atopische Dermatitis
Systemische Immuntherapie für AD etabliert sich
Bei vielen chronischen Entzündungserkrankungen wie der Psoriasis zählt die systemische Therapie mit entzündungshemmenden Biologika längst zum Therapiestandard. Seit etwa einem Jahr steht mit Dupilumab auch für Patienten mit atopischer Dermatitis ein Biologikum zur Verfügung. Und für die Ekzempatienten sind noch weitere Substanzen in der Pipeline, die von Prof. Thomas Werfel aus Hannover beim Allergo Update in Berlin vorgestellt wurden.
Für Patienten mit einer sehr schweren Ausprägung der Atopischen Dermatitis (AD) standen bis vor Kurzem nur wenige, unspezifische Systemtherapeutika zur Verfügung. In der europäischen Leitlinie wird als systemisches immunmodulierendes Therapeutikum Ciclosporin genannt. Darüber hinaus werden orale Glukokortikosteroide für die Kurzzeitanwendung empfohlen. Wenn Ciclosporin nicht wirksam oder kontraindiziert ist beziehungsweise nicht toleriert wird, können eventuell andere systemisch wirksame Immunsuppressiva eingesetzt werden; die europäische Leitlinie nennt Azathioprin, Mycophenolatmofetil und Methotrexat. Diese drei Wirkstoffe sind jedoch in vielen europäischen Ländern nicht für die Therapie einer AD zugelassen und werden daher off-label angewandt (1, 2).
Auch für AD: Antikörper gegen Zytokine
Die Wirkung dieser klassischen, eher unspezifischen Immunsuppressiva blieb aber meist hinter den Erwartungen zurück. Das hat die Forscher veranlasst, nach spezifischeren Möglichkeiten der Entzündungshemmung zu suchen. Fündig wurden sie bei den Antikörpern gegen proinflammatorische Zytokine. Mit zunehmendem Verständnis der molekularen Zusammenhänge der AD konnten Typ-2-Interleukine als Schlüsselmoleküle bei der AD identifiziert werden. Hemmt man diese Zytokine mittels spezifischer Antikörper, lassen sich die Entzündungskaskade modulieren, die Inflammation reduzieren und so die Symptomatik und die Lebensqualität der AD-Patienten verbessern.
Antiinflammatorischer Antikörper in der Entwicklung
Bis jetzt stehen bei AD vor allem die Interleukine (IL) 4 und 13 im Fokus. Beide Interleukine gehören zu den Typ-2-Zytokinen, so genannt, da sie hauptsächlich von TH2-Zellen ausgeschüttet werden. Werden die Rezeptoren für IL-4/IL-13 gehemmt, wird auch die Entzündung heruntergefahren. Und das lässt sich mit Dupilumab, einem gegen die IL-4/IL-13-Rezeptoren gerichteten Antikörper, klinisch nutzen.
Darüber hinaus untersuchen Dermatologen auch weitere Interleukine, die für die entzündlichen Reaktionen bei der AD bedeutsam sind. Hier sind derzeit die direkt gegen IL-13 gerichteten Antikörper Lebrikizumab und Tralokinumab, der IL-31-RezeptorAntikörper Nemolizumab sowie der gegen IL-22 gerichtete Antikörper Fezakinumab Gegenstand der Forschung. Aber auch andere Strukturen stehen bei den Wissenschaftlern im Fokus – beispielsweise der Histamin-4-Rezeptor (ZPL389), der sich mit «small molecules» hemmen lässt, oder die Januskinasen, für die es mit Baricitinib einen Hemmstoff gibt (3).
Direkte IL-13-Hemmung mit Tralokinumab Quasi als Weiterentwicklung lässt sich IL-13 nicht nur am Rezeptor, sondern auch direkt hemmen. Der humane Anti-IL-13-Antikörper Tralokinumab hat sich bereits in einer klinischen Phase-II-Studie mit 204 ADPatienten als wirksam erwiesen – die AD-Symptome, gemessen in den Scores EASI und SCORAD, verbesserten sich, und auch der Juckreiz, der für die Patienten oft sehr belastend ist, besserte sich laut VASSkala. Entsprechend stieg auch die Lebensqualität (Disease Life Quality Index = DLQI) (4).
IL-31-Inhibitor Nemolizumab Neben IL-4 und IL-13 konnte ein weiteres Zytokin, IL31, als wichtiger Botenstoff bei der AD identifiziert werden. Über mehrere Zwischenstufen aktiviert es verschiedene Signalmoleküle, die wiederum die Immunreaktion verstärken. Vor allem verstärkt es den Juckreiz (Induktion von deutlichem Kratzverhalten bei Nagern) und vermindert die Filaggrinproduktion in den Keratinozyten. Aktuelle Forschungen erproben derzeit mit Nemolizumab einen Hemmstoff für den IL-31-Rezeptor. In einer plazebokontrollierten Phase-II-Studie mit 216 AD-Patienten ergab sich eine deutliche Juckreizreduktion, allerdings verminderte sich die Hautsymptomatik im EASI-Score nur mässig. Nach Zwischenergebnissen einer noch laufenden Langzeitstudie über ein Jahr war in Woche 12 der Juckreiz noch weiter gesunken, und auch die Hautsymptomatik hatte sich weiter verbessert (5).
8 SZD 3/2019
KONGRESSBERICHT
Histamin-4-Rezeptor-Antagonist ZPL-389 Immunologen suchen aber auch nach Substanzen, die noch andere Zielmoleküle als die Interleukine innerhalb der Entzündungskaskade hemmen, beispielsweise den Rezeptor für Histamin 4. Der Histamin-4-Rezeptor (H4R) wird auf afferenten Nervenfasern und vielen Entzündungszellen exprimiert (6). Entsprechend erwartet man von der Blockade des H4R eine direkte Reduktion des Juckreizes und auch eine Minderung der Entzündungsaktivität. Mit dem Small Molecule ZPL-389 scheint dies zu funktionieren. Nach Erfolg versprechenden Ergebnissen im Tiermodell wurde der H4R-Antagonist ZPL-389 in einer plazebokontrollierten Studie mit 98 AD-Patienten erprobt. Die Teilnehmer erhielten entweder 30 mg ZPL-389 oral einmal täglich über acht Wochen oder Plazebo (Randomisierung 2:1). Ergebnis: Die Ekzemherde waren in der Verumgruppe nach acht Wochen signifikant gebessert, der EASI reduzierte sich um 50 Prozent im Vergleich zum Ausgangswert. Auch der
besonders quälende Juckreiz (gemessen am Exkoriationsscore) und die oft daraus resultierenden Schlafstörungen gingen unter ZPL-389 deutlich zurück (7).
Januskinasenblocker Baricitinib Noch eine weitere Zielstruktur wird derzeit bei den Immunologen beforscht: die Januskinasen. Auch durch ihre Hemmung lassen sich Immunreaktionen herunterregulieren. Schon in der klinischen Erprobung bei AD befindet sich Baricitinib, ein Inhibitor der Januskinasen 1 und 2 (JAK1/JAK2). Auch mit Baricitinib ging in einer Phase-II-Studie innerhalb von 16 Wochen der EASI um mehr als 60 Prozent zurück (8). L
Angelika Ramm-Fischer
Quelle: Vortrag «Atopische Dermatitis» von Prof. Thomas Werfel beim Allergo Update, 8. bis 9. März 2019 in Berlin.
Referenzen unter www.rosenfluh.ch
KONGRESSBERICHT
Referenzen: 1. Wollenberg A et al.: Consensus-based European guidelines for treatment of atopic
eczema (atopic dermatitis) in adults and children: part I. J Eur Acad Dermatol Venereol 2018; 32(5): 657–682. 2. Wollenberg A et al.: Consensus-based European guidelines for treatment of atopic eczema (atopic dermatitis) in adults and children: part II. J Eur Acad Dermatol Venereol 2018; 32(6): 850–878. 3. Werfel T: Novel systemic drugs in treatment of atopic dermatitis results from phase II and phase III studies published in 2017/2018. Current Opinion in Allergy and Clinical Immunology 2018; 18(5): 432–437 4. Kabashima K et al.: Nemolizumab in patients with moderate-to-severe atopic dermatitis: Randomized, phase II, long-term extension study. Journal of Allergy and Clinical Immunology 2018; 142(4): 1121–1130. 5. Wollenberg A et al.: Treatment of atopic dermatitis with tralokinumab, an anti-IL-13 mAb. Journal of Allergy and Clinical Immunology 2019: 143(1): 135–141. 6. Schaper‐Gerhardt K et al.: The role of the histamine H4 receptor in atopic dermatitis and psoriasis. British Journal of Pharmacology 2018; doi: 10.1111/bph.14550. (Epub ahead of print). 7. Werfel T et al.: Efficacy and safety of the histamine H4 receptor antagonist ZPL-3893787 in patients with atopic dermatitis. Journal of Allergy and Clinical Immunology 2018; doi: 10.1016/j.jaci.2018.07.047. 8. Guttman-Yassky E et al.: Baricitinib in adult patients with moderate-to-severe atopic dermatitis: A phase 2 parallel, double-blinded, randomized placebo-controlled multiple-dose study. Journal of the American Academy of Dermatology 2019; 80(4): 913–921.
SZD 3/2019