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Lues maligna bei einer HIV-infizierten Patientin
Lues maligna ist eine seltene Manifestation der sekundären Syphilis, die allerdings bei HIV-Infizierten deutlich häufiger beobachtet wird als bei Personen ohne diese Koinfektion. Auf den folgenden Seiten (Seiten 29 ff.) berichtet Dr. Ahmad Jalili in einer Übersichtsarbeit von einer betroffenen Patientin, bei der die Diagnose durch eine vorausgegangene Antibiose erschwert wurde. Dies ist die deutsche Zusammenfassung seines Originalartikels.
Der Fall
Die 47-jährige, weisse Patientin stellte sich wegen der Progression ihrer Hautveränderungen vor, die 4 Wochen zuvor zuerst an den Unterarmen als kleine Papeln angefangen hatten und sich seitdem über die unteren Extremitäten, den Brustkorb und den Kopf als 2 bis 3 cm grosse Ulzera ausbreiteten (Seite 30, Abbildung 1). Die Schleimhäute waren nicht betroffen. Als weitere Beschwerden berichtete die Patientin über Fieber, Gewichtsverlust, Kopfschmerzen, Nachtschweiss, zunehmende Lethargie und eine progressive Alopezie. Zuvor wurde sie in einem regionalen Krankenhaus aufgrund der Diagnose eines «ecthyma» mit intravenösem Cefazolin und einem topischen Antiinfektivum (Neomycin/Bacitretan-Salbe) vorbehandelt, ohne dass eine signifikante Besserung der klinischen Symptome eingetreten wäre. In den Laboruntersuchungen zeigte sich ein positiver HIV-Test im ELISA, der durch den Western-Blot bestätigt wurde. Die CD4-Zell-Zahl lag bei 155 Zellen/ mm3, der HIV-Load bei 328 280 Kopien/ml. Die Syphilisserologie war positiv, sowohl bezüglich IgM als auch in der Treponema-pallidum-Partikel-Agglutination (TTPA); das VDRL (Venereal Disease Research Laboratory) wies einen Titer von 1:32 auf, und der TPHATiter (Treponema-pallidum-Hämagglutination) lag bei 1:1280. In der histologischen Untersuchung von Punchbiopsien der erosiven Hautläsionen konnten zwar auch in der Spirochäten-Immunhistochemie keine Treponemata nachgewiesen werden;
allerdings zeigte sich im Übrigen eine Histologie, die mit einer Lues maligna vereinbar war: perivaskuläre und perifollikuläre Infiltrate in der Dermis, mit einem Infiltrat aus Lymphozyten sowie vielen Histiozyten und Plasmazellen (Seite 30, Abbildung 2).
Diagnose und Therapie
Bei Berücksichtigung aller Befunde wurde schliesslich die Diagnose einer Lues maligna und einer HIV-Infektion im Stadium B3 (nach CDC-Klassifikation von 1993) gestellt. Die Therapie erfolgte, in Übereinstimmung mit den Leitlinien der CDC (www.cdc.gov) und der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (www.oegdv.at), mit Benzathin-Benzylpenicillin (2,4 Mega IE, 3 i.m. in wöchentlichen Abständen); zusätzlich wurden als Prophylaxe einer JarischHerxheimer-Reaktion oral 40 mg Methylprednisolon vor der ersten PenicillinSpritze verabreicht. Mit dieser Therapie konnte eine komplette Remission der Hautläsionen erreicht werden (Seite 31, Abbildung 3). Der VDRL-Titer sank innerhalb von 4 Wochen auf ein Viertel des Ausgangswertes.
Diskussion
Gerade Patienten mit einer HIV-Infektion zeigen häufig atypische Verläufe einer Syphilis, die sich im Sekundärstadium ohnehin sehr unterschiedlich manifestieren kann. Die Lues maligna ist charakterisiert durch Prodromi wie Arthralgien, Krankheitsgefühl und Fieber; die Hautläsionen starten als Papeln, die
sich weiter in Pusteln und Ulzerationen mit zentralen Nekrosen umwandeln. Die klare Mehrzahl der publizierten Fälle betrifft HIV-Infizierte. Die Diagnose erfolgt anhand des klinischen Bildes, der Dunkelfeldmikroskopie der Flüssigkeit aus den Läsionen, der Syphilisserologie und des SpirochätenNachweises in der Histopathologie, zusammen mit lymphoplasmozytären Infiltraten. Der fehlende Spirochätennachweis bei der präsentierten Patientin konnte auf die vorangegangene Cefazolintherapie zurückgeführt werden. Die sonst typische Histologie, zusammen mit der hochgradig positiven Serologie, rechtfertigen hier dennoch die Diagnose der Lues maligna. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass bei HIV-positiven Patienten die Syphilisserologie negativ ausfallen kann.
Fazit
Bei HIV-positiven Patienten mit Haut-
ulzerationen sollte differenzialdiagnos-
tisch an eine Lues maligna gedacht
werden. Solange keine anderen Dia-
gnosen ersichtlich sind, sollte die The-
rapie so früh wie möglich begonnen
werden.
L
Autor der Originalarbeit (siehe Seiten 29–32): Ahmad Jalili Deutsche Zusammenfassung: Adela Zatecky
28 SZD 3/2019